Dtsch Med Wochenschr 1910; 36(39): 1810-1812
DOI: 10.1055/s-0028-1143091
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ein Fall von Pankreaserkrankung

 Selbach - Spezialarzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten in Barmen
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Publication Date:
01 October 2009 (online)

Zusammenfassung

Ueberblicken wir zum Schluß noch einmal den Gesamtverlauf der Krankheit und die Resultate der vorgenommenen Untersuchungen, so liegt in unserem Falle zweifellos eine chronische Erkrankung des Pankreas vor. Die Steatorrhoe, ebenso wie die Ausscheidung von unverdauten Muskelfasern und von Kohlehydraten könnte auch an eine Erkrankung des Dünndarms denken lassen, ferner wäre wegen des Fettstuhles Amyloid des Darmes und Tabes meseraica auszuschließen. Eine neben der Pankreaserkrankung bestehende Dünndarmaffektion halte ich für wahrscheinlich und möchte annehmen, daß die bestehende Diarrhoe ein Zeichen dieser Affektion ist, da bei unkomplizierten Pankreaserkrankungen im Gegenteil bei massigen Stühlen eher Obstipation zu bestehen pflegt. Schleim wurde allerdings im Stuhl auch mikroskopisch nicht gefunden, was ja aber selbst bei einem Katarrh des Dünndarmes kein unbedingtes Postulat ist, da derselbe bis zum Austritt aus dem After verdaut sein kann. Gegen Amyloid spricht, daß keine Ursache für eine solche Erkrankung in Form einer Eiterung oder Tuberkulose bei unserem Kranken nachweisbar, ferner daß die Milz nicht palpabel, der Urin eiweißfrei war. Auch für die Annahme einer Tabes meseraica liegt kein nachweisbarer Grund vor. Deshalb neige ich dazu, neben der Pankreaserkrankung eine infolge der Anazidität entstandene gastrogene Diarrhoe anzunehmen, zumal mir der behandelnde Arzt mitteilte, daß nach Salzsäuremedikation ein günstiger Einfluß auf die Durchfälle unverkennbar gewesen sei, oder aber eine Atrophie der Darmschleimhaut.

Als Grund für chronische interstitielle Pankreatitiden — ein Tumor des Pankreas ist wohl bei der langen Dauer des Leidens auszuschließen, außerdem nicht palpabel — werden unter anderem chronische Entzündungen in der Nachbarschaft wie Cholecystitis, auch Duodenalgeschwüre angegeben. Letztere dürften dann wohl in unserem Falle der Grund des Pankreasleidens gewesen sein.

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