PiD - Psychotherapie im Dialog 2009; 10(1): 79-84
DOI: 10.1055/s-0028-1119654
DialogBooks

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Oliver  Kugele
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Publication Date:
13 March 2009 (online)

Aus der Sicht der Fachleute

Groß, D., Neuschaefer-Rube, Ch., Steinmetzer, J. (Hrsg.). Transsexualität und Intersexualität. Medizinische, ethische, soziale und juristische Aspekte.
Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2008.
ISBN-13: 978-3-939069-55-3; 232 Seiten, 15 Abbildungen, € 29,95.

Der Band geht auf eine interdisziplinäre Tagung des Universitätsklinikums Aachen aus dem Jahre 2007 zurück, die im Rahmen des Projekts „Medizinethische Aspekte in der Behandlung Transsexueller” stattfand. Inhaltlich gliedert sich das Buch entsprechend der Schwerpunktsetzungen in die Gebiete Gesellschaft, Recht und Medizin.

Diskutiert wird aus philosophisch-ethischer Sicht, inwieweit transsexuelle bzw. intersexuelle Menschen in der Gesellschaft akzeptiert bzw. toleriert oder Opfer von Stigmatisierungen und Diskriminierung werden. Besondere Beachtung findet hierbei die Analyse medialer Berichterstattungen. Aber auch dem Umgang mit minderjährigen Intersexuellen wird aus medizinisch-ethischer Sicht besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Aus juristischer Perspektive wird der Reformbedarf des 1980 verabschiedeten deutschen Transsexuellengesetzes herausgearbeitet, der sich nicht zuletzt angesichts der Harmonisierungstendenzen innerhalb der Europäischen Union und vor allem, um die Rechte der betroffenen Menschen weiter zu stärken, ergibt. Im dritten, dem medizinischen Teil, werden zunächst gutachterliche Beurteilungskriterien für geschlechtsangleichende Maßnahmen erläutert und mögliche Konzepte der hormonellen Transformationstherapie sowie verschiedene Methoden der operativen Geschlechtsanpassung vorgestellt. Ein Schwerpunkt des Bandes bildet das Kapitel „Transsexualität und Stimmbehandlung”. Chancen und Grenzen bei der Anpassung eines der wichtigsten sekundären Geschlechtsmerkmale, der Stimme, werden durch Beiträge von Phonochirurgen und Logopäden erörtert und mögliche Indikationsstellungen formuliert.

Das Buch richtet sich in erster Linie an Psychiater, Psychologen, Kinder- und Jugendpsychiater, Juristen, Stimmtherapeuten und Phonochirurgen.

Groß, D., Müller, S., Steinmetzer, J. (Hrsg.). Normal-anders-krank? Akzeptanz, Stigmatisierung und Pathologisierung im Kontext der Medizin.
Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2008.
ISBN-13: 978-3-939069-28-7; 483 Seiten, 21 Abbildungen, € 39,95.

Was ist „normal”, was „anders”, was „krank”? Der zweite Band der Reihe „Humandiskurs” untersucht in vielfältigen Beiträgen, inwieweit die Medizin über gesellschaftliche Akzeptanz, Pathologisierung und Ausgrenzung von Individuen bzw. bestimmten Minderheiten und die von ihnen gewählten Lebensentwürfe bestimmt.

Die Bandbreite der in diesem Buch behandelten konkreten Beispiele von Andersartigkeit und Krankheit sind vielfältig und reichen von Homosexualität, Transsexualität und Intersexualität über Stigmatisierungsprozesse bei Essstörungen, Amputationswünsche bei Body Integrity Identity Disorder über Zwangsbehandlungen im Bereich Psychochirurgie bis hin zu den Themenbereichen der Hochbegabung und Inselbegabung sowie Behinderungen, um nur einige zu nennen.

Dem Themenkomplex Transsexualität und Intersexualität sind drei Kapitel gewidmet: Im ersten Beitrag wird der gesellschaftliche und juristische Umgang mit transsexuellen Menschen in Belgien und anderen Staaten der EU analysiert. Dabei wird deutlich, wie unterschiedlich sich die rechtlichen Grundlagen, die medizinischen Standards sowie die gesellschaftlichen Reaktionen auf das Phänomen Transsexualität darstellen, obwohl alle untersuchten Staaten der europäischen Rechtssprechung unterliegen. Aus phoniatrischer Perspektive wird der Versuch unternommen, für den Bereich der Stimmarbeit herauszuarbeiten, inwieweit durch logopädische Interventionen Transsexuelle darin unterstützt werden können, auf ihre Geschlechtsdarstellung unmittelbar Einfluss nehmen zu können und dadurch im Idealfall auch die gesellschaftliche Akzeptanz ihrer Selbstdarstellung zu erhöhen. Der dritte Beitrag beschreibt die Situation intersexueller Menschen. Die Autorin zeigt auf, dass die körperliche und psychische Integrität intersexueller Kinder sowohl durch die medizinischen Behandlungsmaßnahmen als auch durch gesellschaftliche Normvorstellungen extrem gefährdet ist. Anhand jüngerer Artikel im Deutschen Ärzteblatt macht sie deutlich, dass – entgegen dem sich abzeichnenden Paradigmenwechsel – der breiten Ärzteschaft noch heute „das Bild eines absoluten Imperativs zum operativen Eingriff in den Körper intersexueller Kinder” vermittelt wird, welcher einer Anpassung an die gesellschaftliche Normvorstellung von eindeutig definierter Geschlechtszugehörigkeit folgt und häufig Traumatisierungen der betroffenen Kinder und psychische Belastungen für deren Eltern zur Folge hat.

Auswahlbibliografien zu medizinischen und soziokulturellen Publikationen runden ein spannendes Werk ab, welches aus historischer, wissenschaftstheoretischer und ethischer Sicht auf die soziale Verantwortung der Medizin und deren Vertreter hinweist.

Das Buch gleicht einem Plädoyer für einen achtsameren Umgang innerhalb der Medizin mit vermeintlich „andersartigen” oder sich „anders” verhaltenden / erlebenden Menschen, für mehr Sensibilität und Reflexion des Risikos von Stigmatisierungen und Diskriminierungen dieser Menschen im Kontext der Medizin sowie für eine Zurückhaltung im Hinblick auf eine Pathologisierung besonderer Phänomene.

Rauchfleisch, U. Transsexualität – Transidentität. Begutachtung, Begleitung, Therapie.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2006.
ISBN-10: 3-525-46260-7; 155 Seiten, € 19,90.

Während der vergangenen vier Jahrzehnte hat der klinische Psychologe und in eigener Praxis tätige Psychoanalytiker transsexuelle Frauen und Männer psychiatrisch-psychologisch mit dem Ziel begutachtet, die Indikation zu hormonellen und chirurgischen Maßnahmen auf dem von diesen Menschen angestrebten Weg einer Angleichung an das Gegengeschlecht abzuklären, und sie vor, während und nach der hormonellen und chirurgischen Behandlung therapeutisch begleitet. Er stellt fest, dass es zum einen keine einheitliche „transsexuelle Persönlichkeit” gibt, und zum anderen Transsexualität keine krankheitswertige psychische Störung darstellt, sondern das ganze Spektrum von psychischer Gesundheit bis Krankheit umfasst – wie bei allen anderen Menschen auch. Er verwendet deshalb den nichtpathologischen Begriff „Transidentität”.

Der Autor diskutiert Fragen der Begutachtung und der therapeutischen Begleitung. Die Klärung der psychischen und sozialen Situation, die Planung und Begleitung im Coming-out-Prozess, die Klärung der familiären Beziehungen sowie die Auseinandersetzung mit der neuen Rolle und den Zukunftserwartungen stellen dabei die zentralen Schwerpunkte während des psychotherapeutischen Prozesses dar. Ferner wird die Bedeutung von Selbsthilfegruppen hervorgehoben, die für viele transidente Menschen eine wichtige begleitende Funktion erfüllen.

Rauchfleisch klärt fachlich fundiert und als erfahrener Gesprächspartner von Transsexuellen über das Phänomen Transidentität auf. Das ansprechende und in sehr eingängigem Sprachstil geschriebene Buch soll sowohl Fachleute als auch an dieser Thematik Interessierte und Angehörige ebenso wie Transsexuelle selbst dazu anregen, sich kritisch und unvoreingenommen mit der Thematik auseinanderzusetzen.

Stalla, G. K. Therapieleitfaden Transsexualität.
Bremen: Uni-Med, 2006.
ISBN-10: 3-89599-888-5; 168 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen und Zeichnungen, € 44,80.

Der Therapieleitfaden bietet durch Beiträge von Experten aus den Fachrichtungen Jura, Psychotherapie, Endokrinologie, Chirurgie, Urologie und Dermatologie einen Überblick über den derzeitigen Wissensstand im Hinblick auf das Phänomen Transsexualität und die Behandlung transsexueller Menschen.

Der erste Teil stellt geschichtliche und epidemiologische Aspekte dar und fasst aktuelle Erkenntnisse über die Entwicklung normaler und abweichender Geschlechtsidentität sowie Nosologie, Symptomatik und Verlauf von Geschlechtsidentitätsstörungen zusammen. Der zweite Teil des Buches fokussiert auf die Grundzüge des Transsexuellengesetzes sowie die Kostenübernahmepflicht der Krankenkassen, wobei insbesondere auf aus den juristischen Rahmenbedingungen für die Betroffenen entstehende Probleme eingegangen wird.

Welche Bedeutung die Psychotherapie in der Behandlung Transsexueller einnimmt, wird in Beiträgen deutlich, die sich unter anderem mit sozialen Problemen der Betroffenen während der Pubertät, des Coming-out in der Familie und am Arbeitsplatz oder in der Phase des Geschlechtsrollenwechsels nach der Anpassung der Betroffenen an ihre neue Lebenswirklichkeit infolge einer Vornamens- oder Personenstandsänderung beschäftigen. Hervorhebenswert ist ein Beitrag aus der Praxis, welcher Besonderheiten in der Beziehungsgestaltung transsexueller Paare bis hin zu paartherapeutischen Gesichtspunkten bei der Begleitung von Trennungsverläufen in den Mittelpunkt stellt.

Möglichkeiten und Grenzen der hormonellen Therapie und der gesamte Bereich der angleichenden chirurgischen Therapie inklusive Stimmhöhenveränderungen und dermatologischer Maßnahmen bilden weitere Themenschwerpunkte.

Langzeitbeobachtungen und Erfahrungsberichte runden einen Therapieleitfaden ab, der wohl das derzeit wichtigste akademische Einstiegswerk für das Fachpublikum und Betroffene darstellt. Durch seine gute Gliederung, die ansprechende Layoutgestaltung und eine gute Veranschaulichung besonders der Beiträge zu den Operationstechniken durch zahlreiche Farbtafeln bietet das Buch auch Laien, die über einen medizinischen Grundwortschatz verfügen, eine gut verständliche und höchst interessante Lektüre.

Fröhling, U. Leben zwischen den Geschlechtern. Intersexualität – Erfahrungen in einem Tabubereich.
Berlin: Links, 2003.
ISBN-10: 3-86153-290-5; 240 Seiten, € 14,90.

Es gibt viele unterschiedliche Formen der Intersexualität: Beispielsweise gibt es Menschen, die prototypisch weiblich aussehen, ihnen fehlen aber Eierstöcke und Gebärmutter, anderen wächst während der Pubertät ein Penis. Bei manchen Jungen hat der Penis eine so befremdende Form, dass Fachleute empfehlen, das Geschlechtsteil operativ zu einer Scheide umformen zu lassen. Noch bis vor Jahren galt es als lege artis, Kinder mit „sexuellen Anomalien” möglichst frühzeitig zu operieren – meist zu einer „Frau”, da eine solche Operation vergleichsweise einfacher durchzuführen ist. Es wurde den Eltern empfohlen, die Operation zu verheimlichen und die Kinder entsprechend als Mädchen in der für sie vorgesehenen typischen Geschlechterrolle zu erziehen und zu sozialisieren. Derartige operative Eingriffe führten oft zu großen persönlichen Dramen für die Betroffenen, da man sich über deren spätere geschlechtliche Identität keine Gedanken machte und keine Vorstellungen bezüglich der psychischen Folgen für diese Menschen hatte.

In bewundernswert offener, wertschätzender Haltung und durch ihre sensible Art der Gesprächsführung ist es der Autorin gelungen, die (Leidens-)Geschichte intersexueller Kinder und Erwachsener, ihrer Eltern, ihrer Partnerinnen und Partnern kennenzulernen und Tabus zu durchbrechen. Ressourcenorientiert und mit einer großen Achtung gegenüber den Schicksalen der Betroffenen berichtet sie über deren erlittene Traumata, innerpsychische Konflikte und durch gesellschaftliche Unkenntnis, Hilflosigkeit und Intoleranz provozierte Auseinandersetzungen mit ihrem Umfeld, aber auch von Wegen, über die viele der Betroffenen gelernt haben, mit ihrer Intersexualität zu leben.

In leicht verständlicher Form werden biologische Ursachen und physiologische Zusammenhänge im Hinblick auf die Entstehung intersexueller Besonderheiten beschrieben und Abgrenzungen zur Transsexualität erarbeitet. Interviews mit einer Sexualwissenschaftlerin, Psychologischen Psychotherapeuten und Fachärzten für Kinderheilkunde und Endokrinologie zeigen aktuelle Entwicklungen in der medizinischen Behandlung intersexueller Menschen und psychotherapeutischer Interventionsmöglichkeiten auf. Dabei wird auch deutlich, dass dem Thema Geschlechtsidentität im Rahmen der Psychotherapieausbildung bislang leider kaum Bedeutung beigemessen wird. Ein Glossar mit kurzen Beschreibungen wichtiger Fachbegriffe ermöglicht ein rasches Nachschlagen.

Das erste in Deutschland erschienene Sachbuch zum Thema Intersexualität vermittelt sowohl Fachleuten als auch Betroffenen oder deren Bezugspersonen eine umfassende Orientierung und Verständnis über das „dritte Geschlecht”.

Vetter, B. Sexualität: Störungen, Abweichungen, Transsexualität.
Stuttgart: Schattauer, 2007.
ISBN-13: 978-3-7945-2463-1; 338 Seiten, zahlreiche Abbildungen, € 36,95.

Nicht nur Fachleuten, sondern auch interessierten Laien und Betroffenen eine systematische Darstellung aller sexueller Funktions-, Präferenz- und Geschlechtsidentitätsstörungen zu vermitteln, ist Ziel der renommierten Autorin.

Vetter untersucht neben der normalen Sexualität und deren Störungen vor allem die Abweichungen, über die bislang kaum wissenschaftliche Veröffentlichungen existieren. Als erfahrene Sexualtherapeutin mit Ausbildungen in tiefenpsychologisch fundierter, katathym-imaginativer, Verhaltens-, Gesprächs- und Hypnotherapie steht sie allen Bereichen der normalen und abnormen Vielfalt des Themas mit einer hohen Akzeptanz gegenüber. Sie zeigt mit beeindruckender Gründlichkeit und systematischer Ordnung geschichtliche und theoretische Hintergründe sowie unterschiedliche Ansätze in der psychotherapeutischen und somatischen Behandlung von sexuellen Störungen im weitesten Sinne auf. Dabei sind die vorgestellten Therapiemöglichkeiten, sowohl im Hinblick auf körperliche Eingriffe, medikamentöse Maßnahmen als auch auf tiefenpsychologische und verhaltenstherapeutische Ansätze sehr sorgsam gegeneinander abgewogen.

Im Grundlagenteil werden die körperliche und seelische Geschlechtsentwicklung, anatomische und physiologische Zusammenhänge, der sexuelle Reaktionszyklus sowie Varianten und Praktiken ungestörter Sexualität (sexuelle Fantasien, Masturbation bzw. Onanie, Homo-, Bi- und Asexualität) vor- und die Auswirkungen körperlicher, pharmakologischer und psychischer Einflussfaktoren auf die Sexualität dargestellt.

Im klinischen Teil des Buches geht Vetter neben Behandlungsmöglichkeiten sexueller Funktionsstörungen auch ausführlich auf Paraphilien und differenziert auf die Beurteilung von pädophilen Straftätern ein. Ein 50-seitiges Kapitel zum Thema Transsexualität ermöglicht einen fundierten Überblick zu Terminologie, Definition und Klassifikation, ätiologischen Aspekten, Symptomatik, Besonderheiten bei transsexuellen Männern und Frauen, Geschlechtsidentitätsstörungen im Kindesalter, Behandlung Transsexueller unter besonderer Berücksichtigung der Stufen des diagnostisch-therapeutischen Vorgehens sowie zu juristischen Aspekten. Ein „kleines Glossar sexueller Abweichungen” im Anhang macht ein rasches Nachschlagen klärungsbedürftiger Begriffe und so ein rasches Weiterlesen möglich.

Es gelingt Vetter in hervorragender Weise, den „State of the Art” unter Berücksichtigung der Diagnosesysteme IDC-10 und DSM-IV wiederzugeben, und gleichzeitig auch für medizinisch nur wenig Vorgebildete leicht nachvollziehbar, sehr übersichtlich gegliedert und in gut verständlicher Sprache eine breite Leserschaft (Betroffene, Ärzte, Psychologen, Kriminologen, Sozialarbeiter, religiöse Seelsorger u. a.) anzusprechen.

Beier, K. M., Bosinski, H., Loewit, K. Sexualmedizin. Grundlagen und Praxis.
München: Urban & Fischer, 2005.
ISBN-13: 978-3-4372-2850-6; 888 Seiten, 171 Abbildungen, 61 Tabellen, € 79,95.

Ein umfangreiches Nachschlagewerk zu allen sexualmedizinischen Fragen. Nach dem großen Erfolg der ersten Auflage wurden in der zweiten die Themenbereiche Pharmakotherapie von sexuellen Funktionsstörungen, Begutachtung von Sexualstraftätern, sexuelle Präferenz- und Verhaltensstörungen, Sexualität und Partnerschaft bei chronischen Erkrankungen, Infertilität und Sterilität, Sexualität und geistige Behinderung, HIV/AIDS und sexuell übertragbare Erkrankungen, testpsychologische Untersuchungsverfahren und für die Sexualmedizin relevante rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz erweitert. Neu mitaufgenommen wurden Beiträge zu neurobiologischen Erkenntnissen über das menschliche Sexualverhalten, Prostitution sowie ein Kapitel zu der in unserer virtualisierten Computerwelt bedeutsamer werdenden Verbindung zwischen Sexualität und Internet.

Den beiden Schwerpunkten dieses PiD-Heftes, Intersex-Syndrome und Transsexualität, werden je eigene Kapitel gewidmet, welche den aktuellen Forschungsstand zusammenfassen und daraus folgende mögliche Behandlungsalternativen kritisch diskutieren.

Eine zentrale Bedeutung wird der in dieser Auflage erstmals vorgestellten sog. „syndyastischen Sexualtherapie” beigemessen. Das syndyastische Prinzip der Sexualität, „nämlich über sexuellen Körperkontakt als Form der Kommunikation psychosoziale Grundbedürfnisse erfüllen zu können”, ist der rationale Hintergrund der „syndyastischen Sexualtherapie”. Die Autoren stellen damit die Wichtigkeit einer bio-psycho-sozialen Perspektive und der Paarorientierung in der Sexualmedizin in den Mittelpunkt von Diagnostik und Behandlung – eine Entwicklung, die aus psychologisch-psychotherapeutischer Sicht sehr erfreulich ist. Ob damit allerdings eine wirklich neue Therapieform beschrieben wird, sei dahingestellt; die relevanten Konzepte sind seit Jahren bewährten systemisch-verhaltenstherapeutischen Ansätzen und Grundprinzipien in der Behandlung von Sexualstörungen entlehnt.

Viele Gesprächsprotokolle und gut gewählte Fallbeispiele gewährleisten einen engen Praxisbezug der interdisziplinären Beiträge. Eine Fotoserie zu endokrinologischen, physiologischen und neurologischen Aspekten der Sexualität, zu intersexuellen Genitalbefunden, operativen Verfahren bei Transsexualität und Geschlechtskrankheiten vervollständigt neben Praxisleitlinien und Auszügen aus relevanten Gesetzestexten ein umfassendes und fundiertes Lehrbuch.

Es richtet sich in erster Linie an Ärzte, kann aber all jenen in der klinischen Praxis Tätigen empfohlen werden, die mit von Sexualstörungen betroffenen Menschen arbeiten.

Sigusch, V. (Hrsg.). Sexuelle Störungen und ihre Behandlung.
Stuttgart: Thieme, 2007.
ISBN-10: 3-13-103944-2; 390 Seiten, 5 Abbildungen, 54 Tabellen, € 79,95.

Das seit Jahren als Standardwerk geltende Buch, das 2006 in der vierten Auflage erschienen ist, bietet in 29 Artikeln dem Leser eine Einführung rund um das Thema menschliche Sexualität, welche sich hauptsächlich auf der Grundlage psychoanalytischer Ansätze erschließt.

Ein großes Anliegen des Herausgebers ist es, Sexualität als menschliche Erlebnismöglichkeit zu begreifen, die einer Entwicklung unterliegt, abhängig vom individuellen Erleben betrachtet werden sollte und störanfällig ist. Sexualität ist nach Sigusch somit nicht isoliert, sondern im Zusammenhang des kulturellen Wandels von Geschlechtlichkeit, Sexualität und Liebe zu betrachten.

Die Bandbreite der Themen reicht von der allgemeinen sexuellen Entwicklung über sexuelle Symptome und Störungen, körperliche Erkrankungen und Sexualität, sexuelle Perversionen, sexuellen Missbrauch, Gewalt und Delinquenz sowie medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten hin zu Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung in Sexualmedizin und Sexualtherapie. Neu aufgenommen wurde das Kapitel „Probleme der intersexuellen Entwicklung”, welches neben den beiden Kapiteln „Geschlechtsidentitätsstörungen im Kindes- und Jugendalter” und „Transsexuelle Entwicklungen” den Themenbereich sexueller Identitäten ergänzt.

Leider erschweren ein wenig ansprechendes Layout und eine meist sehr anspruchsvolle sprachliche Gestaltung das Lesen, wenngleich zahlreiche Fallbeispiele einen konkreten Praxisbezug herzustellen erleichtern. Eine Darstellung klarer therapeutischer Richtlinien, von Forschungsergebnissen zur Validität der beschriebenen Konzepte einerseits sowie zu Erfolgen der diskutierten Behandlungsmöglichkeiten andererseits hätten das Buch noch bereichert.

Buddeberg, C. Sexualberatung. Eine Einführung für Ärzte, Psychotherapeuten und Familienberater.
Stuttgart: Thieme, 2005.
ISBN-10: 3-13-136574-9; 190 Seiten, 6 Abbildungen, 14 Tabellen, € 29,95.

Seine langjährigen Erfahrungen in der Sexualmedizin und eigene sexuelle Norm- und Wertvorstellungen prägen das inzwischen in dritter Auflage vorliegende Buch, welches Buddeberg erstmals vor 20 Jahren veröffentlichte. Er wendet sich an ÄrztInnen, PsychotherapeutInnen und BeraterInnen, die in ihrer Tätigkeit mit sexuellen Fragen und Schwierigkeiten konfrontiert sind, und gibt ihnen praktische Anleitungen zu einer erfolgreichen Sexualberatung.

Das Buch gliedert sich in drei Teile: Ein erster vermittelt bio-psycho-soziale Grundlagen der Sexualität und führt immer wieder auftretende Hemmungen und Schwierigkeiten, welche die Behandelnden wie die zu Behandelnden beim Sprechen über sexuelle Fragen oft empfinden, ein. Die Frage, was Sexualität denn eigentlich sei, steht neben der nach Kriterien der Einteilung und Ursachen sexueller Störungen im Mittelpunkt. Im zweiten Teil liegt der Fokus auf methodischen Fragen der Sexualberatung. Dabei werden sprachliche Besonderheiten und Techniken der Gesprächsführung, insbesondere auch im Hinblick auf die Durchführung und Gestaltung von Paargesprächen, anhand von kommentierten Gesprächsausschnitten sehr praxisnah und leicht verständlich dargestellt und Wege beispielsweise im Umgang mit Widerständen im Beratungsgespräch aufgezeigt. Die Praxis der Sexualberatung bildet den dritten Buchteil. Orientiert an der psychosexuellen Entwicklung in den einzelnen Lebensphasen werden typische sexuelle Schwierigkeiten ausgeführt, für deren Behandlung sich eine Sexualberatung anbietet. Besprochen werden dabei sexuelle Funktionsstörungen im engeren Sinne, Fragen der Sexualaufklärung und Empfängnisverhütung bis hin zu außerehelichen sexuellen Beziehungen oder sexuellen Problemen körperlich Kranker oder Behinderter.

Alle Kapitel bauen auf einer klar gegliederten Grundstruktur auf und ermöglichen den LeserInnen eine anschauliche Wissensvermittlung, welche durch die sehr gut gewählten Praxisbeispiele, Abbildungen und Gesprächsausschnitte eine rasche Integration in die praktische Arbeit gestattet.

Im Hinblick auf den Themenschwerpunkt dieses PiD-Heftes ist es allerdings enttäuschend, festzustellen, dass nicht einmal im Stichwortverzeichnis die Begriffe „Transsexualität”, „Geschlechtsidentität” oder „Intersexualität” zu finden sind. Für eine eventuell vorgesehene vierte Auflage wäre es empfehlenswert, auch solche Fragestellungen mitaufzunehmen, wegen derer transidentische oder intersexuelle Menschen Beratung suchen.

Dipl.-Psych. Oliver Kugele

ParkKlinik Bad Bergzabern, Rehabilitationszentrum für Psychosomatik und Verhaltensmedizin

Kurtalstraße 83–85

76887 Bad Bergzabern

Email: o.kugele@gmx.de

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