Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2022; 50(05): 348-349
DOI: 10.1055/a-1930-0582
Kompendium

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Hormonelle Unterdrückung der Pubertät bei juvenilen Schafböcken

Prestel L, Joerling J, Failing K, Wagner H, Wehrend A. Open Vet J. 2022 Mar-Apr;12(2): 171–181. doi: 10.5455/OVJ.2022.v12.i2.3

Die Unterdrückung der Fortpflanzung männlicher kleiner Wiederkäuer stellt insbesondere für das Management in der Hobbyhaltung einen wichtigen Aspekt dar, sodass nach risikoarmen und reversiblen Alternativen zur chirurgischen Kastration gesucht wird. Die Applikation eines GnRH-Analogons, das über eine längere Zeit wirkt, führt bei einigen Tierarten nach einem initialen Anstieg der Hormone LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) zu einem Abfall der Hormonkonzentration und damit zu einer reversiblen Unterdrückung der Fortpflanzung. Ob dies auch beim Schafback der Fall ist, sollte in der vorliegenden Studie untersucht werden.

Material und Methoden 14 Schafe unterschiedlicher Rassen (8 Merino Landschafe, 4 Bentheimer Landschafe, 2 Scottish Blackface) wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Versuchsgruppe erhielt das GnRH-Analogon Deslorelin, als slow release Implantat, (Suprelorin®) subkutan am Hautnabel vor dem Eintritt der Geschlechtsreife implantiert. Im Abstand von 14 Tagen erfolgten zehn Untersuchungen, bei denen neben der allgemeinen klinischen Untersuchung die Hodenparameter mittels Palpation, Testimeter und Sonographie (Grauwertanalyse) bestimmt wurden. Zusätzlich erfolgte die Messung von Testosteron in 14-tägigen Abständen aus dem Serum. Nach 140 Tagen wurden vier Schafe pro Gruppe chirurgisch kastriert, das Hodengewebe histologisch auf Anzeichen von Spermatogenese untersucht und eine spermatologische Untersuchung aus dem Nebenhodensekret durchgeführt.

Ergebnisse In der klinischen Untersuchung fanden sich keine Gruppenunterschiede. Auch in der andrologischen Untersuchung konnten keine signifikanten Gruppenunterschiede ermittelt werden, jedoch war das Hodenwachstum in der Implantationsgruppe inhomogen: Bei drei der sieben Tiere zeigte sich eine reduzierte Hodenentwicklung. Die sonographische Grauwertanalyse brachte ebenfalls keine signifikanten Gruppenunterschiede hervor.

Bei drei der vier behandelten Schafe konnten Sperma im Nebenhoden festgestellt werden. In der Kontrollgruppe konnte bei einem der vier Schafe kein Sperma aus dem Nebenhoden gewonnen werden. Es zeigten sich keine Unterschiede in der spermatologischen Untersuchung (Vorwärtsbeweglichkeit, Kreisbewegungen, Lebend-Tot-Färbung) zwischen den Gruppen. Die histologische Untersuchung des Hodengewebes spiegelt die Ergebnisse der spermatologischen Untersuchung wider. Die Bestimmung des Testosterongehaltes zeigte ebenfalls keine signifikanten Gruppenunterschiede, allerdings zeigten sich in der Implantationsgruppe nach der Implantation keine Peaks mehr.

Diskussion Nach der Implantation zeigte sich keine Unterdrückung der Sexualentwicklung, auch wenn es tendenziell zu einer reduzierten Hodenentwicklung in der Implantationsgruppe kam. Auch in anderen Studien, die mit unterschiedlichen GnRH-Analoga arbeiteten, konnte bislang keine 100 %ige Unterdrückung der Fortpflanzungsorgane erwirkt werden. Vor diesem Hintergrund muss die Dosierung des verwendeten 4,7 mg Implantat diskutiert werden, außerdem gibt es keine Aussagen über die Dauer der Wirksamkeit in behandelten Schafen. Als mögliche Ursache für das schlechte Ansprechen auf Suprelorin® kommt die Tierart-spezifische unterschiedliche Anzahl an GnRH-Rezeptoren in Frage, beispielsweise ist die Unterdrückung der Fortpflanzung bei Hengsten mit GnRH-Agonisten ebenfalls nicht sicher möglich.

FAZIT

Mit der einmaligen, subkutanen Applikation des 4,7 mg Suprelorin®-Chip an präpubertäre Schafböcke kann derzeit keine Unterdrückung der Fortpflanzungsfähigkeit erreicht werden.

Jessica Jörling, Gießen



Publication History

Article published online:
02 November 2022

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