PPH 2019; 25(02): 100
DOI: 10.1055/a-0826-7925
Rund um die Psychiatrie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Aktuelle Studien: Barnett GD, Fitzalan Howard F. What Doesn’t Work to Reduce Reoffending? A Review of Reviews of Ineffective Interventions for Adults Convicted of Crimes. European Psychologist 2018; 23 (2): 111–129; https://doi.org/10.1027/1016–9040/a000323

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Publication Date:
25 March 2019 (online)

Hintergrund: Verhaltensinterventionen und -therapien im Strafvollzug werden häufig implementiert, bevor sie wissenschaftlich ausreichend getestet wurden, zum Beispiel die Scared-Straight-Interventionen. Dieser Ansatz wurde in internationalen Untersuchungen als unwirksam oder sogar mit vermeintlichen schädlichen Auswirkungen in Verbindung gebracht. Damit sich diese Fehler nicht wiederholen, sollten bereits eingesetzte Therapien wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit evaluiert werden. Diese Forschungsarbeit gibt einen Überblick über Metaanalysen und systematische Überprüfungen von Therapieansätzen, um das Risiko von sekundären oder tertiären Wiederholungstraftaten zu reduzieren und um ehemalige inhaftierte Erwachsenen wieder in die Gesellschaft einzubinden.

Methode: 21 Interventionen, die in den Jahren 2012 bis 2016 zum Einsatz kamen, wurden metaanalytisch und systematisch überprüft. Die Interventionen beinhalteten Maßnahmen, um Gewalt, Sexualstraftaten und Drogenmissbrauch von Straftätern zu verringern beziehungsweise zu vermeiden.

Ergebnis: Die Forscher konnten insgesamt 14 Interventionen identifizieren, die unwirksam bei der Rückfallprävention von Straftaten sind. Weitere drei Therapien wurden als tendenziell risikoreich beurteilt und eine davon sogar als aktiv gesundheitsschädigend. Bestrafende oder abschreckungsbasierte Interventionen haben auf die Reduzierung von Wiederholungsstraftaten kaum einen Effekt. Im Gegenteil, wenn diese ohne rehabilitative Unterstützung erbracht werden, kann dies sogar dazu führen, dass die Menschen in Zukunft eher wieder kriminell werden. Ohne eine rehabilitative Unterstützung haben auch disziplinbasierte Ansätze keine Erfolgsaussichten. Die Prognose für diejenigen, die sich in das Gemeindeleben ohne rehabilitative Unterstützung integrieren und dort bewähren wird als schlecht beurteilt. Es wird empfohlen, den Wissenschaftsfeldern Psychologie und Verhaltenswissenschaft mehr Gewicht bei der Entwicklung und Evaluierung von Therapieansätzen zur Vermeidung von Wiederholungstaten zu geben.

Fazit: Therapieansätze zur Gewalttatenprävention sollten mit rehabilitativer Unterstützung erfolgen und wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit evaluiert werden.

Jörg Kußmaul