Dtsch Med Wochenschr 1914; 40(15): 755-759
DOI: 10.1055/s-0029-1190330
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber familiäre Syphilis, zugleich ein Beitrag zur Keratitis parenchymatosa1)

Fritz Lesser, Paul Carsten
  • Aus dem Serologischen Laboratorium der vorm. Lassarschen Klinik und Prof. Carstens Kinderaugenheilanstalt in Berlin
1) Vortrag, geh. i. d. Pädiatr. Sekt. d. V. f. Inn. M. u. Kindhlk. am 9. II. 1914 (Lesser).
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Publication Date:
30 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Keratitis parenchymatosa ist wohl ausschließlich syphilitischer Natur; Tuberkulose begünstigt nicht einmal die Entstehung einer Keratitis parenchymatosa bei hereditär-syphilitischen Kindern. Antisyphilitische Kuren wirken unsicher, das Ergriffenwerden des anderen Auges wird fast nie verhütet.

Die klinisch gesunden Mütter syphilitischer Neugeborener geben fast stets positive Wa. R., die Immunität dieser sog. Collesschen Mütter ist durch ihre latente Syphilis zu erklären. Ob die Mütter direkt vom Vater infiziert werden oder von der a patre syphilitischen Frucht (= spermatische Infektion der Frucht), ist zurzeit unentschieden. Es werden doppelt soviel syphilitische Kinder geboren, als sich in den ersten Lebensjahren klinisch als syphilitisch offenbaren. Die in 50 % latente Syphilis der Neugeborenen verdient Berücksichtigung bei der Ammenfrage. Nicht die Intensität der kindlichen Lues, sondern die Häufigkeit der Uebertragung nimmt ab proportional der Reihenfolge der Geburten (i. e. proportional dem Alter der mütterlichen Syphilis). Mütter mit positiver Wa.R. gebären häufig noch 6—12 Jahre nach der Infektion syphilitische Kinder, weshalb Patientinnen mit positiver Wa.R. im Hinblick auf die Nachkommenschaft der Ehekonsens zu versagen ist. Die positive Wa.R. der Väter scheint weniger verhängnisvoll für die Nachkommenschaft zu sein.

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