Informationen aus Orthodontie & Kieferorthopädie 2018; 50(01): 9-10
DOI: 10.1055/a-0576-7639
Sehen und Verstehen – KFO im Video
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ein non-invasives Explantationsverfahren für Gaumenimplantate

Michael Hänggi
1   Fachbereich für Kieferorthopädie, Zahnarztpraxis Hänggi, Basel, Schweiz
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Publication Date:
20 March 2018 (online)

In diesem Video soll ein Verfahren zur Entfernung eines Gaumenimplantates mittels eines dafür vorgesehenen Explantationsinstrumentes (Ausdrehwerkzeug) veranschaulicht werden, welches durch eine ausreichende Kraftapplikation beim Ausdrehen des Implantates einen Bruch der Knochen-Implantat-Verbindung herbeiführt. Bislang wurden Gaumenimplantate üblicherweise chirurgisch mithilfe eines als Hohlzylinder geformten Bohrers (Trepanbohrer) oder mittels Piezochirurgie entfernt. Mit dem Trepanbohrer werden aufgrund des größeren Durchmessers des Hohlzylinders neben dem Implantat auch größere Anteile des umliegenden Knochengewebes entfernt. Mittels Piezochirurgie kann das Implantat durch vorsichtiges Abtragen vom Knochen gelockert und schließlich explantiert werden [1]. Zu beachten ist bei beiden dieser Vorgehensmöglichkeiten die hohe Invasivität, welche Nachteile mit sich bringt [2] [3] [4]. Der Vorteil der im Video gezeigten Technik liegt in der deutlich geringeren Invasivität und damit geringeren Komplikationen (Video 1).


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Video. 1 Explantation eines Gaumenimplantates.

Bei der Explantation, welche durch einen Trepanbohrer erfogt, entsteht eine größere Wunde, wobei im ungünstigsten Fall auch eine Beschädigung von Zahnwurzeln, des N. nasopalatinus oder eine Eröffnung des Nasenbodens verursacht werden kann [5]. Zudem ist eine ausreichende Wasserkühlung kaum möglich, was zu einer Überhitzung des Knochens und sogar zu kleineren Knochennekrosen führen könnte [5]. Auch bei der Piezochirurgie sind die hohe Invasivität sowie der große technische und zeitliche Aufwand negativ zu werten [1]. Daher gibt es bezüglich Verminderung von Risiken klare Vorteile bei der Methode der Explantation mittels Ausdrehwerkzeug.

In diesem Video wird der Ablauf der Explantation durch Ausdrehen des Implantates beschrieben. Eine Anästhesie ist nicht zwingend notwendig. Die Patienten spüren nur sehr kurz einen Druck bei der initialen Lockerung [5] [6]. Trotzdem ist eine Lokalanästhesie empfehlenswert, falls das Gaumenimplantat sehr tief gesetzt wurde oder der Patient generell empfindlich ist.

Nach Entfernen der offiziellen Straumann-Kappe wird das Ausdrehwerkzeug ([Abb. 1], links) passgenau auf dem Dreieck des Gaumenimplantates Orthosystem Palatal Implant (Fa. Straumann, Basel, Schweiz) platziert. Anschließend wird die kleine Okklusalschraube (Fa. Straumann) auf den langen Schraubenzieher (27 mm, Fa. Straumann) aufgesetzt ([Abb. 1], rechts), in den Kanal des Ausdrehwerkzeuges eingeführt und von Hand festgeschraubt ([Abb. 2]).

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Abb. 1 Ausdrehwerkzeug (links) und langer Schraubenzieher mit kleiner Okklusalschraube (rechts) [8].
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Abb. 2 Einheit aus Ausdrehwerkzeug, kleiner Okklusalschraube und langem Schraubenzieher.

Der lange Schraubenzieher wird daraufhin entfernt und die Ratsche (Fa. Straumann) auf das Ausdrehwerkzeug aufgesetzt. Mit der Ratsche wird das Gaumenimplantat zunächst zwecks Vorlockerung gekippt und nachfolgend im Gegenuhrzeigersinn [7] gedreht, bis sich das Implantat löst. Ohne die Ratsche wird schliesslich die gesamte Einheit aus Implantat, Ausdrehwerkzeug und Okklusalschraube entfernt ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Einheit aus Ausdrehwerkzeug, Okklusalschraube und Implantat; hier mit Ratsche dargestellt.

Sollte sich zeigen, dass sich das Implantat nicht loslösen lässt, besteht meist nachträglich weiterhin noch die Möglichkeit, ohne weitere Komplikationen auf die herkömmliche Explantationsmethode mittels Trepanbohrer resp. Piezochirurgie zurückzugreifen.

 
  • Literatur

  • 1 Züger M, Hänggi M, Kühl S. et al. Ein neues Explantationsverfahren für Gaumenimplantate. Quintessenz 2015; 66: 197-202
  • 2 Triaca A, Antonini M, Wintermantel E. Ein neues Titan-Flachschrauben-Implantat zur orthodontischen Verankerung am anterioren Gaumen. Informationen aus Orthodontie und Kieferorthopädie 24: 251-257
  • 3 Wehrbein H, Merz BR, Diedrich P. et al. The use of palatal implants for orthodontic anchorage. Design and clinical application of the orthosystem. Clin Oral Implants Res 1996; 7: 410-416
  • 4 Fäh R, Schätzle M. Complications and adverse patient reactions associated with the surgical insertion and removal of palatal implants: a retrospective study. Clin Oral Implants Res 2014; 25: 653-658
  • 5 Kuhn M, Göllner P, Schätzle M. et al. Non-invasive removal of sandblasted and acid-etched titanium palatal implants, a retrospective study. Eur J Orthod 2015; 37: 584-588
  • 6 Favero LG, Pisoni A, Paganelli C. Removal torque of osseointegrated mini-implants: an in vivo evaluation. Eur J Orthod 2007; 29: 443-448
  • 7 Hänggi M, Kuhn M, Göllner P. et al. Noninvasive palatal implant removal. Clin Oral Implants Res 2015; 26: 1503-1505
  • 8 Schätzle M, Göllner P, Kuhn M, Hänggi M. Nichtinvasive Gaumenimplantat-Entfernung. Inf Orthod Kieferorthop 2016; 48: 159-162