Dtsch Med Wochenschr 1952; 77(49): 1527-1534
DOI: 10.1055/s-0028-1117289
Therapie

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die Behandlung der tuberkulösen Meningitis mit hohen Dosen von Isonikotinsäurehydrazid

A. M. Walter, F. Schmid, L. Heilmeyer
  • Medizinischen Universitätsklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. L. Heilmeyer)
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Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Ausführlich wird über die bisherigen Erfahrungen mit der INH-Therapie bei insgesamt 8 Patienten mit tuberkulöser Meningitis berichtet. Obwohl die Behandlung der Patienten noch nicht beendet ist und somit kein Bericht über eine Nachbeobachtungszeit möglich ist, halten wir diese vorlaufige Mitteilung für gerechtfertigt, um einen Beitrag zur möglichst raschen Klärung einer optimalen Therapie der tuberkulösen Meningitis mit INH bzw. einer Kombinationstherapie zu geben. Wahrend der Wert eines Tuberkulostatikums bei den übrigen Tuberkuloseformen nur nach ausreichender Vorbeobachtungszeit, bei reichhaltigem Patientengut und sorgfältiger statistischer Beurteilung möglich ist, stellt die tuberkulöse Meningitis vor allem bei gleichzeitig bestehender allgemeiner Miliartuberkulose ein Krankheitsbild dar, das ohne Behandlung mit einem spezifisch wirkenden Heilmittel in kurzer Zeit unaufhaltsam zum Tode des Patienten führt. Damit ist die Bewertung eines Tuberkulostatikums als Mittel der Krise auch bei geringem Patientengut gestattet.

Unsere vorläufigen Beobachtungen ergaben:

1. INH hatsich bisher bei der Behandlung der tuberkulösen Meningitis, besonders auch bei der prognostisch ungünstigen Miliartuberkulose mit Meningitis allein sowie in einem Fall in Kombination mit Streptomycin + PAS sehr bewährt. Sehr eindrucksvoll war die günstige Beeinflussung von Patienten, die monatelang ohne deutlichen Erfolg mit Streptomycin + PAS vorbehandelt waren (Fall 6, 7, 8). Wir haben, seit uns INH zur Verfügung stand, keinen Patienten mit einer tuberkulösen Meningitis mehr verloren. In der Aufstellung sind alle Patienten, die seit dem 1. 3. 1952 wegen tuberkulöser Meningitis in unserer Klinik eingeliefert wurden, aufgeführt.

2. Neben der für Patienten angenehmeren Darreichungsart sehen wir als wesentliche Vorzüge einer INH-Therapie an:

a) Rasche Besserung des Allgemeinbefindens und Klärung des Bewußtseins, beträchtliche Gewichtszunahme, relativ schnell einsetzende günstige Beeinflussung des Krankheitsbildes und damit eine Verminderung der Gefahr eines überganges in eine chronische Meningitisform;

b) relativ geringe Toxizität, vor allem keine irreversiblen Cochlearis- und Vestibularisschädigungen, gute Verträglichkeit. Die Möglichkeit der Vermeidung der hochdosierten PAS-Infusionen, die für den Patienten eine erhebliche Belastung bedeuten, hohe Anforderungen an das Personal stellen und die nicht ohne Nebenerscheinungen sind (völlige Appetitlosigkeit, mit einer bis zur Entstellung führenden Abmagerung, Thrombophlebitiden, vereinzelt schwere allergische Nebenerscheinungen).

Eingehend wurden noch offenstehende Probleme und Fragen der Therapie der tuberkulösen Meningitis mit INH besprochen, die noch dringend einer Klärung bedürfen und die nur bei sorgfältigen Vergleichsbeobachtungen und nach Austausch der Erfahrungen anderer Kliniken geklärt werden können.

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