Via medici 2007; 12(1): 7
DOI: 10.1055/s-0029-1226017

HÄTTEN SIE’S GEWUSST? – Hatten unsere Vorfahren schon Heuschnupfen?

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Publication Date:
03 July 2009 (online)

15 Prozent der Deutschen leiden unter Heuschnupfen – das entspricht ungefähr zwölf Millionen Triefnasen. Und jedes Jahr werden es mehr. Warum? Waren Menschen früher gefeit gegen dieses Übel? Prof. Dr. Karl-Christian Bergmann vom Berliner Allergie-Centrum-Charité gibt Auskunft.

Haben Menschen in früheren Jahrhunderten auch schon an Heuschnupfen gelitten?

Prof. Bergmann: Natürlich. Nur nicht so häufig. Die früheste Beschreibung der „saisonalen allergischen Rhinitis”, dem umgangssprachlichen Heuschnupfen, findet man in einem alten arabischen Manuskript. Sie stammt aus der Feder von Mohammad ben Zakriya al-Razi. Dieser berühmte persische Arzt, geboren im Jahre 865, berichtet hier vom Heuschnupfen seines Philosophie-Lehrers. Der erste Heuschupfenpatient der Geschichte hat übrigens immer gelitten, wenn er im Frühjahr an Rosen roch.

Was passiert bei Heuschnupfen in unserem Körper?

Prof. Bergmann: Pollen tragen auf ihrer Oberfläche bestimmte Eiweißstrukturen – die Allergene. Wenn diese mit den Schleimhäuten in Lunge, Nase oder Augen von für Heuschnupfen anfälligen Personen in Kontakt kommen, produziert deren Immunsystem Antikörper dagegen. Diese Antikörper vom sogenannten „IgE-Typ” setzen sich auf die Mastzellen in Haut und Schleimhaut. Bei einem erneuten Kontakt mit den Allergenen setzen die Mastzellen dann Stoffe wie zum Beispiel Histamin frei, die zu den typischen Symptomen von Heuschnupfen führen: juckende Augen, eine laufende Nase und Niesreiz.

Warum nimmt der Heuschnupfen in Industrienationen immer mehr zu?

Prof. Bergmann: Das weiß niemand so genau. Am ehesten könnte es daran liegen, dass die Neugeborenen, Babys und Kleinkinder zu wenig Kontakt mit bakteriellen Eiweißen haben und deshalb ihr Immunsystem nicht genügend trainieren. Übrigens werden auch Allergien gegen Milben und Tierhaare häufiger, allerdings nicht so ausgeprägt wie die Pollenallergien.

Kann man Heuschnupfen vorbeugen?

Prof. Bergmann: Nein, bisher leider nicht. Aber wenn man einmal Heuschnupfen entwickelt hat, dann kann man etwas tun! Manche Allergiker versuchen, den Pollen einfach zu entfliehen, zum Beispiel durch eine geschickte Urlaubsplanung. Hilfreich ist dabei die Pollenflugvorhersage des Deutschen Polleninformationsdienstes. Wenn Symptome auftreten, kann man diese mit Anti-Allergika oder Anti-Histaminika in Tablettenform lindern. Wer unter starkem Heuschnupfen leidet, der sollte während der Pollensaison täglich vorbeugende Medikamente einnehmen. Im Kindes- und Jugendalter muss man außerdem dem „Etagenwechsel” vorbeugen. Sprich: Man muss verhindern, dass aus einem Heuschnupfen ein Pollenasthma wird. Dagegen hilft eine gezielte Immuntherapie der Betroffenen mit Pollenextrakten.

Grübeln Sie über einer Frage, die sich mit keinem Lehrbuch beantworten lässt? Schicken Sie uns Ihre Frage an: via.medici@thieme. de. Die interessantesten Fragen werden hier beantwortet.

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