Dtsch Med Wochenschr 1914; 40(12): 596-598
DOI: 10.1055/s-0029-1190277
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die klinische Bewertung der Bakterientypen bei Nasendiphtherie der Säuglinge1)

Wilhelm Buttermilch - Oberarzt
  • Aus dem Gemeinde-Säuglings-Krankenhaus in Berlin-Weißensee. (Direktor: Dr. Julius Ritter.)
1) Vortrag, gehalt. i. d. Pädiatr. Sekt. d. Vereins f. Inn. M. u. Kindhlk. am 8. XII. 1913. (Diskussion s. S. 307.)
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Publication Date:
26 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Differenzierung der echten Diphtheriebazillen von den Diphtheroiden bzw. avirulenten ist für die Säuglingskliniken von großer Bedeutung. Gerade die avirulenten und atypischen Formen machen bei den Untersuchungen des Nasensekrets der Säuglinge häufig außerordentliche Schwierigkeiten. Die Anschauung Neissers, daß der geschulte Bakteriologe selten auf zweifelhafte Befunde stößt, trifft sicher für das typische Material zu. Beim Nasensekret aber bieten selbst die Institute, die über die größte Uebung und Erfahrung verfügen, untereinander widersprechende Resultate. Deshalb lassen sich Statistiken über die Häufigkeit des Vorkommens von Diphtheriebazillen in Säuglingskliniken einwandfrei nur dann aufstellen, wenn alle Hilfsmittel bis zur Tierkontrolle zur Differenzierung der echten von den Pseudodiphtheriebazillen und von den avirulenten Stämmen durchgeführt sind.

Im Säuglingskrankenhaus, in dem unter 65 Kindern 3 Fälle von echter Nasendiphtherie, 2 Fälle von Bazillenträgern mit virulenten, 5 Fälle von Bazillenträgern mit avirulenten Bazillen und Diphtheroiden festgestellt wurden, werden von den Befunden die Isolierung und die weiteren hygienischen Maßnahmen abhängig gemacht. Die echten Nasendiphtherien mit vollvirulenten Bazillen werden auf die Baracke gelegt, ebenso werden die Kinder, die ohne klinischen Befund virulente Diphtheriebazillen tragen bzw. ausscheiden, abgesondert. Die Bazillenträger von avirulenten Bazillen oder Diphtheroiden werden auf die Station gelegt; hat sich doch bisher weder bakteriologisch eine Unizüchtung der avirulenten in virulente, oder umgekehrt, erzielen lassen, noch spricht die klinische Erfahrung für einen solchen Uebergang. Die Beobachtung, daß Diphtheroide neben echten virulenten Bazillen sowie in der Rekonvaleszenz von Diphtherie so oft gefunden werden, findet ihre Erklärung in dem an und für sich häufigen Vorkommen von avirulenten und Pseudodiphtheriebazillen auf gesunder, namentlich aber auch erkrankter Nasenschleimhaut (Rhinitis simplex, luetica, Ozaena). Von großem Wert ist die Untersuchung des Haus- und Pflegepersonals und der Aerzte.

Schutzimpfungen werden nur bei den Kindern vorgenommen, die auf Diphtherietoxin eine positive Intrakutanreaktion zeigen, also genügend Schutzkörper in ihrem Serum haben.

Die Untersuchungen über die Verwertung der Intrakutanreaktion bzw. des Antitoxingehaltes des Blutes zu diagnostischen Zwecken sind noch zu keinem Abschluß gelangt.

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