Ultraschall Med 2009; 30(6): 525-527
DOI: 10.1055/s-0028-1109916
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Qualitätssicherung in der Ultraschalldiagnostik – wo stehen wir am Ende des Jahres 2009?

Quality Assurance in Ultrasound Diagnostics – Where are we at the End of 2009?E. Merz , A. Bätzel
  • 1Frauenklinik, Krankenhaus Nordwest
    ZVEI-Fachverband Elektromedizinische Technik
Further Information

Publication History

Publication Date:
07 December 2009 (online)

Zusammenfassung

Neuentwicklungen auf dem Ultraschallsektor haben innerhalb der letzten Jahre zu einer nicht geahnten High-Tech-Diagnostik in der Medizin geführt [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7]. Doch obwohl es sich um eine kostengünstige und strahlungsfreie Technik handelt, werden in vielen Fächern häufig kostenintensivere Techniken wie CT oder MRT angewandt. Sicherlich gibt es für solche Untersuchungstechniken klare Einsatzgebiete. In vielen Fällen, wie zum Beispiel bei gynäkologischen Tumoren im kleinen Becken, lassen sich die Befunde jedoch genauso gut, wenn nicht gar besser und deutlich günstiger mit der transvaginalen Sonografie abklären. Voraussetzung hierzu ist, dass es sich um einen qualifizierten Untersucher und ein aktuelles leistungsfähiges Ultraschallgerät mit einer entsprechenden diagnostischen Variationsbreite handelt.

Die Sicherung und Verbesserung der Qualität ärztlicher Ultraschalluntersuchungen [8] ist eine wichtige Voraussetzung für eine flächendeckende Patientenversorgung auf hohem Niveau. Aus diesem Grunde hat die DEGUM das bereits seit vielen Jahren in der Geburtshilfe bestehende 3-Stufenkonzept [9] auch in den anderen medizinischen Fächern eingeführt. Allerdings handelt es sich hierbei um einen strukturierten Qualifikationsnachweis auf freiwilliger Basis. Da aufgrund ökonomischer Zwänge innerhalb der letzten Monate immer mehr gut ausgebildete Ultraschalldiagnostiker von den Kliniken in Schwerpunktpraxen abgewandert sind, ist in vielen Kliniken ein Defizit an qualifizierten Ultraschallausbildern und -diagnostikern entstanden.

Eine Überprüfung der personengebundenen Ergebnisqualität von Ultraschalluntersuchungen in Klinik und Praxis gibt es in Deutschland derzeit nur im Rahmen des Ersttrimester-Screenings. Hierbei ist die weitere Benutzung des Risikokalkulationsprogramms PRC [10] zur Entdeckung von Chromosomenstörungen an eine ausreichende Bild- und Messqualität gebunden, die im Rahmen eines jährlich zu absolvierenden AUDIT-Verfahrens bestätigt werden muss.

Mit der Neufassung der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Ultraschalldiagnostik, die am 1.4.2009 in Kraft getreten ist [11], wollen die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) die Versorgung der über 70 Millionen GKV-Versicherten verbessern. Die Neufassung berücksichtigt medizinisch-technische Weiterentwicklungen und trägt zwischenzeitlichen Änderungen der Weiterbildungsordnung und des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs Rechnung. Doch gilt diese Vereinbarung nur für die vertragsärztliche Tätigkeit und nicht für Klinikärzte ohne vertragsärztliche Bindung.

Neben der Qualität des Untersuchers spielt natürlich auch die Qualität des Ultraschallgeräts eine elementare Rolle. Da die Ultraschalluntersuchung in der Klinik bislang im Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) noch nicht abgebildet ist, sehen viele Kliniken keinen oder nur einen nachrangigen Grund, in neue Geräte zu investieren. Auch in Praxen kommen teilweise noch Geräte zum Einsatz, die nach heutigen Gesichtspunkten nicht mehr den modernen Anforderungen gerecht werden. Wirtschaftliche Zwänge werden wegen kurzfristiger Betrachtungen häufig als Grund gegen eine Neuanschaffung angegeben. Doch dies wird sich mit der Neufassung der Qualitätssicherungs-Richtlinien der KBV [11] ändern. Diese berücksichtigt Regelungen zur fachlichen Qualifikation des Arztes und zur apparativen Ausstattung. Künftig ist für alle Ultraschallgeräte, die in der vertragsärztlichen Versorgung eingesetzt werden sollen, eine Abnahmeprüfung vorgesehen. Zudem werden die Geräte alle 4 Jahre einer technischen Konstanzprüfung bezüglich der Bildqualität unterzogen. Ebenfalls neu sind einheitliche Basisanforderungen an die ärztliche Dokumentation und deren regelmäßige Überprüfung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen.

Aufgrund dieser neuen Anforderungen wird mancher Arzt mit der Neuanschaffung eines Ultraschallgeräts konfrontiert werden. Da auf dem Markt Ultraschallsysteme mit unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten und Qualitätsansprüchen angeboten werden, stellt sich die Frage, welches Gerät mit welcher Konfiguration für den jeweiligen Anwendungszweck aus medizinischer und wirtschaftlicher Sicht das richtige ist? Nicht immer ist das teuerste Ultraschallsystem das beste für die jeweilige Anwendung. Umgekehrt kann auch ein günstiges System ebenso falsch sein, weil es bestimmten Anforderungen nicht oder nicht mit der gewünschten Qualität nachkommt. Somit ist es wichtig, dass die Vertriebs- und Applikationsmitarbeiter der Hersteller derart ausgebildet sind, dass sie sich bei einer geplanten Neuanschaffung eines Geräts auch des geforderten Anwendungsspektrums des jeweiligen Untersuchers bewusst sind. Zugleich wird ein neues Ultraschallgerät dem Untersucher nur dann von tatsächlichem Nutzen sein, wenn er ausreichend über das Leistungsspektrum des Geräts informiert ist und er das Potenzial des Geräts voll ausschöpfen kann. Deshalb ist bei der Investition in ein neues Ultraschallsystem nicht nur die Produktqualität entscheidend, sondern auch die Qualität der Beratung.

Aus diesen Überlegungen heraus haben sich die führenden Ultraschallgerätehersteller unter dem Dach des Zentralverbands Elektro- und Elektronik-Industrie (ZVEI) und die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) in der „Qualitätsoffensive Ultraschall” [12] zusammengeschlossen, um eine fundierte Ausbildung für eine professionelle Geräteberatung durch Vertriebs- und Applikationsmitarbeiter der jeweiligen Anbieter sicherzustellen. Diese Beratungskompetenz sichert zudem die Konformität der beschafften Ausstattung mit den anwendungsabhängigen Apparaterichtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und verhindert damit Fehlinvestitionen.

Grundlage für eine professionelle Geräteberatung ist somit eine systematische Fortbildung und das Wissen um die Bedürfnisse der Ärzte. Vertriebs- und Applikationsmitarbeiter von ZVEI-Unternehmen, die an der Qualitätsoffensive teilnehmen, müssen deshalb eine besondere Ausbildung bei der DEGUM absolvieren. Neben einer theoretischen und einer physikalischen Grundausbildung müssen die Teilnehmer auch einen praktischen Teil in Form einer 6-wöchigen Hospitation bei niedergelassenen Ärzten oder in einer Klinik durchlaufen. Erfahrenere Mitarbeiter können Teile der Ausbildung auch durch Bürgschaften von DEGUM-Seminarleitern ersetzen. Erst nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung dürfen die Teilnehmer das Qualitätssiegel der Initiative nutzen.

Die DEGUM führt im Rahmen der Qualitätsoffensive die theoretische Grundausbildung in verschiedenen Fächern durch und prüft die Teilnehmer. Diese Kurse finden in ganz Deutschland statt, sodass eine Teilnahme für die Mitarbeiter der Hersteller mit geringem Zeitaufwand möglich ist. Die Teilnahme ist gratis, zumal für diese Kurse in der Regel zu Demonstrationszwecken Leihgeräte von Herstellern zur Verfügung gestellt werden. Der ZVEI-Fachverband bestätigt den Teilnehmern die Vollständigkeit der Ausbildungsbestandteile und vergibt das Zertifikat. Die Mitglieder der Qualitätsoffensive verpflichten sich mit der Teilnahme an der Initiative, nicht nur qualitativ hochwertige Ultraschallsysteme auf den Markt zu bringen, sondern auch eine Beratungsqualität bei ihren Mitarbeitern sicherzustellen – Qualität im Sinne des Anwenders. Der Qualitätsoffensive gehören auf Seiten des ZVEI derzeit die Unternehmen Aloka, Esaote, GE Healthcare, Hitachi Medical Systems, Philips Healthcare, Shimadzu, Siemens Healthcare, Sonoace, Sonosite und Toshiba Medical Systems an. Eine Reihe von Mitarbeitern verschiedener Hersteller hat das Zertifikat bereits erworben, andere befinden sich noch in der Ausbildungsphase.

Aber auch an anderen Stellen wird gemeinsam für Qualität im Ultraschall gearbeitet: so ist die Expertise vom ZVEI und der DEGUM in die von der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) im Frühjahr veröffentlichten Geräterichtlinien mit den apparativen Anforderungen bei den Ultraschalluntersuchungen eingeflossen.

Auch in Zukunft wird sich die DEGUM in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern um eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung auf dem Ultraschallsektor kümmern. Nur wenn klare strukturelle Voraussetzungen in der Aus- und Weiterbildung wie auch in der Evaluation gegeben sind, kann mit einer Verbesserung der Prozess- und Ergebnisqualität gerechnet werden.

E. Merz

A. Bätzel

Literatur

  • 1 Ricci P, Cantisani V, Ballesio L. et al . Benign and Malignant Breast Lesions: Efficacy of Real Time Contrast-Enhanced Ultrasound vs. Magnetic Resonance Imaging.  Ultraschall in Med. 2007;  28 57-62
  • 2 Herbay von A, Haeussinger D, Gregor M. et al . Characterization and detection of hepatocellular carcinoma (HCC): comparison of the ultrasound contrast agents SonoVue (BR 1) and Levovist (SH U 508A).  Ultraschall in Med. 2007;  28 168-175
  • 3 Weismann C, Hergan K. Aktueller Stand der 3D-/ 4D-Volumensonografie der Mamma.  Ultraschall in Med. 2007;  28 273-282
  • 4 Schenck M, Jaeger T, Boergermann C. et al . Dynamische transrektale Ultraschalluntersuchung (dTRUS): Eine neue Methode zur Beurteilung der Anastomoseninsuffizienz nach radikaler Prostatektomie (RRP).  Ultraschall in Med. 2007;  28 489-492
  • 5 Finkenzeller T, Tacke J, Clevert D A. et al . Quantifizierung von extrakraniellen A. carotis interna (ACI) Stenosen mittels Gefäßultraschall mit FKDS und B-Flow im Vergleich zur 64-Zeilen-Multidetektor-CTA, der MRA und DSA.  Ultraschall in Med. 2008;  29 294-301
  • 6 Oldenburg A, Albrecht T. Sonografische Leberdiagnostik bei Tumorpatienten ohne und mit Kontrastmittel.  Ultraschall in Med. 2008;  29 488-498
  • 7 Jaeger K A. Ultraschall hat die Gefäßmedizin grundlegend verändert.  Ultraschall in Med. 2008;  29 600-603
  • 8 Chaoui R, Heling K, Mielke G. et al . Qualitätsanforderungen der DEGUM zur Durchführung der fetalen Echokardiografie.  Ultraschall in Med. 2008;  29 197-200
  • 9 Hansmann M. Nachweis und Ausschluß fetaler Entwicklungsstörungen mittels Ultraschallscreening und gezielter Untersuchung – ein Mehrstufenkonzept.  Ultraschall in Med. 1981;  2 206-220
  • 10 Merz E, Thode C, Alkier A. et al . A New Approach to Calculating the Risk of Chromosomal Abnormalities with First-Trimester Screening Data.  Ultraschall in Med. 2008;  29 639-645
  • 11 Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 SGB V zur Ultraschalldiagnostik (Ultraschall-Vereinbarung) vom 31. Oktober 2008, gültig seit 1. April 2009. 
  • 12 www.qualitaetsoffensive-ultraschall.de

Prof. Dr. E. Merz

Past-Präsident der DEGUM, Vorsitzender der Fetal Medicine Foundation Deutschland, Chefarzt der Frauenklinik, Krankenhaus Nordwest

Steinbacher Hohl 2 – 26

60488 Frankfurt/Main

Phone: ++ 49/69/76 01 35 79

Fax: ++ 49/69/76 01 36 13

Email: emerz@mail.uni-mainz.de

    >