Dtsch Med Wochenschr 1952; 77(7): 198-201
DOI: 10.1055/s-0028-1115913
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zur zervikalen Migräne

W. Geiger
  • Neurologischen Abteilung des Allg. Krankenhauses Heidberg Hamburg-Langenhorn (Chefarzt: Prof. G. Döring)
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Publication Date:
22 April 2009 (online)

Zusammenfassung

Während der Jahre 1949 bis 1951 hatten wir Gelegenheit, 16 Kranke mit dem durch Röntgenbefund gesicherten Syndrom einer zervikalen Migräne zu beobachten. Das Krankheitsbild ist erstmalig 1925 von Barré beschrieben worden; eine deutschsprachige Monographie erschien 1949 unter dem Titel „Migraine cervicale” von Bärtschi-Rochaix.

Die klinische Symptomatik ist durch die Kombination von anfallsweise auftretenden halbseitigen, mit Parästhesien einhergehenden Kopfschmerzen, Schwindelerscheinungen, Hör- und Sehstörungen sowie einer auffäligen Steifhaltung und Druckempfindlichkeit der Halswirbelsäule, gelegentlich auch radikulären Mißempfindungen und Ausfällen, gekennzeichnet. In allen Fällen ist eine Osteochondrose der HWS nachzuweisen, die zu hyperostotischen Vorgängen besonders im Bereich der uncovertebralen Junktionen führt.

Hierdurch werden die den Canalis vertebralis (For. costo-transversaria) durchziehenden vaskulären und nervösen Elemente affiziert. Die wegen der Starre der For. costo-transversaria besonders der Ausweichmöglichkeit ermangelnden Gebilde sind die A. vertebralis und der N. vertebralis, deren Reizung für die „Fernsymptome” der z.M. verantwortlich gemacht wird.

Die Diagnose der z.M. verlangt den eindeutigen Röntgenbefund spondylotisch-hyperostotischer Veränderungen an den Processus uncinati, der auch weitgehend zur differentialdiagnostischen Abgrenzung heranzuziehen ist. Formes frustes sind häufiger als Vollbilder; ihre Feststellung fordert zu einer besonders kritischen Zurückhaltung auf.

Der Verlauf ist durch jahrelange Dauer, aber auch meistens gute Prognose charakterisiert. Bei Schädel-Hals-Traumen treten die ersten Erscheinungen durchschnittlich drei bis neun Monate nach dem Unfall ein. Nichttraumatische Osteochondrosen haben gleichen Ablauf, der schließlich zur Degeneration und zur gleichzeitigen Beschwerdeminderung bzw. -freiheit führt.

Die Therapie muß versuchen, den ursächlichen osteochondrotischen Prozeß zu beeinflussen. Sie wird mittels physikalischer Maßnahmen, paravertebraler Anästhesie, orthopädischer Vorrichtungen (Glissonschlinge) nicht immer zum Ziele kommen. Dann treten operative Methoden, wie Resektion der hyperostotischen Gebiete oder auch des N. vertebralis, in ihr Recht.

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