Dtsch Med Wochenschr 2018; 143(21): 1577-1578
DOI: 10.1055/a-0733-0040
Facharztfragen
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Patient mit rezidivierendem Vorhofflimmern

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Publication Date:
18 October 2018 (online)

Sie betreuen einen Patienten, bei dem es rezidivierend zu VHF kommt, das jedoch wieder spontan in Sinusrhythmus konvertiert. Wie nennen Sie diese Form des VHF?
Antwort

Paroxysmales VHF.

Kommentar

Einteilung des VHF nach der Dauer:

  • paroxysmales (intermittierendes) VHF

    • rezidivierend anfallsartig

    • Dauer < 7 Tage

    • spontan in Sinusrhythmus konvertierend

  • persistierendes VHF

    • Dauer > 7 Tage

    • keine spontane Konversion

    • Konversion durch Kardioversion möglich

  • permanentes (chronisches) VHF

    • nicht mehr konvertierbar

Was würden Sie bei einem Patienten tun, bei dem jetzt über 24 Stunden VHF besteht, das nicht spontan in einen Sinusrhythmus konvertiert?
Antwort

Einen Rhythmisierungsversuch anstreben.

Kommentar

Bei neu aufgetretenem VHF sollte ein Rhythmisierungsversuch unternommen werden.

Sollte dieser stationär oder ambulant erfolgen?
Antwort

Bei nur gering ausgeprägter Herzerkrankung kann ein ambulanter Versuch gemacht werden. Bei gravierender kardialer Grunderkrankung sollte die Rhythmisierung im Krankenhaus erfolgen.

Kommentar

Rhythmisierung bei VHF:

  • ambulant: nur bei minimaler Herzerkrankung

  • stationär: bei deutlicher kardialer Grunderkrankung

Bei einem Patienten besteht seit 1½ Jahren VHF. Halten Sie in dieser Situation einen Rhythmisierungsversuch noch für sinnvoll?
Antwort

Die Chancen sind schlecht, wieder einen Sinusrhythmus herzustellen.

Kommentar

Geringe Chancen einer Rhythmisierung bei VHF:

  • Dauer > 12 Monate

  • großer linker Vorhof (echokardiografisch > 55 mm)

  • gravierende kardiale Grunderkrankung

Merke

VHF → Lange Zeit, großer Vorhof und krankes Herz sind schlechte Voraussetzungen für Rhythmisierungsversuche.

Wie behandeln Sie einen Patienten mit frisch aufgetretenem VHF, Frequenz ca. 110/min, und leichter Dyspnoe?
Antwort

Zunächst durch eine frequenzerniedrigende Behandlung, dann sollte eine Kardioversion erfolgen.

Kommentar

Vorgehen bei frisch aufgetretenem VHF:

  • Frequenznormalisierung

  • Kardioversion

Womit sollte die Frequenznormalisierung erfolgen?
Antwort

Mit Verapamil oder einem Betablocker.

Kommentar

Frequenznormalisierung bei VHF:

  • Verapamil oder Betablocker

  • evtl. in Kombination mit Digoxin

  • bei schwerer Beeinträchtigung der LV-Funktion (LV: linker Ventrikel): Amiodaron

Welche grundsätzlichen Möglichkeiten bestehen, eine Kardioversion durchzuführen?
Antwort

Medikamentös oder elektrisch.

Kommentar

Im Hinblick auf die Wahl des Verfahrens werden unterschiedliche Angaben gemacht:

  • erste Möglichkeit:

    • zunächst medikamentöser Kardioversionsversuch, dann bei Versagen elektrisch

  • zweite Möglichkeit:

    • bei minimaler struktureller Herzkrankheit, kurz bestehendem VHF: medikamentös

    • bei gravierender Herzkrankheit, länger bestehendem VHF, Notfallsituationen: primär elektrisch

Welches sind die Vor- und Nachteile der elektrischen Kardioversion?
Antwort

Die elektrische Kardioversion erfolgt schneller und hat keine arrhythmogenen Nebenwirkungen.

Kommentar

Vor- und Nachteile der elektrischen Kardioversion:

  • Vorteile:

    • rascher Therapieerfolg

    • keine Medikamentennebenwirkungen

    • rasche Wirkung bei hämodynamischer Instabilität

  • Nachteile:

    • stationäre Aufnahme

Welches sind die Vor- und Nachteile der medikamentösen Kardioversion?
Antwort

Sie kann ambulant durchgeführt werden, ist aber nebenwirkungsreicher.

Kommentar

Vor- und Nachteile der medikamentösen Kardioversion:

  • Vorteile:

    • ambulante Durchführbarkeit

  • Nachteile:

    • Medikamentennebenwirkungen: negative Inotropie, proarrhythmogene Wirkung

Sie erwähnten vorhin als wichtigste Frage, die Sie bei neu aufgetretenem VHF stellen, die nach der Dauer des VHF. Warum?
Antwort

Bei VHF, das weniger als 2 Tage besteht, kann ohne vorherige Antikoagulation kardiovertiert werden. Bei VHF, das länger als 2 Tage besteht, muss eine vorherige Antikoagulation erfolgen.

Kommentar

VHF, Kardioversion, Antikoagulation:

  • VHF < 48 Stunden: Kardioversion

  • VHF > 48 Stunden: vorher orale Antikoagulation

  • Wenn durch transösophageale Echokardiografie ein Thrombus ausgeschlossen werden kann, kann unter therapeutischer Heparinisierung kardiovertiert werden.

Cave

VHF länger als 2 Tage → Rhythmisierung nur nach oraler Antikoagulation.

Wann ist eigentlich das Thrombembolierisiko nach Kardioversion am höchsten?
Antwort

Nach 3 – 4 Wochen.

Kommentar

Die überwiegende Anzahl der Embolien führt zu zerebralen Insulten (ca. 80 %), gefolgt von Gefäßverschlüssen an den Beinarterien.

Cave

Das Thrombembolierisiko nach Rhythmisierung ist am höchsten in Woche 3 und 4.

Wie lange sollte bei einem länger bestehenden VHF vor Kardioversion wirksam antikoaguliert werden?
Antwort

3 – 4 Wochen.

Kommentar

Antikoagulation vor und nach Kardioversion:

  • vor Kardioversion 3 – 4 Wochen

  • nach Kardioversion mindestens 4 – 6 Wochen

Welchen INR-Wert (INR: International Normalized Ratio) streben Sie an?
Antwort

Einen INR-Wert von 2 – 3.

Kommentar

Ein höherer INR-Wert führt zu einem vermehrten Blutungsrisiko ohne zusätzliche Vorteile zu bieten.

Bei einem Patienten wurde erfolgreich ein VHF in einen Sinusrhythmus überführt. Wie groß ist das Risiko, dass wieder ein VHF auftritt?
Antwort

Über 50 % innerhalb eines Jahres.

Kommentar

Rezidiv des VHF nach primärer Kardioversion: 50 % nach 1 Jahr, wenn keine Rezidivprophylaxe durchgeführt wird. Die Rezidivbehandlung ist weniger erfolgreich als die primäre Behandlung.

Wie können Sie erfolgreich ein Rezidiv des VHF verhindern?
Antwort

Medikamentös, allerdings sind die Erfolgsraten auch nur mäßig gut.

Kommentar

Auch unter Rezidivprophylaxe kommt es in 30 – 40 % zu Rezidiven des VHF.

Welchen Vorteil hat eigentlich ein Sinusrhythmus gegenüber der reinen Frequenzkontrolle?
Antwort

Ein Sinusrhythmus ist hämodynamisch immer besser.

Kommentar

Vorteile von Sinusrhythmus gegenüber reiner Frequenzkontrolle:

  • hämodynamisch besser

  • Bei anhaltendem Sinusrhythmus ist eine lebenslange Antikoagulation nicht notwendig.

Was ist leichter? Einen Sinusrhythmus herzustellen oder ihn zu erhalten?
Antwort

Ihn herzustellen.

Kommentar

Sinusrhythmus nach VHF:

  • elektrische oder medikamentöse Kardioversion: 80 %ige Erfolgsrate

  • Erhalt von Sinusrhythmus nach Kardioversion: 50 – 70 %

Merke

Es ist leichter, bei VHF einen Sinusrhythmus herzustellen als ihn zu erhalten.

Welche Medikamente stehen für die Rezidivprophylaxe zur Verfügung?
Antwort

Betablocker, Klasse-Ic-Antiarrhythmika, Amiodaron.

Kommentar

Medikamente zur Rezidivprophylaxe nach VHF:

  • Betablocker

  • Klasse-Ic-Antiarrhythmika (Flecainid, Propafenon)

  • Sotalol

  • Amiodaron

  • Dronedaron

Wovon machen Sie die Auswahl des Medikamentes abhängig?
Antwort

Von der Grunderkrankung.

Kommentar

Auswahl der Medikation zur Rezidivprophylaxe nach VHF, abhängig von Grunderkrankungen:

  • keine oder nur geringe Herzerkrankung

  • KHK

  • hypertensive Herzkrankheit

  • Herzinsuffizienz

Welches Medikament zur Rezidivprophylaxe würden Sie bei einem Patienten mit KHK einsetzen?
Antwort

Einen Betablocker.

Kommentar

Rezidivprophylaxe von VHF bei KHK:

  • Betablocker

  • Alternative: Sotalol oder Amiodaron

Adaptiert nach: Berthold Block,
Facharztprüfung Innere Medizin,
3000 kommentierte Prüfungsfragen.
5., vollständig überarbeitete Auflage 2017
ISBN 9783 131 359 551