Dtsch Med Wochenschr 1910; 36(46): 2134-2137
DOI: 10.1055/s-0028-1143211
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber Krampfanfälle nach orthopädischen Operationen

A. Codivilla in Bologna
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Publication Date:
22 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Die nach orthopädischen Eingriffen sich einstellenden und in der Regel eine überaus schwere Komplikation bildenden Konvulsionsanfälle sind nicht, wie Schanz will, auf Fettembolie zurückzuführen. Vielmehr verdanken dieselben einer Ueberspannung der die Extremitätenwurzel umgebenden Weichteile ihren Ursprung. Vermutlich auf reflektorischem Wege versetzt die anhaltende Spannung das Zentralnervensystem in einen eigentümlichen Zustand, der zum Ausbruch des epileptischen Anfalles führt. Von Dr. V. Neri durchgeführte Versuche würden uns dahin leiten, in der permanenten Spannung des N. ischiadicus die Hauptursache des genannten Zustandes zu erblicken. Nervös belastete, ganz speziell jedoch epileptische und zur Epilepsie prädisponierte Individuen werden von dieser unangenehmen Komplikation besonders bevorzugt. Ist die von Schanz angeführte pathogenetische Begründung hinfällig, so ist selbstverständlich auch die von ihm befolgte Behandlung (Hypo-dermoklysis, Phleboklysis) irrationell; es sei denn, daß man die angebliche Wirksamkeit derselben auf anderem Wege erklären kann. Ein Mittel, das sich nach meiner persönlichen Erfahrung ausgezeichnet bewährt hat, ist die unverzügliche Behebung der Spannung bzw. der die Spannung verursachenden Stellung. Bei Epileptikern, bei notorisch nervös belasteten Individuen und überhaupt bei Leuten, welche dem ärztlichen Blick ihren nervösen Habitus verraten, halte ich es für geboten, eine intensive Bromkur präliminär vorzunehmen und bei unvermeidlicher Anspannung der Weichteile behutsam und graduell vorzugehen.

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