Dtsch Med Wochenschr 1950; 75(22): 735-738
DOI: 10.1055/s-0028-1117984
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Kurare, ein bedeutender Fortschritt in der Narkose1

J. Maurath
  • Todtmoos i. Schw., Grenzheilstätte Wehrawald (Thoraxchir. Krankenhaus)
1 Herrn Prof. Dr. E. Rehn zum 70. Geburtstag.
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Publication Date:
14 May 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Kurare erzeugt eine ausgezeichnete Erschlaffung bzw. Lähmung der quergestreiften Muskulatur und bedeutet einen großen Fortschritt in der Narkose.

2. Kurare hat am Menschen ohne Narkose keinen ungünstigen Einfluß auf den Kreislauf. Der Blutdruck bleibt konstant oder sinkt etwas ab. Der periphere Widerstand steigt an (periphere Vasokonstriktion).

3. In Narkose führt Kurare nicht zu solch starken Veränderungen der Hämodynamik, wie wenn die notwendige Erschlaffung der Muskulatur durch hohe Dosen Narkotikum erzielt werden muß. Die Atemfrequenz nimmt stärker zu als am wachen Menschen. Die Pulsfrequenz nimmt regelmäßig ab.

4. Unter Kurare genügt eine sehr oberflächliche Narkose (II bis III, 1 nach Killian). Damit bleiben Kreislaufreflexe und Vasomotorenzentrum voll intakt.

5. Die Lähmung der Atemmuskulatur führt im Stadium asphyktikum zu einer starken Blutdrucksteigerung, Zunahme von Schlag- und Minutenvolumen und starker Überbeanspruchung des Herzens.

6. Unter der Wirkung von Kurare spricht der Kreislauf mit und ohne Narkose auf Kreislaufmittel typisch an.

7. Bei Verwendung von Kurare kann und muß die Narkose oberflächlich gehalten werden, daß der Kreislauf in seinen Regulationsmechanismen funktionsfähig bleibt. Dadurch wird der größte Nachteil einer Allgemeinnarkose vermieden.

8. Prostigmin hebt die Wirkung von Kurare innerhalb weniger Sekunden auf. Am Kreislauf bedingt es eine Rückkehr der hämodynamischen Werte in Richtung Ausgangslage. Durch die Tonisierung der Muskulatur fördert es den venösen Rückfluß.

9. Bei der Verwendung von Kurare soll die Narkose möglichst im geschlossenen System durchgeführt werden.

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