Dtsch Med Wochenschr 1912; 38(19): 890-894
DOI: 10.1055/s-0029-1189492
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber Antigene zur Wa.R.

Ein Beitrag zur Biologie der LipoideFritz Munk
  • Aus der II. Medizinischen Klinik der Charité in Berlin. (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Kraus.)
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Publication Date:
22 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Bei den alkoholischen Extrakten zur Wa.R. kommt das Ausgangsmaterial nur nebensächlich in Frage. Alle alkoholischen Extrakte, sowohl die aus syphilitischen Lebern wie die aus normalen Organen, selbst solche aus Kartoffeln (also tierische und pflanzliche Lipoide) geben annähernd dieselben Resultate bei der Wa.R. Ein prinzipieller Wesensunterschied besteht zwischen den alkoholischen Organextrakten nicht. Es gibt keine für die Wa.R. chemisch „chacharakteristischen” Lipoide.

Auch mit alkoholischer Schellacklösung läßt sich in wäßriger Verdünnung eine Wa.R. erzielen.

Während der chemische Charakter der wirksamen Substanzen bei der Wa.R. mit den sogenannten unspezifischen Antigenen eine untergeordnete Rolle spielt, ist der kolloide Zustand der Substanzen bei der Reaktion Bedingung.

Diese Tatsachen berechtigen zu der Annahme, daß auch bei der Wa.R. mit spezifischem Antigen molekulär-physikalische Vorgänge stattfinden, umsomehr als auch hier, wie bei den offenbar ebenfalls physikalisch-chemischen Vorgängen der Bakterio- oder der Hämolyse, das Komplement gebunden wird. Der physikalische Vorgang stellt bei der spezifischen Wa.R. wohl die zweite Phase dar, zu der das Antigen erst durch eine spezifische Phase der Wechselwirkung mit den Antikörpern des Serums (die sogenannte phase d'impression nach Bordet) vorbereitet werden muß, denn von allen wäßrigen Extrakten, aus normalen sowie aus den verschiedenster Art pathologisch veränderten Organen, geben, wie wir sehen, nur solche Extrakte eine Wa.R. mit Syphilitikerserum, welche Spirochäten enthalten, sei es die Spirochaeta pallida (Extrakt aus syphilitischer Leber) oder die ihr verwandten Rekurrensspirochäten (Extrakt aus den Lebern von Rekurrenzmäusen).

Nach diesen Beobachtungen darf man vermuten, daß auch der syphilitische Immunisationsvorgang im Organismus selbst molekularphysikalische Veränderungen der Körpersäfte in Folge haben wird, die, wie einige bekannten Eigenschaften des Syphilitikerserums (vermehrte Euglobulinfraktion, verminderte Stabilität = Klausnersche Reaktion) andeuten, wohl im Sinne einer vermehrten Oberflächenspannung zu deuten sein dürften.

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