GGP - Fachzeitschrift für Geriatrische und Gerontologische Pflege 2018; 02(03): 103
DOI: 10.1055/a-0598-9750
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Tobias Weimer
1   c/o WEIMER I BORK – Kanzlei für Medizin-, Arbeits- u. Strafrecht, Frielinghausstr. 8, 44803 Bochum
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Publication Date:
13 June 2018 (online)

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Freiheitsentziehende Maßnahme als Pflichtverletzung

Vom Oberlandesgericht Hamm wurde in einem Urteil die Haftung eines Krankenhausträgers bejaht, in dessen Krankenhaus ein Patient mit Demenz zu Schaden kam, als er zwar durch ein querstehendes Bett vor seiner Zimmertür am Verlassen des Krankenzimmers gehindert wur, dann aber versuchte, sein Krankenzimmer durch das Fenster zu verlassen. Hierbei stürzte er mehrere Meter in die Tiefe und verletzte sich schwer. Die zur Haftung führende Pflichtverletzung auf der Grundlage des Behandlungsvertrags und den Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht begründete das OLG Hamm damit, dass ein Verriegeln des Fensters in Kippstellung nicht vorgesehen war, sondern vielmehr das Hinaufsteigen durch einen Tisch und einen Stuhl, die vor dem Fenster standen, noch erleichtert wurde.

OLG Hamm, Urt. v. 17.01.2017 – I-26 U 30/16


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Schutzpflicht der Einrichtung

Bereits im Jahr 2006 urteilte der Bundesgerichtshof in einer wegweisenden Entscheidung, dass in einem Krankenhaus und/oder in einer Alteneinrichtung Obhutspflichten zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit seiner Patienten bzw. Bewohner bestehen. Diese Obhutspflichten resultieren aus dem Behandlungs- sowie dem Heimvertrag und sind Ausdruck der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Dabei sei jedoch keine pauschale Beurteilung einer objektiven Pflichtverletzung möglich, sondern nur aufgrund sorgfältiger Abwägung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls, welchen konkreten Inhalt die Verpflichtung zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit nach dem Gesundheitszustand des Patienten hat. Die Grenze sei das in Krankenhäusern und/oder Pflegeheimen übliche Maß, das mit vernünftigem finanziellen und personellen Aufwand realisierbar ist. Eine „Rund-um-die-Uhr“-Betreuung sei nicht zu fordern.

BGH, Urt. v. 28.4.2006 – III ZR 399/04


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