Der Klinikarzt 2009; 38(2): 61
DOI: 10.1055/s-0029-1214173
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Stabilität der Wahl einer Behandlung am Lebensende – Lebenserhaltende Therapie um jeden Preis?

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Publication Date:
26 February 2009 (online)

Hintergrund: M. N. Wittink untersuchten, wie stabil die Bevorzugung einer lebenserhaltenden Therapie über 3 Jahre war, und ob das Nachlassen der physischen und mentalen Funktionen eine Änderung der bevorzugten Therapie nach sich zieht.

Methoden: Für die longitudinale Kohortenstudie beantworteten 818 Ärzte (mittleres Alter: 69 Jahre) der Johns–Hopkins Precursors–Study (in die Studie wurden zwischen 1946 und 1964 alle Medizinstudenten an der Johns Hopkins University aufgenommen) im Jahr 1999 und 2002 einen Fragebogen. Unter der Hypothese, dass sie an einem Hirnschaden litten, der es ihnen unmöglich macht, verständlich zu sprechen oder Menschen zu erkennen, sollten die Ärzte entscheiden, welche von 3 Behandlungsoptionen (eine maximal aggressive, eine mittlere oder eine minimal aggressive Behandlung) sie für verschiedene Möglichkeiten (kardiopulmonale Reanimation, Beatmung, intravenöse Flüssigkeitsgabe, Ernährungssonde, größere Operation, Dialyse, Chemotherapie bei Krebs, invasive Diagnostik, Blut– oder Blutproduktgabe, Antibiotikagabe) bevorzugen würden.

Ergebnisse: Obwohl die Bevorzugung der 3 Behandlungsoptionen zur lebensverlängernden Behandlung über die 3 Jahre stabil blieb, wechselten bestimmte Ärzte im Lauf der Zeit die Behandlungsoption. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ärzte die gleiche Behandlungsoption nach 3 Jahren wieder wählten, lagen bei 0,41 für „maximal aggressiv”, 0,5 für „mittel” und 0,81 für „minimal aggressiv”. Ärzte, die keine Patientenverfügung hatten, tendierten nach 3 Jahren eher dazu, zur maximal aggressiven Therapie zu wechseln als zur minimal aggressiven Therapie. Das Alter zu Beginn der Befragung und Abnahme der physischen und mentalen Gesundheit spielten keine Rolle.

Fazit: Die Autoren folgern, dass eine regelmäßige Neubewertung der Behandlungsoption für Patienten, die eine aggressive Behandlung am Lebensende bevorzugen oder keine Patientenverfügung besitzen, am bedenklichsten sind.

hosa

Quelle:

  • 1 Wittink MN. et al. . Stability of Preferences for End–of–Life Treatment After 3 Years of Follow–up.  Arch Intern Med. 2008;  168 2125-2130
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