Dtsch Med Wochenschr 1931; 57(50): 2103-2104
DOI: 10.1055/s-0028-1124878
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber Entziehungskuren mit Pernokton

W. Scharpff mitleitendem Arzt an der Kuranstalt
  • Aus dem Sanatorium für Innere und Nervenkrankheiten Schloß Hornegg am Neckar. (Leitender Arzt: Geh. Hofrat Dr. L. Roemheld.)
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Publication Date:
06 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Entziehung von Morphin oder anderen Opiaten im Pernoktonschlaf ist unseres Erachtens ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Therapie. Der Pernoktonschlaf hinterläßt, in der hier beschriebenen Weise durchgeführt, keinerlei nachteilige Folgeerscheinungen. Der Kranke verschläft die ersten 6—10 Tage fast vollständig und ist trotzdem in der Lage, in dieser Zeit reichlich Nahrung zu sich zu nehmen. Er kommt auf diese Weise leicht über die für ihn sonst so unangenehme, oft sogar unerträgliche Zeit hinweg. Die sofortige und vollständige Absetzung des Mittels, wie sie von der Mehrzahl der Autoren heute gefordert wird, läßt sich so ohne Schwierigkeit durchführen. Für die Zeit des Pernoktonschlafes besteht eine weitgehende Amnesie. Die Pernoktonkur läßt sich in jeder offenen Anstalt unter geeigneter persönlicher Pflege, die wir für unbedingt notwendig halten, durchführen. Nach Beendigung der Kur hat in allen Fällen der Wunsch nach dem vorher genommenen Opiumpräparat aufgehört. Da die Pernoktonkur nur kurz dauert, so wird nicht viel Zeit für die anschließende, unbedingt notwendige psychische Behandlung verloren. Psychopathen, die zur Ueberwindung ihrer Unlustgefühle usw. zu einem Opiumpräparat gegriffen haben, bedürfen einer eingehenden Psychotherapie, ehe sie entlassen werden können. Aber auch solche Kranke, die sich infolge von körperlichen Schmerzen oder nach einer Operation usw. an das Mittel gewöhnt haben, sollten nach der Pernoktonkur mehrere Wochen in Behandlung bleiben. Auch bei diesen Kranken tritt meist einige Tage nach Absetzen des Pernoktons ein Verstimmungszustand ein, der durch geeignete Psychotherapie, vor allem durch Zuspruch in autoritativsuggestiver Weise, leicht behoben werden kann.

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