physioscience 2022; 18(02): 89-90
DOI: 10.1055/a-1741-9846
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Konditionierte Schmerzmodulation und Manuelle Therapie: Same same but different?

Conditioned Pain Modulation and Manual Therapy: Same Same but Different?

Zusammenfassung

Hintergrund

Schmerzauslösende passive Weichteiltechniken wie Massage, Triggerpunktbehandlung oder ähnliche Behandlungsansätze werden häufig von Patient*innen gewünscht und von Therapeut*innen angewandt. Ein Grund dafür ist, dass diese – zumindest kurzfristig – zur Schmerz- und Symptomlinderung führen können. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind jedoch noch nicht geklärt. Es wird angenommen, dass die Schmerzhemmung durch konditionierte Schmerzmodulation (Conditioned Pain Modulation, CPM) ausgelöst wird. CPM beschreibt das Phänomen, dass Schmerz einen anderen Schmerz hemmt, was hauptsächlich durch Prozesse im zentralen Nervensystem gesteuert wird. Ziele der Studie von Wilson et al. waren, zu prüfen, ob eine schmerzauslösende Massage eine ähnlich starke Verringerung der Schmerzempfindlichkeit bewirkt wie das Eintauchen der Hand in Eiswasser, und ob der CPM-Effekt die mit der schmerzauslösenden Massage verbundene Hypoalgesie vorhersagt.


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Methode

60 gesunde Teilnehmende wurden nach dem Zufallsprinzip entweder einer schmerzauslösenden (Triggerpunkt-)Massage am Nacken (n = 20), einem Eiswasserbad mit einer Hand (n = 20) oder einer schmerzfreien Massage am Nacken (n = 20) zugeteilt. Alle 3 Interventionen wurden einmalig durchgeführt, wobei die Schmerzen kontinuierlich bewertet wurden. Die Teilnehmenden unterzogen sich vor und unmittelbar nach der Intervention einer quantitativen sensorischen Testung. So wurden die thermische Schmerzempfindlichkeit, die zeitliche Schmerzsummation, die mechanische Schmerzempfindlichkeit und die CPM erfasst. Es wurde eine Kovarianzanalyse (ANCOVA) mit Messwiederholung verwendet, um die Unterschiede zwischen den Gruppen in Bezug auf die Veränderungen der Schmerzempfindlichkeit zu ermitteln.


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Ergebnisse

Die schmerzauslösende Massage führte nicht zu unterschiedlichen experimentellen Veränderungen der Schmerzempfindlichkeit wie das Eiswasserbad (p > 0,05), obwohl die schmerzauslösende Massage zu weniger selbstberichteten Schmerzen führte als das Eiswasserbad. Die Schmerzintensität während der Intervention zeigte eine geringe Korrelation mit den Veränderungen der Schmerzempfindlichkeit. Personen mit einer ausgeprägten CPM-Antwort wiesen eine größere Erhöhung der Druckschmerzschwelle auf als Personen mit einer reduzierten CPM, was auf den potenziellen Nutzen einer Stratifizierung der Behandlung nach Mechanismus hinweist.


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Schlussfolgerungen

Schmerzauslösende Massagen und Eiswasserbäder führten zu einer ähnlich starken CPM-Reaktion, woraus auf gemeinsame zugrunde liegende Mechanismen geschlossen werden kann. Wilson et al. kommen zu dem Schluss, dass das Verständnis der Mechanismen passiver Interventionen zu mechanistisch basierten Schmerzbehandlungen führen kann, die mit einem personalisierten medizinischen Behandlungsansatz vereinbar sind.


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Publication History

Article published online:
07 June 2022

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