Dtsch Med Wochenschr 2009; 134: S148-S150
DOI: 10.1055/s-0029-1222593
Kommentar | Commentary
Schlafqualität, Schmerztherapie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fazit für die Anwender

J. Horlemann, H. Blume, J. Fischer, W. Schwarz, C. Vauth, W. Zieglgänsberger
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Publication Date:
24 June 2009 (online)

Es besteht ein zentraler, reziproker Zusammenhang zwischen Schmerz und Schlaf: Patienten ohne erholsamen Schlaf haben eine verringerte Schmerzschwelle im Sinne einer zentralen Alarmisierung. Umgekehrt beeinträchtigt chronischer Schmerz die Schlafqualität nachhaltig. Die Komorbidität ist häufig: Mindestens zwei Drittel der Patienten mit chronischen Schmerzen haben einen gestörten Schlaf. Umso erstaunlicher ist es, dass der Zusammenhang zwischen Schlafqualität und chronischen Schmerzen, der aus der Praxis seit langem bekannt ist, bisher kaum wissenschaftlich untersucht wurde. Die Not der betroffenen Patienten erfordert eine vertiefte Beschäftigung mit diesem Problem, auch um ungünstige Therapieversuche wie die Verordnung von potentiell suchterzeugenden Subtanzen zu vermeiden.

Die Einschränkung der Schlafqualität hat beträchtliche Auswirkungen für die Patienten: Neben der höheren Schmerzempfindlichkeit und der mangelnden Tagesfrische kommt es zu kognitiven Einbußen, wie etwa die Einschränkung des Lernens, der Vigilanz, der Konzentration und Aufmerksamkeit, die durch die Chronifizierung der Schmerzen und durch die Schlafstörungen hervorgerufen werden. Diese kognitiven Einbußen tragen zur Chronifizierung der Schmerzen bei, sind ein Teil der Chronifizierungsprozesse und behindern die Therapie mit allen Formen verhaltenstherapeutischer Ansätze.

Fazit

Schlafentzug bzw. chronisch gestörter Schlaf zieht Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit (z. B. Vigilanz, Gedächtnisleistung) und pathophysiologische Reaktionen (z. B. Anstieg der Entzündungsmarker) nach sich. Chronische Schmerzpatienten leiden häufig unter Ein- und Durchschlafstörungen (Schlaffragmentation), die letzten Endes zu einer verminderten Tagesfrische führen. Der Teufelskreis aus Schmerzen und gestörtem Schlaf und die mittelfristig drohende irreversible Persönlichkeitsveränderung erfordern eine baldige effektive Therapie.

Dr. J. Horlemann

Schmerzzentrum Niederrhein

Grünstraße 25

47685 Kevelaer

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