Zeitschrift für Palliativmedizin 2023; 24(03): 108-111
DOI: 10.1055/a-2058-7609
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Doppelkopf: Constanze Rémi und Farina Hodiamont

Constanze Rémi

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Wie kamen Sie in Ihr jetziges Tätigkeitsfeld?

Kurz gesagt: ich saß zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Telefon. Die längere Version wirkt nicht weniger zufällig: 2002 begann ich meine Arbeit in der Arzneimittelinformation der Apotheke des LMU Klinikums in München. Ärzt:innen und Pflegekräfte des Klinikums können sich mit Fragen zur Arzneimitteltherapie an diese Stelle wenden. Die Palliativmedizin war zu diesem Zeitpunkt noch ganz neu im Klinikum – ein kleines Team mit vielen Fragen zur Arzneimitteltherapie … und regelmäßigen Anrufen bei uns in der Apotheke. Es ging beispielsweise ganz viel um Arzneimittelapplikation. Die Fragen waren oft irgendwie besonders …Die Kommunikation mit dem Palliativteam war immer nett und es kam schnell die Idee auf, dass jemand aus unserem Arzneimittelinfo-Team monatlich in der Palliativmedizin vorbeischaut, um einfach mal im Gespräch Fragen zu beantworten, die sich im Alltag so ansammeln. Da ich als Berufsanfängerin noch nicht so viele andere Verpflichtungen hatte, nahm ich mich dieser Aufgabe an. Aus den monatlichen Besuchen wurden schnell Kurvenvisiten, dann regelmäßige Visitenteilnahmen. Die offizielle Anstellung in der Palliativmedizin kam erst Jahre später. Mittlerweile arbeite ich allerdings hauptsächlich in der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin und nur noch einen Tag in der Woche in der Apotheke. Rückblickend war das Interesse für den Bereich schon viel früher da – da gibt es einige Anekdoten aus meiner Schulzeit und meinem Studium. Es war also wahrscheinlich nicht nur Zufall, dass ich beruflich in der Palliativversorgung gelandet bin.

Was wäre für Sie die berufliche Alternative?

Ganz schwere Frage. Meine Arbeit macht mir viel Freude, vieles (nicht alles) ist schon fast wie ein Hobby. Das sehe ich als großes Privileg! Ich wusste schon sehr früh, dass ich Pharmazie studieren will – ich vermute, dass mich die Kombination aus naturwissenschaftlichen, handwerklichen und sozialen Aspekten irgendwie angezogen hat. Als es Richtung Abi ging, habe ich mich allerdings auch noch mal intensiv über mögliche Alternativen informiert. Eine davon ist mir bis heute sehr präsent im Kopf: Popmusik studieren! Ich glaube, ich bin aber mit dem, was ich jetzt beruflich mache, ganz gut gelandet – und freue mich, dass andere Dinge einfach Hobbies sein dürfen.

Wie beginnen Sie Ihren Tag?

Gerne vor allen anderen, wenn es noch ganz ruhig ist.

Leben bedeutet für mich …

nicht immer auf der Suche nach irgendetwas zu sein, sondern im Hier und Jetzt.

Sterben bedeutet für mich …

eine Mischung aus vielen Emotionen, mal mehr mal weniger sortiert, mal heller, mal dunkler. Eine Bereicherung für mein Leben, eine Angst in meinem Leben.

Welches Ziel möchten Sie unbedingt noch erreichen?

Es gibt nicht das eine große Ziel, eher kleinere, im Sinne von Plänen für die kommenden Monate.

Meine bisher wichtigste Lernerfahrung im Leben ist …

mir zu erlauben, mich immer wieder neu einzunordnen. Mein Alltag ist ziemlich voll und ich plane viele Dinge gerne im Voraus. Aber alles ist nun mal nicht planbar und auch nicht alles kontrollierbar. Was mir jetzt wichtig erscheint, ist es vielleicht in ein paar Wochen nicht mehr. Ein gutes Maß an Fatalismus ist da ganz hilfreich und kann auch sehr entlastend sein.

Was würden Sie gern noch lernen?

Spontan Begleitstimmen singen können (die sich dann auch akzeptabel anhören).

Woraus schöpfen Sie Kraft für Ihre Arbeit?

Aus dem ganz normalen Alltag, Freude an Kleinigkeiten, Gesprächen und Begegnungen mit anderen Menschen.

Mit wem aus der Welt- oder Medizingeschichte würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Einen Abend mit einem Tête-à-Tête würde ich gerne eintauschen in die Möglichkeit, bestimmte Leute einfach in ihrem (damaligen) Umfeld beobachten zu dürfen, z. B. Johann Sebastian Bach. Vielleicht aber auch noch mal ein bestimmtes Ereignis live mitzuerleben. Da bin ich noch unentschlossen.

Wenn ich einen Tag unsichtbar wäre, würde ich …

mich gerne auch noch von Ort zu Ort beamen können (ist das zu viel verlangt?), um bei verschiedenen Leuten handgeschriebene Nachrichten aus dem Nichts auftauchen zu lassen – in der Hoffnung, damit bestimmten Personen wichtige Denkanstöße zu geben.

Wie können Sie Farina Hodiamont beschreiben?

Eigentlich ist Farina Hodiamont unbeschreiblich. Ich kenne sie, seitdem sie im März 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu uns an die Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin kam. Mit ihrer offenen Art war sie innerhalb kürzester Zeit im Team angekommen; das ist gar nicht so trivial, Forschung und klinische Versorgung haben ja nicht automatisch tagtäglich miteinander zu tun. Farina schafft es in einer beeindruckenden Geschwindigkeit, Situationen zu analysieren und zu strukturieren – und das Ganze dann auch noch gut verständlich in Worte zu fassen. Sie packt an, wortwörtlich und gedanklich. Sie weiß die richtigen Fragen zu stellen und ist schon häufig eine wichtige (nicht nur wissenschaftliche) Sparringspartnerin für mich gewesen. Sie kann sich in Thematiken eindenken, die eigentlich gar nicht ihr Thema sind. Dieser Blick von außen ist im Beruflichen, aber auch im Privaten oft sehr wertvoll. Farina ist ein wahnsinnig kreativer Kopf und sehr humorvoll – Eigenschaften, die essenziell sind, wenn man sich an irgendeiner Sache gerade mal wieder fast die Zähne ausbeißt. Sie verliert andere nie aus dem Blick, ist dabei aber sehr bescheiden (ich finde oft zu bescheiden). Vor allem aber ist sie eine sehr gute Freundin mit offenen Ohren für Ernstes, die aber auch für fast jeden Blödsinn zu haben ist. Ich schätze mich sehr glücklich und bin sehr dankbar, sie als Kollegin, vor allem aber als Freundin um mich zu haben.

Wie beenden Sie Ihren Tag?

Oft Musik hörend und gerne nicht viel später als 22 Uhr.

Gibt es etwas, das Sie gern gefragt worden wären, aber noch nie gefragt worden sind?

Zumindest bin ich mir solcher Fragen nicht bewusst … Vielleicht meinen „all-time favorite song“ (die Antwort darauf könnte allerdings in Abhängigkeit von meiner Tagesverfassung variieren).

Zur Person

Dr. Constanze Rémi MSc ist Fachapothekerin für Klinische Pharmazie und seit 2002 in der Apotheke sowie seit 2004 auch in der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin am Klinikum der Universität München tätig. Seit 2021 leitet sie das dortige Kompetenzzentrum Palliativpharmazie mit Arzneimittelinformation Palliativmedizin und Zentralstelle Off-Label-Use. Ihren Master of Science für Palliative Care erhielt sie am King’s College in London. Neben der klinischen Arbeit als Stationsapothekerin beschäftigt sie sich mit der Arzneimitteltherapiesicherheit in der Palliativmedizin, z. B. im Zusammenhang von Off-Label-Use, Mischinfusionen und Deprescribing. Ein wichtiges Anliegen ist ihr, Fachkräfte im Gesundheitswesen durch einen einfachen Zugang zu validen Informationen in der guten und sicheren Patient:innenversorgung zu unterstützen, beispielsweise in Form der „Arzneimittelinformation Palliativmedizin“, die 2020 mit dem Preis für Patientensicherheit des Aktionsbündnis Patientensicherheit und 2022 mit dem Anerkennungs- und Förderpreis ambulante Palliativversorgung der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin ausgezeichnet wurde.



Publication History

Article published online:
02 May 2023

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