NOTARZT 2021; 37(05): 256
DOI: 10.1055/a-1554-3931
Journal Club

Kommentar zu „DACH-Positionspapier: Mehr als 500 Kinder könnten jedes Jahr gerettet werden“

Bernd Landsleitner
1   Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, Cnopfsche Kinderklinik/Klinik Hallerwiese Nürnberg, Nürnberg, Deutschland
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Bei der besprochenen Arbeit handelt es sich nicht um eine neue Studie, sondern um ein länderübergreifend konsentiertes Thesenpapier von Expert*innen zum Thema Kinderreanimation.

Diese Initiative hat ihre Vorgeschichte: Im Jahr 2014 wurden nach den 1. Bad Boller Reanimationsgesprächen „10 Thesen für 10.000 Leben“ zur Verbesserung der Überlebensrate nach Herz-Kreislauf-Stillstand veröffentlicht [1]. Tatsächlich ist man diesem Ziel in den Folgejahren u. a. durch Steigerung der Laienreanimationsrate, Verbesserung der Datenbasis, Stabilisierung der Rettungskette und nicht zuletzt durch die intensive Öffentlichkeitsarbeit nähergekommen [2]. An diesen Erfolg wollen die Autor*innen der „Kinderthesen“ verständlicherweise anknüpfen.

Nun bezogen sich die Bad Boller Thesen nicht exklusiv auf die Erwachsenenreanimation und die erzielten Erfolge dürften zu einem Teil auch reanimierten Kindern zugutegekommen sein. Allerdings gibt es doch relevante Unterschiede: Während bei der Erwachsenenreanimation die Motivation und Sensibilisierung von Laien im Vordergrund steht und Notfallmediziner*innen meist regelmäßig reanimieren, besteht bei der Kinderreanimation kein Motivationsproblem bei Laien, aber selbst für Fachpersonal großer Kinderkliniken stellt die Reanimation ein seltenes Ereignis dar! Während bei Erwachsenen ursächlich plötzliche kardiale Ereignisse im Vordergrund stehen, sind die auslösenden Faktoren bei Kindern vielfältig und haben sich oft über längere Zeit entwickelt [3].

Folgerichtig fokussieren die Autor*innen zunächst auf Vermeidung des Atem-Kreislauf-Stillstands sowie Training und Unterstützung des medizinischen Personals.

Die spannende Frage ist, ob die „Ten Consensus Actions …“ eine ähnliche Erfolgsgeschichte haben werden wie die Bad Boller Thesen. In jedem Fall sind sie geeignet, ein in der Kindermedizin bisweilen vernachlässigtes Thema in den Fokus von Praktiker*innen und Forschenden zu bringen. Durch die Empfehlungen, ein Dokumentationsregister für Kinderreanimationen zu schaffen und Kinderkliniken besser untereinander zu vernetzen, wird es hoffentlich gelingen, die wissenschaftliche Datenbasis für Reanimationsempfehlungen zu verbessern.

Trotzdem liegt es an uns allen, das Thema Verbesserung der Kinderreanimation jetzt nicht mehr aus dem Blick zu verlieren. Und das gilt nicht nur für Kinderkliniken, sondern für alle, die auch nur gelegentlich Kinder medizinisch versorgen – also auch den Rettungsdienst! Für alle diese Institutionen und Organisationen sei als Take Home Message sinngemäß „Action/Thesis 9“ zitiert: schaffen Sie eine*n Verantwortliche*n für Kinderreanimation, damit das Thema ab jetzt in den Köpfen bleibt!



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Article published online:
05 October 2021

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