Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2019; 26(03): 97
DOI: 10.1055/a-0891-8333
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gemeinsame Aktivitäten weiter ausbauen

Michael Ramharter
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Publication Date:
05 July 2019 (online)

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Prof. Dr. Michael Ramharter

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich darf mich in dieser Ausgabe des FTR erstmals selbst bei Ihnen vorstellen. Ich bin seit etwas mehr als einem Jahr aus Wien nach Hamburg übersiedelt, um meine neue Tätigkeit am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf anzutreten. Schon seit meiner Kindheit hat es mich sehr stark in den Süden gezogen, weshalb es für mich nicht selbstverständlich war, nahe an den nördlichen Polarkreis in die Hansestadt zu ziehen. Doch haben mich das außergewöhnliche Umfeld am BNITM und UKE sofort begeistert und seither freue ich mich, mit weltweit führenden tropenmedizinischen Gruppen im Team arbeiten zu dürfen.

In diesem Jahr hatte ich Gelegenheit, die Tropenmedizin Deutschlands mit ihren spezifischen Herausforderungen genauer kennenzulernen. So ist die Tropenmedizin hier nur als Zusatzbezeichnung und nicht als vollwertiges klinisches Fach etabliert – ein Schicksal, das sie mit der Infektiologie teilt. Weiters scheint die Tropenmedizin an den großen Instituten zunehmend aus Reisemedizin, ambulanter Patientenversorgung sowie tropenmedizinischer Forschung zu bestehen, während die stationäre Versorgung tropenmedizinischer Patienten zumeist nicht übernommen wird. Dies ist eine aus meiner Sicht riskante Entwicklung, da Tropenmediziner so ihre klinischen Fertigkeiten nicht weiterentwickeln können und „wirklich kranke tropenmedizinische Patienten“ letztlich von anderen Fachrichtungen im stationären Setting behandelt werden. Ich sehe dies als eine Infragestellung des klinischen Faches Tropenmedizin an, die auf lange Sicht zu einer existenziellen Frage werden könnte.

Eine weitere Herausforderung der Tropenmedizin stellt die zunehmende Subspezialisierung dar. Während die Humanparasitologie, Reisemedizin, Migrationsmedizin, Schifffahrtsmedizin, Globale Gesundheit Teile der klassischen Tropenmedizin waren, so entwickeln sich zunehmend spezialisierte Institutionen, Fachgesellschaften und medizinische Experten in diesen Teilbereichen. Diese Entwicklung führt mitunter zu inhaltlichen und organisatorischen Reibungsverlusten. Meine Ansicht zu dieser Problematik ist, dass in den oben genannten Gebieten mehr als genug für alle zu tun ist. In vielen Bereichen fehlt die wissenschaftliche Evidenz für unsere Empfehlungen, es fehlt an qualitativ hochwertigen Aus- und Fortbildungsangeboten, es fehlt an methodisch einwandfrei erarbeiteten nationalen Empfehlungen. Insofern bin ich davon überzeugt, dass alle neuen und alten Institutionen, Fachgesellschaften und Experten die Ärmel hochkrempeln und gemeinsam unser Fachgebiet unterstützen sollten, das so viel Positives für unsere Gesellschaft und die Bevölkerungen der Tropen erwirken kann!

Ein gutes Beispiel für solche Aktivitäten stellt der Ständige Ausschuss Reisemedizin der DTG dar. Dieser Ausschuss hat zum Ziel, evidenzbasierte aktuelle Empfehlungen zur Reisemedizin zu erstellen. Besonderes Augenmerk liegt hierbei darauf, Empfehlungen für Reisende auszusprechen, denen eine vernünftige Nutzen-Risiko-Bewertung und keinerlei kommerzielle Interessenskonflikte zugrunde liegen. Die aktualisierten Empfehlungen entsprechen diesen Zielen und sind erstmals hier in der vorliegenden Ausgabe des FTR veröffentlicht.