Diabetes aktuell 2011; 9(1): 3
DOI: 10.1055/s-0031-1275157
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gerontodiabetologie –zwischen Praxis, Politik und Evidenz

Antje Bergmann, Peter Schwarz
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Publication Date:
25 February 2011 (online)

Liebe Leserinnen und Leser von „Diabetes aktuell“, wir freuen uns, dass wir Sie mit „Diabetes aktuell“ auch im neuen Jahr durch Ihren Praxisalltag begleiten dürfen.

Es wird ja in diesem Jahr einige Veränderungen in der Diabetologie geben, wie zum Beispiel bei der Blutzuckerselbstkontrolle bei nicht mit Insulin behandelten Diabetikern: Der Diabetikerbund ruft zu Demonstrationen auf, weil die Kassen die Blutzuckerteststreifen bei nicht mit Insulin behandelten Patienten nicht mehr erstatten. Dabei ist die Blutzuckerselbstkontrolle eine effektive und basale Therapieoption bei jedem Diabetiker. Den Behandlern ist klar, dass ein nur Messen und Dokumentieren der Werte allein die Stoffwechseleinstellung kaum verbessern wird, wohl tut dies aber die Besprechung der Werte und der Konsequenzen für die Stoffwechseleinstellung im Alltag mit den Patienten. Die Blutzuckerkontrolle sollte als Instrument im Patientenselbstmanagement fester Bestandteil einer täglichen Arbeit bleiben und nicht kategorisch gestrichen werden.

Neue Modelle für ein „Chronic Care Management“ und erweiterte, an der Betreuungsqualität orientierte Managementkonzepte für die Behandlung von Menschen mit Diabetes sind ohne aktiven Beitrag der Betroffenen und Interaktion von Behandler und Patient nicht denkbar. 2011 könnte ein Jahr werden, welches demonstrieren kann, wie wichtig eine Selbstorganisation auf Seiten der Ärzte, aber auch Patienten sein kann.

Ein weiteres Thema sind die gravierenden „politischen“ Einschnitte in unseren Behandlungsalltag bei der medikamentösen Therapie. Nachdem Rosiglitazon wegen eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses vom Markt genommen wurde, soll nun auch Pioglitazon bald nicht mehr generell, sondern nur noch in Einzelfällen erstattungsfähig sein. Ein Artikel in diesem Heft beschäftigt sich mit diesem Thema. Wird es Pioglitazon als Generikum in naher Zukunft wieder geben oder ist der nächste politische Schritt der Erstattungsausschluss auch für DPP-4-Hemmer und GLP-1-Rezeptoragonisten? Eine unabhängige Kosten-Nutzen-Bewertung und die Umsetzung der Ergebnisse in die Versorgung sind hier gefordert.

Eigentlich steht aber der ältere Diabetiker im Mittelpunkt dieser Ausgabe. Jeder vierte Mensch über 75 Jahre ist zuckerkrank, bei den 80-jährigen hat fast jeder Zweite auffällige Blutzuckerwerte. Sind diese erhöhten Gelegenheitswerte noch akzeptabel oder sind sie schon behandlungsbedürftig? Was sind therapeutische Leitlinien? Joachim Lindner spannt in seinem Übersichtsartikel den Bogen von der Diagnostik zum komplexen Management bei geriatrischen Diabetespatienten. Alexander Friedl stellt dazu die Bedeutung der engen Kooperation zwischen Diabetologie und Geriatrie heraus und diskutiert Therapieziele bei älteren Diabetikern. Was lernen wir aus der Entwicklung von Leitlinien und welche Erfahrungen haben wir dazu im Versorgungsalltag?

Zum Schluss zu Neuigkeiten in eigener Sache: Ab 2011 wird jeder veröffentlichte Artikel in „Diabetes aktuell“ einem Review unterzogen, d.h. begutachtet. Damit wollen wir Ihnen als Leser die beste verfügbare wissenschaftliche und klinische Qualität gewährleisten und international geforderte Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Qualität und transparente Publizistik umsetzen. Ergänzt wird dies bereits seit dem letzten Jahrgang dadurch, dass die Autoren der Beiträge finanzielle, berufliche oder andere persönliche Interessen offenlegen müssen, welche die im Manuskript beschriebenen Positionen beeinflussen könnten.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen dieses neuen Heftes von „Diabetes aktuell“ und wollen Sie damit einstimmen auf ein politisch und medizinisch spannendes Jahr 2011.

Prof. Dr. med. Antje Bergmann
Prof. Dr. med. Peter Schwarz

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