Ultraschall Med 2009; 30(2): 125-127
DOI: 10.1055/s-0028-1109334
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

CEUS aus radiologischer Sicht: Traum und Wirklichkeit

CEUS from a Radiological Standpoint: Dream and RealityG. Mostbeck1
  • 1Zentralröntgeninstitut Wilhelminenspital der Stadt Wien
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Publication Date:
01 April 2009 (online)

Es sind etwas mehr als 6 Monate vergangen, seit K. H. Seitz im Editorial von Ultraschall in der Medizin 05 / 2008 [1] eine ausgezeichnete Übersicht [2] und eine Multicenterstudie [3] zum Anlass genommen hat, aus seiner internistischen Sicht die „Realität des klinischen Alltags“ zu kritisieren, in der dem Kontrastmittel-Ultraschall (CEUS) nicht der Stellenwert zukommt, der aufgrund der wissenschaftlichen Fakten und Richtlinien der EFSUMB [4] [5] zu erwarten wäre. Der Anfang März 2009 zum 15. Mal in kontinuierlicher Reihe in Wien stattgefundene Europäische Röntgenkongress (ECR 09) der European Society of Radiology (ESR) (abstracts siehe: http://www.myesr.org/cms/website.php?id = /en/congress/ECR-2009.htm) ist unter anderem Anlass, den Stellenwert der CEUS aus radiologischer Sicht im lokalen Umfeld zu analysieren.

Wien beherbergt nicht nur seit 1991 den ECR, sondern ist auch die Stadt einer lokalen, nicht formalen „radiologischen Ultraschallschule“, die basierend auf ersten Erfahrungen in der Gynäkologie und Geburtshilfe sehr früh das Potenzial der Methode erkannte und Untersuchungstechnik und Ausbildung in der Radiologie etablierte und standardisierte [6]. Diese frühe „Prägung“ der Radiologie in Richtung Sonografie hat über viele Jahre dazu geführt, dass bis heute die Sonografie eine Standardmethode der intra- und extramuralen Radiologie darstellt. In den letzten Jahren verlagert sich US aber – sinnvollerweise – als „fachspezifische“ Sonografie in verschiedene medizinische Fächer und ist daher eine multidisziplinär angewendete Methode.

Im Jahr 2009 ist zweifelsfrei gesichert, dass der Einsatz der CEUS additiv zur Real-time- und Doppler-Sonografie in vielen Fragestellungen einen enormen Informationsgewinn bedeutet, das trifft auf die Leber-, Pankreas-, Milz-, Gefäß-, Weichteil-, Thorax- Neuro- und Traumadiagnostik zu [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28] [29] [30] [31] [32] [33] [34] [35] [36]. Auch der ökonomische Vorteil, im Vergleich zu Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MR), US-Kontrastmittel zur Abklärung von Leber- oder Nebennierenläsionen einzusetzen, ist durch Studien hinreichend belegt [35] [37] [38]. Auch beim diesjährigen Kongress der ESR wurden Arbeiten vorgestellt, die die Anwendung von CEUS, oft im Methodenvergleich mit CT und MR, zum Inhalt haben. Die Zahl der Abstracts, die sich mit US-Kontrastmittel beschäftigen, war im Vergleich zu CT- und MR-bezogenen Arbeiten massiv geringer – etwa 20 Abstracts bei insgesamt 1784 Abstracts aller Themen, wobei nur etwa 1 / 3 der eingegangenen Abstracts akzeptiert wurden. Das heißt: Einen quantitativ hohen Stellenwert im Rahmen der radiologischen Wissenschaft hat die CEUS im europäischen radiologischen Umfeld offenbar nicht. Einzelne Länder (z. B. Italien) sind Ausnahme zu dieser Regel.

Im intramuralen Bereich der kommunalen und privaten Krankenanstalten in Wien bietet sich bezüglich CEUS ein unterschiedliches Bild. Während in einzelnen Spitälern CEUS mit hoher Expertise und in ausreichender Quantität angeboten wird (Beispiel: Wilhelminenspital), so wird CEUS in anderen Krankenhäusern gar nicht oder nur marginal angewendet. Die Begründung für diese Unterschiede liegt hier oft in der gewachsenen Struktur. Oft hat die Expertise einzelner Personen (Radiolog/Innen, Internist/Innen) hier den Ausschlag gegeben, die als Kristallisationskeim für eine ganze Gruppe an CEUS Interessierter fungieren konnte. Wo diese Einzelinitiative in der Vergangenheit ausgeblieben ist, wird CEUS weder von radiologischer noch von internistischer oder chirurgischer Seite angeboten, wobei der Bedarf basierend auf den gesicherten Indikationen [5] auch in diesen Häusern ohne Zweifel vorhanden ist. Es ist anzunehmen, dass diese Indikationen überwiegend durch CT und MR abgedeckt werden. Als Vorstand eines Instituts für Radiologie muss man sich aber derzeit eher für einen hohen Verbrauch an US-Kontrastmittel rechtfertigen als für das Fehlen der Leistung CEUS im diagnostischen Angebot des Instituts.

Im extramuralen, niedergelassenen Bereich findet CEUS in Wien – wie in ganz Österreich – nicht statt (persönliche Mitteilung, Herr Leisser, Bracco Österreich GmbH). Im öst. Gesundheitswesen sind mehr als 98 % der Bevölkerung krankenversichert und die Leistung Sonografie wird für niedergelassene Fachärzte für Radiologie von der Wiener Gebietskrankenkasse (dem größten Versicherer in Wien) wie folgt refundiert (siehe: http://www.wgkk.at): US Leber, Gallenblase, Gallenwege: 7,84 € Honorar plus 11,78 € Unkosten = 19,62 € US Niere und Retroperitoneum 9,59 € plus 14,39 € = 23,98 €, und die Oberbauchsonografie (4 Organe) mit gesamt 36,24 €. Fachärzte für Innere Medizin mit der Befähigung zur Sonografie rechnen hier anders ab, die Sonografie des Abdomens (Oberbauch und Nieren) wird mit 58 Punkten zu derzeit 0,66 € refundiert, was 38,28 € entspricht. Das Kontrastmittel Sonovue® ist in Wien „chefarztpflichtig“, d. h. die Bezahlung durch die WGKK ist von einer positiven Genehmigung durch einen „Chefarzt“ (ärztliches Kontrollorgan) der Kasse abhängig. Das bedeutet administrativen Aufwand. Der FAP beträgt derzeit 65,– €.

Die Dauer einer nativen US-Untersuchung wurde rezent mit 14 min Kernarbeitszeit (dazu kommt Vor- und Nachbearbeitungszeit) ermittelt, die Dauer einer CEUS mit 22 min (exklusive der Zeit für Vor- und Nachbearbeitung) [39]. Alleine die Personalkosten wurden in dieser Studie aus Deutschland für eine stationäre Abdomensonografie mit 32,79 € ermittelt [39]. Vergleicht man diese Zahlen mit der Honorierung und dem Unkostenersatz sonografischer Leistungen im extramuralen Bereich in Wien, dann bleibt hier auch ökonomisch wenig Spielraum für additive, derzeit nicht honorierte Leistungen wie CEUS. Dies auch dann, wenn man Unterschiede der Untersuchungsdauer zwischen Krankenhaus und ambulantem Bereich berücksichtigt.

Es ist daher aus radiologischer Sicht notwendig, zusätzlich zu der von K. H. Seitz [1] gestellten Forderungen nach Förderung guter Wissenschaft auch weitere Aktivitäten zu setzen, um CEUS im Hinblick auf ihre hohe Treffsicherheit bei vielen Fragestellungen und die medizinischen (Strahlenbelastung CT, Vergleich der Nebenwirkungen von US, CT und MR- Kontrastmittel) und ökonomischen Vorteile gegenüber den alternativen Schnittbildverfahren CT und MR in Zukunft mehr einsetzen zu können. Das ist einerseits die Etablierung von CEUS in der Fort- und Weiterbildung (niemand kommt auf die Idee, CT und MR ausschließlich nativ durchzuführen, wenn KM indiziert ist). Aus pragmatischer Sicht sollte aber die Förderung von intramuralen Kompetenzzentren in Form von fachübergreifenden US-Zentren (mit der selbstverständlichen Kompetenz in CEUS) im Vordergrund stehen. Und besonders gilt es, die Kostenträger davon zu überzeugen, dass mit CEUS im niedergelassenen Bereich – nachgewiesene Kompetenz vorausgesetzt – eine auch ökonomisch sinnvolle Methode zur Verfügung steht, deren zusätzlicher Aufwand zur Nativ-Sonografie entsprechend zu honorieren und zu refundieren ist. Sonst wird CEUS weiter im klinischen Alltag nicht die Rolle spielen, die ihm in einer individualisierten, patientenbezogenen und ökonomiebedachten Medizin zukommen müsste und sollte.

Danksagung: Mein Dank gilt der Leiterin der Apotheke im Wilhelminenspital, Frau Mag. Monika Haslinger-Matzenauer, für die Unterstützung bei der Recherche zu diesem Editorial.

Literatur

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Prof. Dr. G. Mostbeck

Zentralröntgeninstitut, Wilhelminenspital

Montkartstraße 37

A-1160 Wien, Austria

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