Laryngorhinootologie 2022; 101(11): 910-924
DOI: 10.1055/a-1934-8113
CME-Fortbildung

Würde bei unheilbarer Erkrankung – Würdeverlust und Leiden am Lebensende begegnen

Dignity in terminal illness – confronting loss of dignity and suffering at the end of life
Sascha Weber
,
Martin Weber
,
Sandra Stephanie Mai

Das Würdeempfinden von Menschen mit unheilbarer Erkrankung ist ein vulnerables Gut, (un-)antastbar und zu schützen. Gerade im Kontext physischer Bedrohung durch eine infauste Prognose kann es wohltuend sein, würdestärkende Erfahrungen zu machen, die geprägt sind durch die Haltung und Achtsamkeit derer, die im Gesundheitswesen tätig sind und Fürsorge leisten.

Abstract

How can we act in a dignity-oriented way when we usually only have an abstract idea of dignity? How can we fundamentally strengthen dignity so that we do not focus on it in a deficit-oriented way only when the sense of dignity is threatened?

Looking at the concept of dignity in the health care system can be done from two angles: First, we can direct our gaze to abuses, violations of dignity, and rightly become outraged about it. Moreover, we have gained collective experience of dignity violations through the Covid-19 pandemic and continue to experience this. The second focus is on enhancing the dignity, dignified, and dignity-oriented aspirations of people working in the health care system. The following article is intentionally devoted to this second view, opening up possibilities for dignity-strengthening care in the health care system. In doing so, we draw substantially on the research and interventions developed by Harvey M. Chochinov and his research team from Canada. The article offers an overview of theoretical foundations, food for thought for self-reflection, and action aids for practical application.

Kernaussagen
  • Die Wahrung und Stärkung des Würdeempfindens Schwerstkranker und Sterbender setzt einen reflektierten Umgang mit dem Würdebegriff bei unheilbaren Erkrankungen voraus.

  • Ein Gefühl von Würdeverlust kann Sinnverlust begünstigen und Hoffnungslosigkeit bewirken und sich nicht zuletzt in einem Sterbewunsch äußern.

  • Das Modell zu Würde bei unheilbarer Erkrankung beruht vollumfänglich auf den Aussagen von Patientinnen und Patienten mit limitierter Lebenserwartung bei einer onkologischen Erkrankung.

  • Verschiedene Interventionen können vom multiprofessionellen Team in der Versorgung Schwerstkranker und Sterbender eingesetzt werden, um positiv und stärkend auf das Würdeempfinden zu wirken.

  • Das Patient Dignity Inventory (PDI) ist ein etablierter Fragebogen zur Selbsteinschätzung des Würdeempfindens terminal onkologisch erkrankter Patienten.

  • Das ABCD beschreibt eine würdeorientierte Haltung aus Einstellung, Verhalten, Mitgefühl und Gespräch.

  • Mit der Patientenwürdefrage (Patient Dignity Question, PDQ) können Patienten und Patientinnen zum Gespräch ermutigt werden.

  • TIME ist ein Fragebogentool, das explizit zur Steigerung des Würdeempfindens für Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen in Wohn- und Pflegeheimen entwickelt wurde.

  • Mit der Würdezentrierten Therapie (WzT) steht eine das Würdeempfinden stärkende Kurzintervention zur Verfügung, die zu den Standardangeboten einer multiprofessionellen Versorgung am Lebensende gehören kann.

  • Mit den Fragen des Dignity Talk erhalten Patienten und Patientinnen und ihr soziales Bezugssystem eine Hilfestellung für ein tiefes Gespräch miteinander.



Publication History

Article published online:
03 November 2022

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