Zeitschrift für Phytotherapie 2008; 29(4): 178-180
DOI: 10.1055/s-0028-1086051
Praxis
Behandlungsprobleme
© Sonntag Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Wunden und stumpfe Traumen

Karin Kraft
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Publication Date:
27 August 2008 (online)

Wunden

Klinische Vorbemerkungen

Jede Verletzung führt zu einer Wunde, d.h. einem Gewebedefekt, der vom Organismus durch Vernarbung des Bindegewebes und Regeneration der Haut wieder verschlossen wird. Primäre Wundheilung: Wundheilung unter minimaler Bildung von Narbengewebe innerhalb weniger Tage. Voraussetzung ist ein fester Wundverschluss bei sauberen, gut durchbluteten Wunden. Sekundäre Wundheilung: Die Heilungsvorgänge laufen verzögert ab und sind sehr viel stärker ausgeprägt. Eine Keimbesiedelung ist die Regel. Wunden, die innerhalb von 8 Wochen keine Heilungstendenz zeigen, werden als chronische Wunden bezeichnet, z.B. Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris), diabetisches Fußgeschwür, Geschwür durch langes Liegen (Dekubitus).

Phytotherapeutische Maßnahmen

Alle pflanzlichen Drogen werden lokal angewendet, z.B. in Form von wässrigen Auszügen oder Salben. Dabei sind feuchte Umschläge zur Wundreinigung und Anregung der Heilung zu bevorzugen, bei Heilungstendenz kann dann auf die betreffende Salbe umgestellt werden, die an den Wundrändern dünn aufgetragen wird.

Kamillenblütenextrakte sind in allen Phasen der Wundheilung günstig. Bei stärkerer bakterieller Besiedelung ist der ölige Extrakt aus Ringelblumenblüten vorzuziehen. Kleine umschriebene Wunden heilen unter der Behandlung mit Johanniskrautöl rasch ab. Bei schmierig belegten Wunden mit schlechter Granulation und beginnender Lymphangitis werden auch Umschläge mit verdünnter Arnikatinktur empfohlen. Da der Inhaltsstoff Helenalin Kontaktallergien auslöst, sind die helenalinarmen Arnica-montana-Sorten spanischer Herkunft zu bevorzugen. Die Indikation zur Behandlung mit Arnika ist sehr sorgfältig zu stellen, die Anwendungszeit ist zu begrenzen. Positive Studienergebnisse fehlen bisher.

Der Frischpflanzensaft aus dem Kraut des Purpurroten Sonnenhutes enthält immunmodulierende Bestandteile, hier gibt es ebenfalls Zubereitungen zur lokalen Anwendung.

Stellenwert der Phytotherapie

Alle Möglichkeiten zur Therapie der Grundkrankheit sollten ausgeschöpft werden. Insbesondere sollten die Möglichkeiten der modernen Wundversorgung berücksichtigt werden. Pflanzliche Drogen sind als Begleittherapie zur Förderung der Wundheilung wegen ihrer Nebenwirkungsarmut gut einsetzbar.

Phytotherapeutika und Anwendungsmöglichkeiten Pflanzliche Drogen: Ringelblumenblüten (Calendulae flos), Kamillenblüten (Matricariae flos), Arnikablüten (Arnicae flos), Johanniskrautöl (Oleum hyperici). Die Farbe Gelb dominiert bei der Wundheilung: Kamille-, Ringelbumen- und Arnikablüten werden zunächst als Umschlag und bei Heilungstendenz als Salbe eingesetzt.

Wirkungen

Entzündungshemmend: Ringelblumen-, Kamillen-, Arnikablüten, Johanniskrautöl. Kamillenblüten enthalten ätherisches Öl mit den entzündungshemmenden Wirkstoffen Chamazulen und Bisabolol sowie reizmildernde Schleimstoffe. Bei Johanniskrautöl sind die entzündungshemmenden Inhaltsstoffe nicht bekannt.

Antimikrobiell, immunstimulierend: Ringelblumen-, Arnikablüten. Das wesentliche Wirkprinzip sind die Bitterstoffe, die stark entzündungshemmende und antimikrobielle (Bakterien und Pilze) Eigenschaften haben. Auch das ätherische Öl, das Thymol und Thymoläther enthält, wirkt antimikrobiell. Außerdem tritt eine Durchblutungsförderung und Schmerzlinderung ein. Die enthaltenen Polysaccharide stimulieren das Immunsystem. In Ringelblumenblüten sind außerdem noch wundheilungsfördernde Carotinoide nachgewiesen worden.

Immunstimulierend: Echinacea, Arnikablüten. Sie stimulieren die Immunabwehr durch Makrophagen und Granulozyten, unterstützen die Bildung von neuem Gewebe und verhindern die Ausbreitung einer Infektion.

Beachte: Die wirksamen Inhaltsstoffe von Kamillenblüten sind in ihrer Gesamtheit nur in alkoholischen Extrakten und entsprechenden Auszügen enthalten.

Kontraindikationen: Arnika, Ringelblumen, Kamille: Bekannte Allergie gegen Arnika und andere Korbblütler. Arnika nicht anwenden bei Kindern < 12 Jahren.

Beachte: Arnika nicht in die Augen bringen, nicht im Augenbereich auftragen. Bei arnikahaltigen Salben Kontakt mit Schleimhäuten und offenen Wunden vermeiden. Nach dem Auftragen von arnikahaltigen Zubereitungen Hände waschen.

Unerwünschte Wirkungen: Kamillenblüten: Kontaktallergien sind selten und zumeist auf Verfälschungen mit der arzneilich nicht wirksamen Hundskamille zurückzuführen.

Arnikablüten: Droge und Tinktur können bei längerer Einwirkungsdauer auf vorgeschädigter Haut ödematöse Entzündungen mit Bläschenbildung oder Ekzeme hervorrufen. In hohen Konzentrationen lösen helenalinhaltige Extrakte Kontaktekzeme aus. Arnikatinktur darf deshalb nicht in unverdünnter Form angewendet und auf offene Wunden aufgebracht werden. Arnikatinktur hat ein höheres Sensibilisierungspotenzial als Arnikasalbe.

Anwendung und Dosierung Umschläge: Tinctura calendulae mit Ringer-Lösung 1 :10 verdünnen. Kleine Wunden: Oleum hyperici 3 × tgl. direkt auftragen. Die pflanzlichen Drogen werden entsprechend den Rezepturen oder als Fertigarzneimittel mehrmals täglich lokal angewendet. Umschläge werden mit Leinentüchern, die mit dem Pflanzenauszug getränkt werden, 3 × tgl. für 1–2 h durchgeführt. Dabei ist der Umschlag nach 15–20 min zu wechseln, d.h. wenn er warm und trocken wird. Er darf nicht mit einer luftundurchlässigen Auflage abgedeckt werden. Die Angaben der Hersteller sind bei Fertigarzneimitteln zu beachten.

Stellenwert

Zur Förderung des Heilungsprozesses insbesondere bei sekundär heilenden oder chronischen Wunden gut geeignet. Klinische Studien liegen für Kamillenblüten-Extrakt und Echinacea vor. Ringelblumen-Extrakte sollen die Granulation besonders stark fördern.

Prof. Dr. med. Karin Kraft

Lehrstuhl für Naturheilkunde der Universität Rostock

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin

Ernst-Heydemann-Str. 6

18057 Rostock

Email: karin.kraft@med.uni-rostock.de

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