Aktuelle Urol 2018; 49(04): 289
DOI: 10.1055/a-0603-0967
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aktuelle Aspekte zur Pathogenese und Therapie des Benignen Prostata-Syndroms (BPS)

Christian Gratzke
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Publication Date:
07 August 2018 (online)

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Prof. Dr. Christian Gratzke

Unter dem „Benignen Prostata-Syndrom" versteht man gemäß der aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) die Trias von Prostatavolumen, Symptomatik und Blasenauslassobstruktion. Dies bedeutet allerdings nicht zwingend das Zusammentreffen dieser drei Faktoren, denn die Korrelation von Beschwerden und Prostatagröße ist gering. Vielmehr sollen Blasenentleerungs- und speicherstörungen in kausalen Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Blasenauslassobstruktion gebracht werden. In der englischsprachigen Literatur wird dies vereinfacht dargestellt. So wird die Pathogenese der Symptome nicht definiert, vereinfacht stellt man hier die Beschwerden des Patienten in den Vordergrund („Lower Urinary Tract symptoms" – LUTS) wobei der Begriff LUTS geschlechtsunabhängig gebraucht wird und somit die Prostata nicht als primäre Ursache der Beschwerden gewertet wird.

Die vorliegende Ausgabe der Aktuellen Urologie soll einige dieser Aspekte genauer beleuchten. Die Arbeitsgruppe von OeIke und Mitarbeiter aus Gronau gibt einen differenzierten Überblick über die Entstehung der Nykturie von Patienten mit BPS. Dabei gehen die Autoren nicht nur auf die multifaktorielle Pathogenese, sondern auch auf Diagnostik und Therapie ein. Besonders interessant ist dabei sicher die Abgrenzung einer medikamentösen von einer chirurgischen Therapie der Nykturie als Ultima Ratio.

Einen allgemeinen Überblick über die aktuellen medikamentösen Therapieoptionen geben Westhofen und Mitarbeiter aus der LMU München. Dabei werden nicht nur die häufig verschriebenen „klassischen" Medikamente wie Alpha-Blocker und 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren besprochen, sondern auch neuere Behandlungsoptionen wie Beta-3-Agonisten vorgestellt.

In den letzten Jahren wurden einige neue minimal-invasive Behandlungen untersucht. Patienten, die eine medikamentöse Therapie primär ablehnen, deren medikamentöse Therapie ausgereizt ist oder die über starke Nebenwirkungen klagen, sind häufig an minimal-invasiven Methoden interessiert. Diese scheinen aus Patientensicht schonender zu sein als die „klassischen" Operationsformen wie die bekannten Resektions- Enukleations oder Vaporisationsformen. An der LMU München wurden in den letzten Jahren einige dieser Methoden in klinischen Studien untersucht; die Vor- und Nachteile sollen in einem Beitrag von Magistro und Mitarbeitern gegenübergestellt und kritisch beleuchtet werden.

Ein möglicher Grund, warum Patienten eine Operation der Prostata bei BPS ablehnen, ist die Angst vor dem Auftreten einer postoperativen Inkontinenz. Obwohl dies selten ist, sollten dem Patienten dann bestimmte Operationsmethoden angeboten werden. Diese werden von Kretschmer und Mitarbeitern aus München vorgestellt. Dabei kommen neben adjustierbaren und nicht-adjustierbaren Schlingensystemen auch artifizielle Sphinktersysteme in Betracht.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich die Behandlungsmöglichkeiten von Patienten mit BPS in den letzten Jahren erweitert haben. Damit kann die Therapie individueller auf den einzelnen Patienten abgestimmt werden. Ziel laufender und zukünftiger Forschung muss sein, einen relevanten klinischen Benefit bei minimalen Nebenwirkungen für unsere Patienten zu erreichen.