Hebamme 2019; 32(06): 1
DOI: 10.1055/a-1028-8030
Editorial

Guter Hoffnung sein – trotz pränataler Diagnostik?

Kompetent beraten und begleiten rund um vorgeburtliche Untersuchungen

Die medizinische Entwicklung in der Geburtshilfe der vergangenen 100 Jahre ist eine Erfolgsstory. Noch nie in der Menschheitsgeschichte gab es so eine niedrige mütterliche und kindliche Sterberate. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung haben die meisten Schwangeren nicht weniger Sorgen und Ängste als vor 100 Jahren. Ist die pränatale Diagnostik dafür verantwortlich? Darf man sich über eine Schwangerschaft erst freuen, wenn der Ultraschall „normal“ ist?

Ein primär normaler Schwangerschaftsverlauf kann zu einem anstrengenden Hürdenlauf ausarten, wenn in der vorgeburtlichen Diagnose von grenzwertig erhöhter Nackentransparenz, Nierenbeckenerweiterung und „zu kleinem Kind“ die Rede ist. Und die Diagnose einer schweren kindlichen Fehlbildung kann zur dramatischen Situation führen, in der sich die Frau oder das Paar entscheidet, die Schwangerschaft zu beenden. Aber lösen wir das Problem, indem wir die pränatale Diagnose wieder mit dem Holzstethoskop durchführen? Wahrscheinlich nicht, denn es würde zu einem Anstieg der intrauterinen Fruchttode bei Feten mit Wachstumsrestriktion kommen. Bei einer Extrauteringravidität würden wir wieder Schwangere sehen, die halb ausgeblutet in die Kliniken kommen und das Neugeborene würde eine Transposition der großen Gefäße nicht überleben.

Die Lösung wird vielmehr darin bestehen, dass wir die Kompetenz des betreuenden Teams erhöhen, damit bei der Schwangeren keine unnötigen Ängste und Sorgen durch schlecht vermittelte Untersuchungen ausgelöst werden. Die Schwerpunktartikel dieser Ausgabe liefern dafür einen wertvollen Beitrag, auch wenn hier nur ein kleiner Teilbereich der Pränatalaiagnostik abgehandelt werden kann. Einen Übersichtsartikel zum Thema finden Sie im Online-Archiv unserer Zeitschrift: www.thieme-connect.de → DIE HEBAMME → Ausgabe 5/2018

Ihr

Franz Kainer

Herausgeber DIE HEBAMME



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Article published online:
11 December 2019

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