Zeitschrift für Phytotherapie 2010; 31(4): 201-202
DOI: 10.1055/s-0030-1262386
Forschung
Klinische Forschung Aktuell
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Externe Anwendung von Weihrauch-Extrakt bei lichtgeschädigter »Altershaut« – Ergebnisse einer Pilotstudie mit 15 Patientinnen

Volker Schulz
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Publication History

Publication Date:
06 September 2010 (online)

Referiert

Pedretti A, Capezzera R, Zane C, Facchinetti E, Calzavara-Pinton P. Effects of topical boswellic acid on photo and age-damaged skin: Clinical, biophysical, and echographic evaluations in a double-blind, randomized, split-face study. Planta Med 2010; 76:555–560

Hintergrund

Boswellia serrata ist ein Baum mittlerer Größe, der auf der arabischen Halbinsel und in Bergregionen Indiens wächst. Das Gummiharz des Baumes (Indischer Weihrauch) wird als Bestandteil der ayurvedischen Volksmedizin zur Behandlung von Arthrosen und rheumatischen Beschwerden, bei Gicht und bei Psoriasis verwendet. Die in dem Harz enthaltenen Boswelliasäuren haben entzündungshemmende Eigenschaften, die vor allem bei einer Vielzahl von Tiermodellen nachgewiesen werden konnten. Mit einem speziellen Extrakt aus Indischem Weihrauch wurden im Zeitraum 1985–2000 mehr als ein Dutzend klinische Studien bei Patienten mit rheumatischer Arthritis sowie bei Colitis ulcerosa durchgeführt. Wegen methodischer Mängel reichten die Ergebnisse dieser Studien aber insgesamt nicht aus, um ein entsprechendes Fertigpräparat als Arzneimittel in Deutschland zur Zulassungsreife zu bringen. Ein Grund für die bisher eher enttäuschenden klinischen Resultate könnte auch in einer zu geringen systemischen Bioverfügbarkeit der Wirkstoffe nach oraler Applikation liegen. Dieser Nachteil könnte im Bereich der Haut mittels lokaler Applikation vermieden werden. Die Ergebnisse einer entsprechenden Pilotstudie wurden kürzlich publiziert.

Fragestellung

Lassen sich Schädigungen im Sinne der »Altershaut«, wie sie v.a. durch langfristige Einwirkungen von UV-Strahlen verursacht werden können, mittels lokaler Behandlung mit einer Creme-Zubereitung lindern, die Boswellia-Gesamtextrakt als Wirkstoff enthält?

Studie

In die doppelblinde Pilotstudie wurden 15 Frauen im Alter von 31–68 Jahren mit lichtgeschädigter Haut im Gesichtsbereich eingeschlossen. Jede Teilnehmerin erhielt 2 Creme-Zubereitungen, mit denen in randomisierter Zuordnung alternativ aber synchron die linke und die rechte Gesichtshälfte zu behandeln waren. Die Applikationen erfolgten einmal täglich für die Dauer von 30 Tagen. Eine der beiden Cremes enthielt 0,5% eines Weihrauch-Extraktes, die eine nur die Trägerstoffe. Kontrolltermine waren an den Tagen 0 und 30 sowie 2 Monate nach Abschluss der Creme-Behandlungen.

Das Auszugsmittel für den Boswellia-Extrakt wird in der Publikation nicht genannt. Es wird jedoch beschrieben, dass der Extrakt zu 30% aus der besonders stark entzündungshemmend wirkenden 11-Keto-β-Boswelliasäure und zu weiteren 20% aus anderen Boswelliasäuren bestand. Nur 50% des Gesamtextrakts hätten somit aus nicht identifizierten pflanzlichen Stoffen bestanden.

Zielgrößen

Als Zielgrößen dienten ein klinischer Score sowie eine Reihe von biophysikalischen Messungen in den behandelten Hautregionen. Zur klinischen Bewertung, die mittels eines modifizierten Scores nach Dover erfolgte, wurden insgesamt 8 Merkmale (Oberflächenlinien, Pigmentierung, Blässe, gefühlte Rauigkeit, Falten, Erythem, Teleangiektasien, Talgdrüsenhypertrophie) nach 5 Schweregraden stratifiziert. Die biophysikalischen Prüfungen umfassten u.a. Messungen der Dicke und der Dichte der Hautschichten (Kornea und Subkutis), des Wasser- und des Talggehalts sowie der Elastizität der Haut.

Ergebnisse

Sowohl bei der klinischen Bewertung als auch bei den biophysikalischen Messungen ergaben sich mehrheitlich günstigere Ergebnisse aufseiten der mit dem Boswellia-Extrakt behandelten Gesichtshälften der Patientinnen. Bei der klinischen Score-Bewertung ergaben sich bei den Items »Oberflächenlinien« und »gefühlte Rauigkeit«, bei den biophysikalischen Messungen hinsichtlich des Taggehalts, der Elastizität und der Dicke der Hornschicht auch statistisch signifikante Unterschiede zugunsten der Boswellia-behandelten Gesichtshälften. Die Verträglichkeit war sehr gut; unerwünschte Ereignisse wurden in keinem Fall gemeldet.

Kommentar

Die Studie und deren Publikation hinterlassen den Eindruck einer gewissenhaften Arbeit. Die umfangreiche vorklinische Literatur über antiinflammatorische Wirkungen und Wirkmechanismen des Weihrauchs resp. der darin enthaltenen Boswelliasäuren lassen das Pilotergebnis plausibel erscheinen. Die Fallzahl und die Dauer der Studie sind für weiter gehende Aussagen zwar noch viel zu gering; die Fortentwicklung könnte sich aber lohnen. Vielleicht resultiert aus der lokalen Hautanwendung doch noch eine gesicherte klinische Indikation für den seit Jahrzehnten auch in Europa intensiv beobachteten aber dennoch nie über diverse Experimentalstadien hinausgekommenen Indischen Weihrauch.

Zusätzliche Literatur

  • r1 , Eine aktuelle Übersicht zur Studienlage beim Indischen Weihrauch findet sich in Heft 5/2009 der ZPT: Ammon HPT. Indischer Weihrauch (Salai guggal) bei rheumatoider Arthritis und Osteoarthritis.  Z Phytother. 2009;  30 216-221

Prof. Dr. Volker Schulz

Oranienburger Chaussee 25

13465 Berlin

Email: V.Schulz.Berlin@t-online.de

Online

http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1262386

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