Zentralbl Chir 2011; 136(3): 282-283
DOI: 10.1055/s-0030-1247322
Kasuistik

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Die verzögerte Ösophagusresektion bei diffuser Leiomyomatose

Delayed Oesophagectomy in Diffuse LeiomyomatosisA. Werthemann1 , B. Unger1 , H. Lobeck2 , H. J. C. Wenisch1
  • 1Klinikum Ernst von Bergmann, Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie, Potsdam, Deutschland
  • 2Klinikum Ernst von Bergmann, Zentrum für Diagnostik, Pathologie, Potsdam, Deutschland
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Publication Date:
19 July 2010 (online)

Fallbericht

Wegen progredienter Symptomatik von Dyspnoe und Schluckbeschwerden erfolgte die stationäre Aufnahme der 20-jährigen Patientin. Seit Kleinkindalter litt sie an Dysphagie und Refluxbeschwerden. Zwischen dem 3. und 11. Lebensjahr waren an verschiedenen Krankenhäusern 4 operative Eingriffe durchgeführt worden, davon eine Hiatoplastik und 3 Fundoplikationen. Zusätzlich bestanden in der Anamnese der Patientin ein Asth­ma bronchiale sowie ein IgG-Mangel. Die Familienanamnese war unauffällig. Bereits im Kindesalter war bioptisch die Diag­nose der diffusen Ösophagusleiomyomatose (DLM) gestellt worden, ein damit asso­ziiertes Alport-Syndrom konnte nicht nachgewiesen werden. Die Symptomatik konnte im weiteren Verlauf mit konservativen Maßnahmen wie wiederholten Ösophagusbougierungen soweit kontrolliert werden, dass mit der Indika­tion zu einem größeren Eingriff bis zum Erreichen des Erwachsenenalters der Patientin zugewartet werden konnte. Erst bei Exazerbation der Atem- und Schluckbeschwerden und dem Verdacht auf maligne Entartung wurde die Indikation zur Ösophagusresektion gestellt. 

In der Aufnahmeuntersuchung zeigte sich eine altersentsprechende Entwicklung und ein unauffälliger Allgemein- und Ernährungszustand. Die körperliche Untersuchung zeigte bis auf ein exspiratorisches Giemen und eine Laparotomienarbe keine Auffälligkeiten. Die native MRT zeigte eine Verdickung des gesamten Ösophagus, mit einer Raumforderung von maximal 6 × 4 × 7,5 cm auf Höhe der Karina, welche zu einer deutlichen Einengung von Trachea und proximalen Haupt­bronchien führte. Die präoperativ durchgeführte Ösophaguspassage ergab den Verdacht auf eine tumoröse Infiltration des Ösophagus mit weitgehend fehlender Peristaltik bei nur leicht verzögertem Übertritt des Kontrastmittels in den Magen ([Abb. 1]). 

Abb. 1 Präoperative Gastrografin-Schluck-Untersuchung: Tumorsuspekter Füllungs­defekt bei verdickter Ösophaguswand.

Intraoperativ zeigte sich die gesamte intrathorakale Speiseröhre verdickt, stellenweise bis auf 6 cm. Zusätzlich fanden sich mehrere knotige Strukturen paratracheal sowie zervikal, welche makroskopisch wie tumorinfiltrierte Lymphknoten imponierten. Bei der Präparation kam es zur ­Eröffnung des linken Hauptbronchus, welcher primär mit Naht und Anlage einer Pleuramanschette verschlossen wurde. Die thorakoabdominale Ösophagusresektion mit Magenhochzug und zervikaler Anastomose konnte ansonsten problemlos durchgeführt werden. 

Die Histologie des Ösophagusresektates zeigte eine teils knotige, teils diffuse ­Verbreiterung der Muscularis mucosae und der Muscularis propria mit ausgeprägter Zunahme der glatten Muskulatur ([Abb. 2]). Die knotigen Strukturen, welche makroskopisch wie tumorinfiltrierte Lymphknoten erschienen, erwiesen sich als Myomknoten ohne Nachweis von lymphatischem Gewebe. Hinweise für malignes Wachstum wurden im gesamten Präparat nicht gefunden. 

Abb. 2 Makroskopie des Ösophaguspräparates, beachte die diffuse knotige Wandverdickung.

Der postoperative Verlauf war gekennzeichnet durch die Ausbildung einer Fis­tel am linken Hauptbronchus, welche schließlich eine Revisionsoperation zur Defektdeckung erforderte. Der weitere Verlauf der Patientin war unauffällig und sie konnte nach knapp 9 Wochen stationärem Aufenthalt in die ambulante Behandlung entlassen werden. In der Nachsorge fiel ein halbes Jahr nach Ersteingriff bei der Patientin ein Knoten an der Vulva auf, welcher reseziert wurde. Die Histo­logie zeigte wiederum ein Leiomyom. Ein­einhalb Jahre später kam es bei der ­Pa­tientin zu einer perianalen Raumforderung, welche sich nach chirurgi­scher Exzision histologisch erneut als Leio­myom darstellte. 

Literatur

  • 1 Guest A R, Strouse P J, Hiew C et al. Progressive esophageal leiomyomatosis with respira­tory compromise.  Pediatr Radiol. 2000;  30 247-250
  • 2 Kleinman R, Goulet O-J, Mieli-Vergani G et al. Walker’s Pediatric Gastrointestinal Disease.. 5 th Edition New York: Bc Becker; 2008
  • 3 Hölscher A H, Vallböhmer D. Chirurgische Therapie von Ösophagustumoren einschließlich lokaler Ablation.  Zentralbl Chir. 2007;  132 W18-W40
  • 4 Klemm P, von Lengerken J, Gajda M et al. Leio­myomatose des äußeren Genitale als seltene Lokalisation eines Alport-Syndroms.  Geburtsh Frauenheilk. 2006;  67 PO_K_04_18
  • 5 Jan J, Hulscher C, Buskens H et al. Hospital vol­ume and hospital mortality for esophagectomy.  Cancer. 2001;  91 1574-1578

Dr. A. Werthemann

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