Dtsch Med Wochenschr 2010; 135(5): 177
DOI: 10.1055/s-0029-1244832
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schlafbezogene Atmungsstörungen bei kardiologischen Patienten – ein ungelöstes Problem

Sleep disordered breathing in cardiac patients – an unresolved problemO. Oldenburg1
  • 1Kardiologische Klinik, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Universitätsklinikum der Ruhr Universität Bochum, Bad Oeynhausen
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Publication Date:
26 January 2010 (online)

Mit zunehmender Kenntnis von Prävalenz, prognostischer Bedeutung und wohl begründeten Therapiestrategien schlafbezogener Atmungsstörungen bei Patienten mit kardiologischer Grunderkrankung steigt das Bewusstsein in der Kardiologie. Vor wenigen Jahren noch eine Randerscheinung, fehlt dieser Themenkomplex heute auf keinem kardiologischen Kongress mehr. Insbesondere für häufige kardiovaskuläre Erkrankungen wie der arteriellen Hypertonie, der koronaren Herzerkrankung, dem Vorhofflimmern oder der Herzinsuffizienz sind hohe Prävalenzen, pathophysiologische Zusammenhänge und prognostische Bedeutungen belegt. Seit dem JNC7-Konsensusdokument gehört das Screening auf schlafbezogene Atmungsstörungen zur Diagnostik und Therapie der arteriellen Hypertonie. Die Prävalenzen von schlafbezogenen Atmungsstörungen bei Patienten mit Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz sind bemerkenswert hoch [2] [4] . Für die obstruktive Schlafapnoe (OSA) und die Therapie der nächtlichen „continuous positive airway pressure” (CPAP) konnte eine verminderte Rezidivrate von Vorhofflimmern nach Kardioversion gezeigt werden [3]. Die CPAP-Behandlung bei Patienten mit Herzinsuffizienz und OSA hat positive Effekte auf Symptome, Lebensqualität, kardiale Funktion und Prognose gezeigt und ist inzwischen Bestandteil der Leitlinien zur Therapie der Herzinsuffizienz der „European Society of Cardiology” [5].

Der rasante Wissenszuwachs hat dazu geführt, dass schlafbezogenen Atmungsstörungen als eigene kardiovaskuläre Erkrankungen, zumindest aber als Ko-Morbiditäten mit erheblichem Einfluss auf kardiovaskuläre Grunderkrankungen anerkannt sind. Innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie wurde konsequenterweise eine eigene Arbeitsgruppe zu diesem Thema etabliert, auf deren Initiative die Fragebogenaktion zurückgeht, deren Ergebnisse Fietze et al. in dieser Ausgabe der DMW vorstellen.

Der kritische Leser vermisst in der hier vorgestellten Arbeit die klare Abgrenzung von obstruktiven (OSA) und zentralen schlafbezogenen Atmungsstörungen (ZSA). Die OSA ist die häufigere Form und mit typischen Symptomen wie Schnarchen, Tagesmüdigkeit, Einschlafneigung während des Tages etc. verbunden. Anamnestisch lässt sich so zumindest häufig die Verdachtsdiagnose stellen und durch validierte Fragebögen weiter eingrenzen. Anders sieht es bei der ZSA aus. Hier fehlen meist sowohl die typischen Beschwerden als auch klinisch wegweisende Symptome. Zudem gibt es keine validierten Fragebögen oder Risikoscores die eine Verdachtsdiagnose wahrscheinlich machen. Mit zunehmenden Schweregrad kardiologischer Erkrankungen nimmt jedoch die Inzidenz der ZSA zu.

Der Schwerpunkt der vorliegenden Studie beschäftigt sich mit der Versorgungssituation von Patienten mit OSA in kardiologischen Praxen, Kliniken und Rehabilitationseinrichtungen. Es ist ermutigend, dass nahezu alle befragten Kardiologen um das Problem der OSA wissen und 39 % ein apparatives Screening technisch durchführen können. Dieser Prozentsatz ist allerdings noch unzureichend, bedenkt man die hohe Prävalenz der ZSA bei vielen und im Alltag häufigen kardiologischen Erkrankungen [1] [2] [4] . Eine Weiterentwicklung von Screening-Geräten erscheint daher sinnvoll. Dienen diese Geräte bzw. Software-Tools (z. B. beim Langzeit-EKG) heute meist dem Ausschluss einer relevanten OSA, sollten die zukunftsweisende Geräte auch in der Lage sein, eine OSA sicher von einer ZSA abzugrenzen und den Schweregrad schlafbezogener Atmungsstörungen valide zu bestimmen.

Aber auch damit wäre nur ein Teil der vor uns liegenden Aufgaben gelöst: Die effektive und nachhaltige Therapie kardiologischer Patienten mit SAS stellt uns vor neue Aufgaben. Hier nennen Fietze und Ko-Autoren zwei mögliche Lösungsansätze. Zum einen könnte über gut funktionierende Netzwerke von Hausärzten, Internisten, Neurologen, HNO-Ärzten, Pneumologen, Kardiologen und Schlafmedizinern eine effektive Langzeittherapie sichergestellt werden. Ist dies nicht möglich, sollten die Kardiologie eine schlafmedizinische Diagnostik und Therapie selbst vorhalten. Dazu müssen sinnvolle Weiterbildungsangebote für Kardiologen geschaffen werden um ihnen eine entsprechende Zusatzqualifikation zu ermöglichen.

Literatur

  • 1 Bitter T, Faber L, Hering D, Langer C, Horstkotte D, Oldenburg O. Sleep-disordered breathing in heart failure with normal ejection fraction.  Eur J Heart Failure. 2009;  11 602-608
  • 2 Bitter T, Langer C, Vogt J, Lange M, Horstkotte D, Oldenburg O. Schlafbezogene Atemstörungen. Charakteristika bei Vorhofflimmern und erhaltener linksventrikulärer Funktion.  Dtsch Arztebl Int. 2009;  106 164-170
  • 3 Kanagala R, Murali N, Friedman P. et al . Obstructive sleep apnea and the recurrence of atrial fibrillation.  Circulation. 2003;  107 2589-2594
  • 4 Oldenburg O, Lamp B, Faber L, Teschler H, Horstkotte D, Töpfer V. Sleep disordered breathing in patients with symptomatic heart failure.  Eur J Heart Failure. 2007;  9 251-257
  • 5 The Task Force for the Diagnosis and Treatment of Acute and Chronic Heart Failure 2008 of the European Society of Cardiology. Developed in collaboration with the Heart Failure Association fo the ESC (HFA) and endorsed by the ESICM. ESC guidelines for the diagnosis and treatment af acute and chronic heart failure 2008.  Eur Heart J. 2008;  29 2388-2442

Priv.-Doz. Dr. med. Olaf Oldenburg

Oberarzt der Kardiologischen Klinik, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum

Georgstrasse 11

32545 Bad Oeynhausen

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