Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2018; 25(03): 99-100
DOI: 10.1055/a-0612-6085
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Neues aus der Reisemedizin
Unn Klare
1   Behnkenhagen
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Publication Date:
02 July 2018 (online)

Ungewöhnlicher Malariaerreger in Malaysia

Anfang des Jahres infizierten sich mindestens 5 Personen auf Borneo mit Plasmodium cynomolgi. Dieser Malariaerreger zirkuliert eigentlich unter nicht humanen Primaten – bisher war nur ein einziger Fall aus dem Jahr 2011 bekannt, bei dem sich ein Mensch unter natürlichen Bedingungen mit diesem Erreger infiziert hat.

Neben den 4 klassischerweise als humanpathogen angesehenen Erregern P. falciparum, P. vivax, P. ovale und P. malariae gibt es 7 weitere Plasmodiumarten, deren Übertragbarkeit auf den Menschen bereits in den 1960er Jahren experimentell nachgewiesen wurde. 1965 wurde auch der erste Einzelfall einer natürlichen Infektion mit einem dieser Parasiten, P. knowlesi, dokumentiert. Aber erst Jahrzehnte später, als 2004 bei einer Studie zu untypischen Malariaerkrankungen mehr als 100 P. knowlesi-Infektionen identifiziert worden waren, begann man, ihn als Gefahr für die menschliche Gesundheit zu betrachten. Mittlerweile verursacht P. knowlesi die Mehrheit der Malariafälle in Malaysia und ist auch in anderen südostasiatischen Ländern verbreitet; die Zahl der Infektionen steigt jährlich. In etwa 10 % der Fälle kommt es zu schweren Krankheitsverläufen, die Mortalitätsrate liegt bei 1–2 %.

Nach dem Nachweis von P. cynomolgi Anfang des Jahres wird nun diskutiert, inwieweit dieser Erreger ebenfalls das Potenzial hat, bedeutende humane Krankheitsausbrüche zu verursachen. Die wenigen bisher beobachteten Infektionen – sowohl die natürlichen als auch die Mitte des letzten Jahrhunderts an Freiwilligen durchgeführten Experimente – liefern keine Hinweise auf schwerwiegende Verläufe. Außerdem wurde bei allen 5 dieses Jahr erkrankten Personen neben P. cynomolgi auch P. knowlesi nachgewiesen; die aufgetretenen Symptome könnten also auch von P. knowlesi allein verursacht worden sein. Für eine fundierte Risikoabschätzung ist die Datenlage momentan aber noch nicht ausreichend.

Es wird allerdings vermutet, dass P. cynomolgi schon seit Jahren in der menschlichen Bevölkerung zirkuliert, allerdings regelmäßig falsch diagnostiziert wird: Mikroskopisch ist der Erreger nicht von P. vivax zu unterscheiden und auch molekulare Methoden sind nicht immer in der Lage, diese beiden Arten zu trennen.

Das Überspringen der beiden primär nicht humanen Malariaerreger auf den Menschen in den letzten Jahren ist kein Zufall: Der Mensch dringt immer tiefer in die Regenwälder ein, Zersiedlung und Abholzung vernichten die Rückzugsgebiete der eigentlichen Wirtstiere, der Makaken. Die zunehmende räumliche Nähe zwischen Mensch und Affen bei einer steigenden Bevölkerungszahl erhöht natürlich das Risiko einer Infektion.