Gesundheitswesen 2018; 80(08/09): 675-677
DOI: 10.1055/a-0657-9700
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schulärztliche Untersuchung aller Kinder und keine Selektion

Gabriele Ellsäßer
1   Abteilung Gesundheit im Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit
,
Gabriele Trost-Brinkhues
2   Fachausschuss Kinder- und Jugendgesundheitsdienst im BVÖGD
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
03 September 2018 (online)

DOI: Leserbrief zum Beitrag: Weigl J. Das Plöner Modell zur Schuleingangsuntersuchung ist richtungsweisend für die Zukunft. Das Gesundheitswesen 2017; DOI: 10.1055/s-0043-118477

Die Schuleingangsuntersuchung (SEU) ist die einzige, gesetzlich verankerte umfassende ärztliche Querschnittsuntersuchung von Kindern. Als Ergebnis wird in 14 von 16 Bundesländern für jedes Kind eine schulärztliche Stellungnahme bzw. ein Gutachten erstellt. In keinem Gesundheitsdienstgesetz oder Schulgesetz dieser Bundesländer ist die SEU als „generelles Screening-Verfahren auf (sonder-) oder pädagogischen Förderbedarf“ (siehe Weigl) definiert [1]. In Schleswig-Holstein sind die Aufgaben der schulärztlichen Untersuchung wie folgt festgelegt: „Dabei führen sie (Kreise und kreisfreie Städte) die zur Früherkennung von Krankheiten, Behinderungen, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen notwendigen Untersuchungen durch, ermitteln den Impfstatus und vermitteln Behandlungs- und Betreuungsangebote“ [2]. Dieser ganzheitliche Aspekt der Untersuchung ist verbunden mit einer Beratung von Eltern und Schule. Insofern liegt bei Weigl bereits bei der Beschreibung des Inhaltes der Schuleingangsuntersuchung ein entscheidender Fehler zugrunde.

Zusätzlich gilt die Schuleingangsuntersuchung als einzige „betriebsmedizinisch“ ausgerichtete Untersuchung aller Kinder für den Arbeitsplatz Schule [3]. Für die Umsetzung von Inklusion von chronisch kranken und behinderten Kindern ist sie eine unverzichtbare Grundlage.

Im Sinne von Public Health leistet die SEU einen Beitrag zum Ausgleich sozialer Ungleichheiten zum Schulstart. Die sozialkompensatorische Funktion zeigt sich bspw. darin, dass gesundheitlich und sozial bedingte Lernrisiken des Kindes in ihrer Auswirkung auf die konkrete Lernsituation beurteilt und unterstützende Maßnahmen in der Schule vor Ort eingeleitet werden [4].

Erst kürzlich wurde 2017 in einem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und den Aufgaben des ÖGD/KJGD zum Tagesordnungspunkt 11.5 festgehalten: „c) Fortsetzung der schulärztlichen Untersuchungen einschließlich Mundgesundheit“[5].

 
  • Literatur

  • 1 Trost-Brinkhues G. Schulärztliche Stellungnahme zum Schulbeginn (SEU) im Ländervergleich. Das Gesundheitswesen 2017; 79: 299-374 10.1055/s-0037-1601957
  • 2 Landesregierung Schleswig-Holstein. (Hrsg.). Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (Gesundheitsdienst-Gesetz – GDG) – Vom 14. Dezember 2001. Gesetz- und Verordnungsblatt 2001;14: 359–456; letzter Stand nach mehrfachen Änderungen (Art. 1 Ges. v. 13.07.2011, GVOBl. S. 218); http://www.gesetzerechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/dmp/page/bsshoprod.psml?pid = Dokumentanzeige&showdoccase = 1&js_peid = Trefferliste&documentnumber = 1&numberofresults = 26&fromdoctodoc = yes&doc.id = jlr-GesDGSHrahmen %3Ajuris-lr00&doc.part = X&doc.price = 0.0&doc.hl = 1#jlr-GesDGSHrahmen
  • 3 Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (Hrsg.). Handbuch für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst im Land Brandenburg. Leitlinien zur einheitlichen Durchführung und Dokumentation der kinder- und jugendärztlichen Untersuchungen. Potsdam, 2017. http://www.gesundheitsplattform.brandenburg.de/media_fast/5510/KJGD-Handbuch_2017_geschw %C3 %A4rzt.pdf
  • 4 Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (Hrsg.). Inpuncto. Gesundheit von Schülerinnen und Schüler in Brandenburger. Potsdam, 2017. https://www.uni-potsdam.de/fileadmin01/projects/zelb/Dokumente/Publikationen/kentron/Broschur_INPUNCTO-2017.pdf
  • 5 https://www.gmkonline.de/Beschluesse.html?id = 556&jahr = 2017
  • 6 Landesregierung Schleswig-Holstein. (Hrsg.) Landesverordnung über die schulärztlichen Aufgaben vom 16. Juli 2008. Letzte berücksichtigte Änderung: Ressortbezeichnungen ersetzt (Art. 9 LVO v. 16.03.2015, GVOBl. S. 96). https://schulrecht-sh.de/texte/s/schularzt.htm
  • 7 Kinderuntersuchungsheft http://www.kbv.de/media/sp/Kinderuntersuchungsheft.pdf – Seite 2
  • 8 Schröder P. Public Health-Ethik in Abgrenzung zur Medizinethik. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2007; 50: 103-111
  • 9 Korebrits C. Daten der Schuleingangsuntersuchung zur Ressourcen-Allokation in kommunalen Einrichtungen. Kongress Armut und Gesundheit; http://www.armut-und-gesundheit.de/Kongressprogramm.1148.0.html?&no_cache=1&tx_gbbkongressplaner_pi1%5Buid%5D=691&tx_gbbkongressplaner_pi1%5BCMD%5D=detail
  • 10 KBV zur Leistungserbringung erforderliche Prüfzeit: http://www.kbv.de/tools/ebm/html/3_162396306039332107486656.html
  • 11 Siehe Schröder S. 104
  • 12 http://www.euro.who.int/en/health-topics/Life-stages/child-and-adolescent-health/adolescent-health/school-health-services