Dtsch Med Wochenschr 2009; 134(45): 2269
DOI: 10.1055/s-0029-1241936
Editorial
Hypertensiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Arterielle Hypertonie: viele unerfüllte Wünsche

Arterial hypertension: many unsatisfied wishesH. Schunkert1
  • 1Medizinische Klinik II, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
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Publication Date:
29 October 2009 (online)

Ist der Bluthochdruck – in den Augen des Allgemeinmediziners, Internisten und Wissenschaftlers – ein alter Hut? So könnte man bei oberflächlicher Betrachtung fast meinen, wenn man allein auf die Möglichkeiten der Pharmakotherapie schaut. Doch unter diesem alten Hut rumort es gewaltig.

Gäbe es in Deutschland Schulnoten für die Kontrolle der Hypertonie, so sähen diese schlecht aus. Die Prävalenz und die Folgen der Erkrankung, wie der Schlaganfall, liegen in Europa auf den Spitzenplätzen. Doch wer sollte benotet werden? Patienten, die ihre Medikamente nicht nehmen, Ärzte, die keine oder zu schwache Medikamente verordnen, Wissenschaftler und Fachgesellschaften, die zu wenig für die Aufklärung tun, Pharmaunternehmen, die mit Innovationen auf sich warten lassen, oder eine Gesundheitspolitik, die falsche Anreize setzt?

Bessere Schulnoten können gemeinsam erzielt werden. Wichtig ist es den Herausforderungen mit Mut und Enthusiasmus zu begegnen. Die Mittel zu einer besseren Therapie, d.h. gut verträgliche Wirkstoffe und hoch-effektive Kombinationspräparate, sind in unseren Händen. Die stete Anregung, auch die nicht-pharmakologischen Möglichkeiten der Blutdruckkontrolle auszuschöpfen, darf nicht vergessen werden. Wir sind es den Betroffenen schuldig.

Dieses Schwerpunktheft und die Jahrestagung der Deutschen Hochdruckliga, die vom 19. bis 21. November 2009 in Lübeck stattfindet, geben zudem eine Menge neuer Einblicke.

Neue Möglichkeiten der Blutdrucksenkung Auf dem diesjährigen Jahreskongress der Interventionskardiologen (Transcatheter Cardiovascular Therapeutics, TCT 2009) wurde ein Verfahren zur Blutdrucksenkung – die Sympathikusablation der Nierenarterien – als das innovativste Verfahren des Jahres gewählt. Weitere Möglichkeiten einer verbesserten Blutdruckkontrolle bei schwerer arterieller Hypertonie werden in diesem Heft der DMW mit dem Verfahren der Baroreflexstimulation vorgestellt. Trotz dieser futuristisch anmutenden interventionellen Verfahren werden wir auf die medikamentöse Therapie des Bluthochdruckes nicht verzichten können. So finden Sie in diesem Heft eine Pro-&-Contra-Diskussion zur Kombination von ACE-Hemmern und AT1-Rezeptor-Antagonisten. Maßnahmen, die Compliance zu verbessern Ein zentrales Ziel bei all diesen Bemühungen ist es, die Compliance der Patienten und Ärzte zu verbessern. Sollen hierzu die Antihypertensiva von der Rezeptpflichtigkeit befreit werden, fragt Professor Unger in seinem Kommentar. Darüber hinaus wird mit dem Hochdrucktelefon eine Anlaufstelle für Fragen von Hypertoniepatienten vorgestellt. Organprotektion beim Hypertoniker Das ultimative Ziel unserer Mühen liegt darin, die Organprotektion beim Hypertoniker zu verbessern. So rückt immer mehr das residuale Risiko in den Fokus, d. h. das Risiko, welches trotz einer optimalen Bluthochdrucktherapie verbleibt. Davon betroffen sind insbesondere Diabetiker mit arterieller Hypertonie, auf die besonders in diesem Heft eingegangen wird.

Die Deutsche Hochdruckliga hat auf allen diesen Arbeitsfeldern ihren Einsatz verstärkt. So wurden bundesweit mehr als 3000 Hypertensiologen akkreditiert, um flächendeckend die Behandlung der arteriellen Hypertonie zu verbessern. Diesem breiten Engagement gilt unser besonderer Dank. Darüber hinaus hat die Hochdruckliga zwei universitäre Professuren eingerichtet, die gezielt die akademische Verankerung der Hochdruckforschung verstärken sollen. Die Hypertonieforschung und -versorgung gehen also mit viel Dynamik und neuen Ideen in die Zukunft.

Ich hoffe, wir können mit diesem Heft der Deutschen Medizinischen Wochenschrift auch Ihre Aufmerksamkeit auf die Neuentwicklungen bei der arteriellen Hypertonie und ihrer Behandlung lenken.

Prof. Dr. H. Schunkert

Medizinische Klinik II, Universitätsklinikum, Schleswig-Holstein, Campus Lübeck

Ratzeburger Allee 160

23538 Lübeck

Phone: 0451/500-2501

Fax: 0451/500-6437

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