Gastroenterologie up2date 2011; 7(4): 249-250
DOI: 10.1055/s-0030-1256954
Klinisch-pathologische Konferenz

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akute Bolusobstruktion als Erstmanifestation einer eosinophilen Ösophagitis

Michael  Vieth
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 December 2011 (online)

Sicht des Pathologen

Definition

Die eosinophile Ösophagitis ist durch ausgeprägte regeneratorische Veränderungen des Plattenepithels gekennzeichnet in Kombination mit einer unterschiedlich dichten und unterschiedlich verteilten Infiltration von intraepithelialen eosinophilen Granulozyten. Die eosinophile Ösophagitis gehört in den Formenkreis der 1937 von Kajser beschriebenen eosinophilen Gastroenteritis [1] und tritt dabei häufig isoliert im Ösophagus auf.

Epidemiologie und Verlauf

Unsere Gruppe war die erste Gruppe weltweit, die die Prävalenz der eosinophilen Ösophagitis in einer nordschwedischen Populationsstudie bei 0,1 % der Normalbevölkerung angeben konnte [2]. Aus dieser Populationsstudie weiß man auch, dass es Fälle gibt, bei denen sich zwar eosinophile Granulozyten nachweisen lassen, jedoch keine klinisch fassbaren Symptome. Ätiologie und Bedeutung dieser Fälle sind noch nicht abschließend geklärt. Aufgrund von Langzeitbeobachtungen weiß man um den benignen Verlauf der Erkrankung. Aus diesem Grund ergibt sich bei fehlender Symptomatik grundsätzlich keine Behandlungsindikation. Über 60 % der Patienten weisen eine positive Eigen- oder Familienanamnese bezüglich allergischer Erkrankungen auf. Auffallend ist zurzeit eine deutliche Zunahme der Erkrankungsfälle, die nicht nur auf das bessere Verständnis der Erkrankung und eine erfolgreichere Diagnostik zurückgeführt werden kann.

Diagnostik

Endoskopie und -sonografie. Endoskopisch kann man bei betroffenen Patienten im Ösophagus von einem Normalbefund bis hin zu Ringbildungen sowie weißlich erhabenen Läsionen, die meist etwas größer als eine Glykogenakanthose, aber kleiner als ösophageale Papillome sind, alles sehen. Der Befund ist auch abhängig von der eingesetzten endoskopischen Technik. Erstmals hat unsere Gruppe über die endoskopisch möglichen Befunde im Jahr 2000 berichtet [1]. Die Schleimhaut ist oft stark vulnerabel und kann erodiert sein. Längseinrisse fehlen, am häufigsten sind Stenosen und Retention von Nahrungsmitteln vor allem faseriger Speisen. Endosonografisch ist die Ösophaguswand aufgrund eines begleitenden Ödems durch die Infiltration tieferer Wandschichten verbreitert. In Extremfällen kann die Ösophaguswand 2 cm stark sein, was auf eine Beteiligung der Tunica propria (Fibrose), Submukosa und der Muscularis propria schließen lässt [3].

Mikroskopie. Biopsien zeigen zumeist eine ausgeprägte hyperregeneratorische Ösophagopathie mit Verlängerung der epithelialen Stromapapillen sowie Verbreiterung der Basalzellschicht [4]. Charakteristisch und diagnostisch hinweisend sind zahlreiche diffus im Epithel verteilte eosinophile Granulozyten, die herdförmig immer wieder abszessartig zusammengelagert sind. Die mittlere Anzahl von eosinophilen Granulozyten beträgt 21 pro High Power Field (HPF) bei eosinophiler Ösophagitis. Aus der täglichen Routine wissen wir, dass die Verteilung der eosinophilen Granulozyten zirkulär und in der Längsverteilung individuell extrem heterogen ist. Eine Ursache hierfür ist in der Literatur bislang nicht zu finden. Der diagnostische Cut-off-Wert wird mittlerweile bei 15 pro HPF gesehen [6]. Allerdings sollte diese Zahl nicht als alleiniger Maßstab gewählt werden, und es sollte immer vom Ort der höchsten Dichte ausgegangen werden.

Die subepitheliale Fibrose wird oft nicht erfasst, da die Biopsien häufig nicht tief genug reichen.

Aufgrund der möglichen heterogenen Verteilung ist der Nachweis auch einzelner eosinophiler Granulozyten im mittleren und proximalen Ösophagus diagnostisch wegweisend. Im unteren Ösophagus kann es schwierig sein, die bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit manchmal auftretenden eosinophilen Granulozyten von denen der eosinophilen Ösophagitis abzugrenzen. Hilfreich ist hierbei die abszessartige Ansammlung von eosinophilen Granulozyten, die nur bei der eosinophilen Ösophagitis vorkommt und für diese beweisend ist. Im Rahmen einer eosinophilen Ösophagitis liegt zumeist eine sehr stark ausgeprägte Dilatation der Interzellularspalten vor. Darüber hinaus sind zur diagnostischen Sicherung der eosinophilen Ösophagitis unbedingt mindestens Biopsien aus dem unteren, mittleren und oberen Ösophagus in 3 getrennten Biopsiegefäßen notwendig, um die Diagnose histologisch stellen zu können.

Differenzialdiagnose

Asthmatische Beschwerden. Neben der bereits erwähnten differenzialdiagnostischen Abgrenzung zur GERD sollte auch eine Infiltration des Ösophagus durch eosinophile Granulozyten, wie sie zum Teil bei Patienten mit asthmatischen Beschwerden gesehen werden kann, bedacht werden. Diese Infiltrate eosinophiler Granulozyten schwanken jedoch mit der therapeutischen Einstellung der asthmatischen Beschwerden [6].

Lymphozytäre Ösophagitis. Des Weiteren gilt es, histologisch eine lymphozytäre Ösophagitis auszuschließen. Von den Betroffenen wird eine der eosinophilen Ösophagitis ähnliche Symptomatik mit Schluckstörungen angegeben. Weder die histopathologischen Kriterien noch die endoskopischen Befunde der lymphozytären Ösophagitis sind bislang in der Literatur eindeutig festgelegt. Empfehlenswert sind auch bei diesem Krankheitsbild getrennte Stufenbiopsien aus dem gesamten Ösophagus.

Literatur

  • 1 Vieth M, Stolte M. Eosinophilic esophagitis: a largely unknown entity?.  Z Gastroenterol. 2000;  38 447-448
  • 2 Ronkainen J, Talley N J, Aro P et al. Prevalence of oesophageal eosinophils and eosinophilic oesophagitis in adults: the population-based Kalixanda study.  Gut. 2007;  56 615-620
  • 3 Fox V L, Nurko S, Furuta G T. Eosinophilic esophagitis: it’s not just kid’s stuff.  Gastrointest Endosc. 2002;  56 260-270
  • 4 Noel R J, Tipnis N A. Eosinophilic esophagitis – a mimic of GERD.  Int J Pediatr Otorhinolaryngol. 2006;  70 1147-1153
  • 5 Lee S, de Boer W B, Naran A et al. More than just counting eosinophils: proximal oesophageal involvement and subepithelial sclerosis are major diagnostic criteria for eosinophilic oesophagitis.  J Clin Pathol. 2010;  63 644-647
  • 6 Thompson D M, Arora A S, Romero Y et al. Eosinophilic esophagitis: its role in aerodigestive tract disorders.  Otolaryngol Clin North Am. 2006;  39 205-221

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Vieth

Institut für Pathologie
Klinikum Bayreuth

Preuschwitzer Straße 101
95445 Bayreuth

Email: vieth.lkpathol@uni-bayreuth.de

    >