Dtsch Med Wochenschr 1927; 53(14): 565-566
DOI: 10.1055/s-0028-1145139
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Monozytenanginen mit letalem Ausgang

 Haken
  • Aus der Inneren Abteilung des Städtischen Hubertus-Krankenhauses in Berlin-Lichtenberg. (Direktor: Prof. v. Hoesslin.)
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Publication Date:
19 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Die vorliegenden 3 Fälle, deren Blutbilder in einwandfreier, eine artefizielle Monozytose ausschließender Technik gewonnen wurden, gehören demnach zur Gruppe der sogenannten Monozytenanginen im Sinne von W. Schultz und E. Baader, Was sie von den bisher Beschriebenen auszeichnet, ist die Jugend der Patientinnen, die außerordentliche Schwere der ganzen klinischen Erscheinungen, der letale Ausgang. Die Krankheitsdauer schwankte zwischen 3 und 15 Tagen. Bei allen Kindern bot sich das Bild einer sehr schweren, nekrotisierenden Angina mit zunächst auffallend dicken und sulzigen, mißfarbenen Belägen, sowie septischen Allgemeinerscheinungen, zweimal mit Schleimhautblutungen. In allen 3 Fällen war die Milz vergrößert, in 2 eine Schwellung aller oberflächlichen Lymphknoten nachweisbar. Im ersten Fall wechselte die Bakterienflora von der anfänglichen Diphtherie nach der typischen Fusospirillose hinüber, eine Erscheinung, die man bei fortlaufenden täglichen Frisch- und Kulturuntersuchungen bei Anginen und Diphtherien gelegentlich beobachten kann.

Im wiederholten Tonsillarabstrich des zweiten Kindes konnten lediglich Staphylokokken festgestellt werden, während bei der dritten Patientin zunächst eine ausgesprochene Rachen- und Nasendiphtherie vorlag. Die schon im ersten Abstrich gefundenen spärlichen hämolytischen Streptokokken haben später wohl infolge Versagens der Abwehr des Organismus zur gleichartigen Sepsis geführt, nachdem die Diphtherie bereits abgeheilt war. Einmal war das Blut steril, einmal wurde keine Aussaat gemacht.

Die Monozyten der Blutausstriche waren einwandfrei gegen andere Agranulozyten abgrenzbar, verteilten sich regellos auf rundkernige und Uebergangsformen in den verschiedenen Altersstufen und verhielten sich gegenüber der Oxydasereaktion durchgehend negativ. Die maximale relative Monozytenzahl der einzelnen Fälle bewegte sich zwischen 25 und 32%, die absolute zwischen 5250 und 11520 im Kubikmillimeter. Bei dem Fall 3 hielten sie sich trotz des allerschwersten septischen Zustandes noch bis zum Exitus mit 5% (absolut: 2300 im Kubikmillimeter gegen 3360 am Anfang der klinischen Beobachtung). Die Sektionsbefunde lassen keinerlei das Krankheitsbild der Monozytenangina klärende Schlüsse zu. Im ersten Fall muß allerdings eine ungenügende Auswertung des histologischen Befundes zugegeben werden. Auch für die Genese der Monozyten aus den Sinusendothelien der Milz, wie sie V. Schilling z. B. bei Endocarditis ulcerosa nachweisen konnte, bzw. aus dem Retikuloendothel der Organe (Schittenhelm, Ehrhardt, Cunningham u. a.), ließen sich ganz zweifelsfreie Befunde nicht erheben, obwohl in den zwei letzten Fällen am Rande der Milzsinus vereinzelte, den Monozyten ähnliche, oxydasenegative Zellen zu sehen waren.

Einmal fanden sich in der Milzpulpa auffallend viele eosinophilgekörnte Polymorphkernige. In den Lymphknoten der Fälle 2 und 3 waren Monozyten überhaupt nicht auffindbar.

Irgendwelche bindenden, die Aetiologie betreffenden Schlüsse aus dem geringen, bisher sezierten und untersuchten Material von Monozytenanginen zu ziehen, erscheint verfrüht.

Beachtenswert ist jedenfalls, daß das klinisch und hämatologisch im Wesentlichen gleichartige Bild der 3 Monozytenanginen hier je einmal mit typischer Fusospirillose, Kokkenangina und Nasen- und Rachendiphtherie mit Streptokokkensepsis einherging, sodaß uns die Spezifizität eines mutmaßlichen Erregers höchst zweifelhaft erscheint.

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