NOTARZT 2019; 35(03): 151-168
DOI: 10.1055/a-0875-7172
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Intoxikationen und Drogennotfälle

Poisoning Incidents and Drug Emergencies
Sebastian Wirtz
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Publication Date:
11 June 2019 (online)

Zusammenfassung

Vergiftungen und Drogennotfälle im Rettungsdienst können durch sehr viele unterschiedliche Stoffgruppen entstehen. Eben diese Vielfalt stellt das Rettungsteam oft vor große Herausforderungen, wobei häufig eine Vergiftung nicht offensichtlich ist. Eine aufmerksame Erfassung der Erstsituation, eine sorgfältige Eigen- und Fremdanamnese und die Einordnung der Leitsymptome geben dem Notarzt Hinweise auf die Diagnose.

Abstract

Poisonings and drug emergencies in the rescue service can arise from very many different substance groups. It is precisely this diversity that often presents the rescue team with major challenges, although poisoning is often not obvious. Attentive assessment of the initial situation, careful history taking by oneself and by a third party and classification of the leading symptoms provide the emergency physician with information on the diagnosis.

Kernaussagen
  • Jährlich werden mehr als 200 000 Krankenhausbehandlungen wegen akuter Vergiftungen durchgeführt, im Rettungsdienst machen sie etwa 4% aller Notarzteinsätze aus.

  • Während Vergiftungen bei Erwachsenen häufig mit einem Suizidversuch oder mit einer Drogenintoxikation in Zusammenhang stehen, findet man im Kindesalter in der Regel Unfälle als Ursache.

  • Die Notfalltherapie erfolgt nach dem ABCDE-Schema der Notfallmedizin. Immer soll bei Bewusstseinsstörungen eine Blutzucker- und Temperaturmessung durchgeführt werden.

  • Die Gabe von Aktivkohle ist bei vielen Vergiftungen eine sinnvolle Maßnahme innerhalb der ersten 60 Minuten nach Giftaufnahme. Eine Magenspülung ist in der präklinischen Notfallmedizin nicht indiziert.

  • Auf arztbesetzten Rettungsmitteln sollen nur wenige Antidota vorgehalten werden, einen Mindeststandard stellt die „Bremer Liste“ dar.

  • Deutschlandweit stehen Giftinformationszentren zur telefonischen Beratung im Notfall zur Verfügung. Eine Verbindung kann direkt am Notfallort hergestellt werden, die Telefonnummern sind in jeder Rettungsleitstelle vorhanden.

  • Die häufigsten Vergiftungen sind durch Medikamente verursacht, Benzodiazepine und andere Psychopharmaka führen die Vergiftungsursachen an.

  • Kohlenmonoxidvergiftungen nehmen in den letzten Jahren zu. Besonders unterschätzt werden die Gefahren von Wasserpfeifen in Shisha-Bars.

  • Die Zahl der Drogentoten hat weiter zugenommen. Deutlich angestiegen ist der Missbrauch von Amphetaminen und Metamphetaminen, neue psychoaktive Stoffe (NPS) wurden nach dem NPS-Gesetz unter Strafe gestellt.