Der Klinikarzt 2020; 49(03): 55-56
DOI: 10.1055/a-1069-4417
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Update Antikoagulation 2020

Matthias Leschke
,
Johannes Brachmann
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Publication Date:
16 March 2020 (online)

Auch in diesem Jahr wollen wir wieder anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim 2020 ein aktuelles Update vorstellen. Die Dynamik und das rasante Tempo neuer Studienergebnisse und sich ändernder Therapieempfehlungen zur Antikoagulation bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen stellen eine große Herausforderung selbst für Spezialisten dar. Wir haben deshalb Experten aufgefordert, zu wichtigen und aktuellen Themen der Antikoagulation bzw. der antithrombotischen Therapie Stellung zu nehmen. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Update fachlich wichtige Erkenntnisse für Ihre Arbeit im klinischen Alltag präsentieren können. Darüber hinaus hoffen wir natürlich auch, dass wir Sie für diese Themen begeistern können. Schließlich handelt es sich um eine besonders spannende, manchmal auch schwierige Thematik, die ein fundiertes Wissen erfordert. Wir danken unseren Autoren ganz herzlich, dass sie ihre Beiträge rechtzeitig trotz der täglichen Arbeitsbelastung fertig stellen konnten und damit gewährleisteten, dass wir wieder ein aktuelles „Update Antikoagulation 2020“ rechtzeitig zur Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie präsentieren können.

Prof. Dr. Chr. Bode und sein Team von der Universitätsklinik Freiburg geben einen Überblick über aktuelle Studien des Jahres 2019 zur antithrombotischen Therapie. Insgesamt geht offenbar der Trend zu einer personalisierten antithrombotischen Therapie und zu einer eher verkürzten Dauer der Thrombozytenaggregationshemmung nach perkutaner Koronarinterventionn (PCI). Möglicherweise profitieren Patienten mit einem hohen ischämischen Risiko von einer verlängerten intensivierten antithrombotischen Therapie. Der Freiburger Beitrag gibt einen hervorragenden Überblick über alle aktuellen Studien.

Dr. A. Mengel und Prof. Dr. U. Ziemann, Universitätsklinik Tübingen, präsentieren einen wichtigen Beitrag zur Prophylaxe des atherothrombotischen Schlaganfalls, insbesondere gehen die Autoren auch auf die aktuellen Therapiestrategien bei einer Stenose der Arteria Carotis interna ein. Offenbar ist unter Berücksichtigung von Biomarkern eine verbesserte Selektion von Patienten für medikamentöse und interventionelle Therapieverfahren bei einer ACI-Stenose möglich. Neben der Thrombozytenfunktionshemmung ist eine lipidsenkende Statin-Therapie entscheidend, da damit nicht nur eine Plaqueprogression verhindert wird, sondern auch die Plaquestabilität verbessert wird.

Prof. Dr. U. Zeymer und Prof. Dr. R. Zahn, Ludwigshafen, gehen auf ein wichtiges klinisches Problem bei der Antikoagulation von Patienten mit Vorhofflimmern ein. Viele dieser Patienten sind über 80 Jahre alt, betagt, und weisen ein erhöhtes Blutungsrisiko im Alltag auf. Im direkten Vergleich zu den Vitamin-K-Antagonisten führen die NOAKs zu einer Verringerung des Gesamt-Schlaganfallrate, im Wesentlichen bedingt durch eine Reduktion von hämorrhagischen Schlaganfällen. Dieser Effekt war bei Älteren Patienten über 75 Jahren sogar ausgeprägter als bei jüngeren Patienten.

Das Autorenteam um Prof. Dr. J. Brachmann, Coburg, stellt die aktuelle Datenlage zu LAA-Occludern und zum PFO-Verschluss vor. So empfehlen die aktuellen Leitlinien, bei Patienten mit langfristigen Kontraindikationen gegen eine Antikoagulation einen LAA-Occluder in Betracht zu ziehen. Bei Patienten zwischen 16 und 60 Jahren mit einem kryptogenen ischämischen Schlaganfall und einem offenen Foramen ovale mit moderatem oder ausgeprägtem Rechts-Linksshunt sollte nach aktueller Leitlinie ein interventioneller PFO-Verschluss durchgeführt werden.

Eine Antikoagulation von Patienten mit Vorhofflimmern und Niereninsuffizienz ist häufig schwierig und bei Dialyse-Patienten umstritten. Interessanterweise führen Vitamin-K-Antagonisten zu einer verstärkten Progression der Niereninsuffizienz. Offenbar sind NOAKs bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und Vorhofflimmern günstiger als Vitamin-K-Antagonisten. Hier scheint sich ein Paradigmenwechsel anzubahnen. Prof. Dr. D. Alscher, Stuttgart, hat sich dieser sehr wichtigen, aber auch schwierigen Thematik angenommen.

Dr. J. Hermesmeier und Prof. Dr. D. Gonska, Karlsruhe, stellen das Management bei Interventionen und Operationen unter einer antithrombotischen Therapie vor. Bridging ist eigentlich nur noch bei Patienten mit mechanischen Herzklappen notwendig, ansonsten wird eine Therapieunterbrechung, insbesondere bei NOAKs empfohlen. Grundsätzlich müssen immer das Blutungsrisiko und das ischämische Risiko bei operativen und interventionellen Eingriffen unter einer antithrombotischen Therapie berücksichtigt werden.

Prof. Dr. K. Caca und Prof. Dr. Chr. Wolpert, Ludwigsburg, gehen auf das wichtige Management gastrointestinaler Blutungen unter einer Antikoagulation ein. So sollte bei gastrointestinalen und urogenitalen Blutungen unter einer Antikoagulation immer eine Tumorsuche eingeleitet werden. Das moderne Management einschließlich der endoskopischen Techniken zur Beherrschung von gastrointestinalen Blutungen wird in diesem Beitrag vorgestellt.

In einem eigenen Beitrag werden die antithrombotischen Therapiekonzepte bei dem chronischen Koronarsyndrom vorgestellt. Entgegen dem Trend zu eher zeitlich kürzeren antithrombotischen Therapiekonzepten, insbesondere aufgrund von Blutungen bei älteren Patienten, stellen die Leitlinien zum chronischen Koronarsyndrom explizit bei hohem ischämischen Risiko eine verlängerte antithrombotische Therapie vor. Hierbei gilt es abzuwägen zwischen einer verlängerten dualen Plättchentherapie nach der PEGASUS-Studie gegenüber dem COMPASS-Regime, bei dem niedrig dosiertes Rivaroxaban kombiniert mit Aspirin sogar zu einer Serblichkeitsreduktion bei Patienten mit hohem ischämischen Risiko führte.

Prof. Dr. D. Dürschmied, Freiburg, geht anschließend auf das wichtige Thema der Thrombozytenaggregationshemmung bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus ein. Da Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus eine intensivere Thrombozytenadhäsivität und -aggregation aufweisen, sind modernere Konzepte der Plättchenhemmung insbesondere bei Diabetes mellitus und koronarer Herzkrankheit gefordert.

Wir würden uns freuen, wenn wir Ihr Interesse und Ihre Begeisterung an diesen Themen zur Antikoagulation geweckt haben und wünschen Ihnen insgesamt viel Spaß bei der Lektüre unseres Update Antikoagulation 2020.