Dtsch Med Wochenschr 1910; 36(24): 1125-1129
DOI: 10.1055/s-0028-1142852
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber einige weitere Fälle von Heterochromia iridum

Anton Lutz - I. Assistenzarzt der Klinik
  • Aus der Universitäts-Augenklinik in Zürich. (Direktor: Prof. Dr. O. Haab.)
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Publication Date:
01 October 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Die Heter öchromia iridum ist eine seltene Erscheinung. Sie findet sich in 0,2% unseres Patientenmateriales.

2. Sie stellt eine Entwicklungsstörung dar und kann auf drei Arten entstehen:

a) das eine Auge bleibt schon in den ersten Tagen nach der Geburt in der Pigmentation zurück,

b) das eine Auge bleibt erst in den späteren Jahren (5. bis 15.) in der Pigmentation zurück,

c) das eine Auge verliert nachträglich an Pigment.

3. Zur Erklärung ihrer Entstehung ist in erster Linie die Vererbung der elterlichen Augenfarben heranzuziehen; es muß jedoch eine weitere Störung (vielleicht eine anormale embryonale Gefäßentwicklung) angenommen werden, einmal zur Erklärung des Verlustes der Korrelation der Augenfarben und dann auch zur Erklärung der auffallenden Häufigkeit der Erkrankungen des helleren Auges.

4. Solche heterochrome Augen zeigen Komplikationen. Diese sondern sich in atypische oder zufällige, wie z. B. Kolo bome, die sich deshalb auch in jedem der beiden Augen finden können, und typische, die sich stets auf der Seite des helleren Auges finden. Vielleicht ist zu diesen letzteren die Sympathicus-parese zu zählen, die sich in etwa der Hälfte der Fälle findet, der jedoch keine praktische Bedeutung zukommt; sicher ist die Cyclitis, die sich in mindestens der Hälfte der Fälle findet, eine typische Komplikation.

5. Diese Cyclitis zeigt eine gewisse Eigenartigkeit: Sie ist äußerst chronisch, erstreckt sich mindestens über Jahre und zeichnet sich aus durch das Fehlen jeglicher Injektion, durch die strenge Einseitigkeit, die Feinheit der Beschläge, die Rarefizierung des Pupillarsaumes, den Mangel an Synechien, die häufige Kataraktbildung, die schwere therapeutische Beeinflussung und die günstige Heilungsprognose bei Kataraktoperation. Sie beginnt frühestens zu Anfang des zweiten Dezenniums, meist erst gegen Ende desselben und macht die Hauptbeschwerden im dritten und vierten Dezennium. Sie besitzt keine bestimmte Beziehungen zu Geschlecht, Beruf oder Allgemeinerkrankung.

6. Verschiedene Momente sprechen gegen ein Entstehen von Heterochromie und Cyclitis aus gemeinsamer Ursache. Die Cyclitis entwickelt sich nur auf dem Boden des mangelhaft pigmentierten Auges. Infolge der Entwicklungsstörung neigt das Auge eher zu einer Erkrankung, seine Widerstandskraft wird im Kampfe mit den äußeren Schädigungen früher aufgebraucht.

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