Osteologie 2020; 29(03): 173-174
DOI: 10.1055/a-1224-5577
Laudatio

Prof. Dr. Peter Burckhardt: Das sympathische Gesicht der „Osteologie“

Gegründet durch den wissenschaftlichen Mentor der orthopädischen Osteologie, Prof. Dr. H.-G. Willert, der sie lange auch als verantwortlicher wissenschaftlicher Herausgeber führte, war die Zeitschrift „Osteologie“, aufgelegt im Huber-Verlag, ein feines wissenschaftliches Blatt für eine kleine Gruppe an der Osteologie interessierter deutschsprachiger Spezialisten mit einer nur geringen Auflage.

Als Prof. Willert im September 2006 starb, drohte die Zeitschrift als einzige deutschsprachige Zeitschrift zu osteologischen Themen zu verwaisen. Gleichzeitig erlebte die Osteologie einen Boom mit zunehmendem Interesse nicht nur der Forscher, sondern auch der Ärzteschaft. Der DVO als interdisziplinäre wissenschaftliche Fachgesellschaft war frisch gegründet. 2003 wurde die erste S3-Leitlinie zur Osteoporose verabschiedet. Der jährliche Osteologie-Kongress wuchs von etwa 300 auf bis zu 1600 Teilnehmern. Etwa 1800 „Osteologen DVO“ lechzten nach Information und Fortbildungen, weil sie auf dem „aktuellen Stand der Wissenschaft“ sein wollten. Gleichzeitig wollten auch deutschsprachige Autoren wissenschaftliche Artikel veröffentlichen.

Also setzten sich die Vorsitzenden der Dt. Gesellschaft für Osteologie und die orthopädische Gesellschaft für Osteologie, die die „Osteologie“ bislang getragen hatten, zusammen und nahmen den 2003 eingetragenen DVO in Ihre Mitte.

Die 3 Gesellschaften beschlossen gemeinsam, die Zeitschrift weiterzuführen und auf breitere solide Beine zu stellen. Es sollte das Kunststück gelingen, sowohl ein hochwertiges Fortbildungsorgan für alle osteologisch interessierten Ärzte zu kreieren als auch gleichzeitig ein wissenschaftliches Publikationsorgan, das auch englischsprachige Artikel aufnahm.

Hierzu sollte die Zeitschrift neu ausgerichtet werden, und es wurde ein größerer Verlag gesucht und gefunden: der Schattauer Verlag in Stuttgart. Die 3 Gesellschaften behielten die Titelrechte.

Aber wer konnte eine solche Zeitschrift leiten und effektiv nach vorne bringen? Um keine Unterbrechung der Ausgabenreihe zu riskieren, wurde provisorisch und übergangsweise eine von Ausgabe zu Ausgabe wechselnde wissenschaftliche Herausgeberschaft vereinbart.

Der große Wunsch aber war, einen guten Editor zu finden: Ein herausragender Wissenschaftler sollte er sein, um Reputation zu schaffen und gute Autoren zu gewinnen. Ein bekannter und guter Lehrer sollte er sein, es ging ja um Fortbildung. Autorität sollte er haben, um säumige Autoren anzutreiben. Ein Diplomat und geduldig musste er sein, denn eineinhalb Dutzend wissenschaftliche Gesellschaften mit dem einen oder anderen „Alpha-Tierchen“ zusammenzuhalten waren eine echte Herausforderung. Internationale Kontakte und Anerkennung wären gut, da die Zeitschrift gelistet werden und internationale Anerkennung finden sollte. (Daher erhielt sie prophylaktisch den Untertitel „Osteology“.) Und ein wenig verfügbare Zeit wäre für diese Herkulesaufgabe wichtig. Aber wer würde sich heutzutage noch Zeit zu nehmen, insbesondere, da dieser Job ein Ehrenamt war und keinen Profit versprach. Kurzum: ein Anforderungsprofil, das kaum auf einen Irdischen zu passen schien.

Es wurde heftig überlegt, gesucht und diskutiert. Und es war relativ schnell klar, dass es nur einen einzigen Idealkandidaten gab.

Aber wäre es nicht hoffärtig, einem der international renommiertesten deutschsprachigen Wissenschaftler, prominenten Hochschullehrer und bekanntesten Osteologen die Betreuung unseres kleinen Blattes anzutragen? Wir wagten nicht zu hoffen, eine positive Antwort zu erhalten.

Dennoch nahmen Franz Jakob für den DGO und ich für DVO und OGO bei einem Mittagsimbiss im Rahmen des ASBMR in Philadelphia 2006 unseren Mut zusammen und fragten Prof. Burkhardt vorsichtig, ob er sich vorstellen könnte …

Seine Antwort machte uns verlegen: Er fragte allen Ernstes zurück, ob wir tatsächlich glaubten, dass er dieser Aufgabe gewachsen sein könnte und ob dies nicht zu viel der Ehre sei. – Im Gegenteil, die Ehre war auf unserer Seite, dass er sich unser Anliegen anhörte. Wir schilderten ihm unser Projekt. Er hörte es sich genau an und fragte analytisch und gezielt nach. Nach einer kurzen Bedenkzeit sagt er uns zu und legte sogleich einen strukturierten und wohlüberlegten Plan vor, wie er die Zeitschrift gestalten wollte. Alle unsere Träume waren berücksichtigt, und sein Konzept übertraf an Brillanz und Fundiertheit alle Vorstellungen. Die Zustimmung für ihn war in allen Gremien einstimmige Begeisterung.

Die „Osteologie“ wurde zum neuen Kind unseres frischen „Editor in Chief“. Die Auflage verfünffachte sich binnen eines Jahres, vier Ausgaben pro Jahr zu je einem Hauptthema wurden gefüllt. Impact-Punkte konnten erreicht werden.

Die „Osteologie“ wurde zu einem interdisziplinären Glanzstück der „Knochenszene“, und viele Rückmeldungen vieler Kollegen bewiesen, dass sie nicht nur gedruckt, sondern auch in der Breite gelesen wurde.

Prof. Burckhardt erstellte mit seinem Herausgebergremium jährlich einen dezidierten Plan. Er war Ideengeber und selbst fleißiger und exzellenter Autor der Zeitschrift.

Er führte in seiner leisen, bescheidenen Art. Es war bei seinen liebenswerten Nachfragen einfach unmöglich, ohne schlechtes Gewissen „Nein“ zu sagen. Und nur wenige hatten die Chuzpe, ihn hängen zu lassen oder Zusagen nicht einzuhalten; das war nicht gut für’s Image. Im Gegenteil war es eine Freude und Herausforderung, für ihn und mit ihm arbeiten zu dürfen. Er selbst war absolut zuverlässig und verlässlich, kümmerte sich um alle kleinen und großen Details und war unendlich fleißig. Er war geradlinig und ehrlich, aber selbst wenn ein Artikel nun gravierende qualitative Mängel hatte, war seine Kritik nie verletzend, sondern aufbauend und tröstlich. Seine Bewertungen waren nie ablehnend, sondern anspornend und fördernd. Er konnte jeden für die Sache begeistern.

Die Herausgebersitzungen führte er zurückhaltend und bescheiden, dennoch war es kaum möglich, ihm zu widersprechen, erstens waren seine Aussagen zu gut überlegt und stichhaltig, und zweitens war er zu liebenswürdig. Aber er konnte auch klare, kompromisslose und unerbittliche Forderungen stellen, wenn es um die Sache, seine Zeitschrift und die Wissenschaftlichkeit ging.

Alles in allem: Es war immer eine Freude und Bereicherung, mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen. Er hat in den 12 Jahren als Editor in Chief unsere Zeitschrift „Osteologie“ groß gemacht und auf solide Füße gestellt. Er hat wirklich Großes für die Osteologie in der Schweiz, Österreich und Deutschland geleistet.

Wir Osteologen, und damit auch wir orthopädischen Osteologen, sind Prof. Dr. Peter Burckhardt zu großem Dank verpflichtet, den wir aus ganzem Herzen aussprechen möchten.

Ein besonderer Dank geht auch an seine gute Frau, die es ertragen und mitgetragen hat, dass ihr vielbeschäftigter Ehemann anstelle des verdienten Rückzugs die Bürde eines solchen großen Ehrenamtes auf sich genommen hat!

Wir beugen den Kopf und sagen ein herzliches „Vergelts Gott“

Für die OGO als Past President, Dr. Hermann Schwarz, Freudenstadt



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Article published online:
17 September 2020

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