Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6: 176-179
DOI: 10.1055/s-0031-1283771
DDG Praxisempfehlung

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Diabetes, Sport und Bewegung

F. W. Kemmer1 , M. Halle2 , M. Stumvoll3 , U. Thurm4 , P. Zimmer5
  • 1vormals Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH, Med. Klinik Nephrologie / Endokrinologie, Potsdam
  • 2Präventive und rehabilitative Sportmedizin, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München
  • 3Med. Klinik und Poliklinik III, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig
  • 4c / o Ärztehaus Schönhauser Allee, Diabetologische Schwerpunktpraxis, Berlin
  • 5Med. Klinik II, Klinikum Ingolstadt, Ingolstadt
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Publication Date:
28 October 2011 (online)

Physiologie der Muskelarbeit

Muskelarbeit bezeichnet ganz allgemein Körperbewegung oder körperliche Aktivität durch Muskelkontraktionen, die zu einem Energieverbrauch zusätzlich zum Grundumsatz führt. Aus pathophysiologischer Sicht folgt jede Art körperlicher Aktivität, unabhängig davon ob sie im Alltag­sleben, im Beruf oder in der Freizeit in strukturierter Form als Sport geleistet wird, den gleichen metabolischen und hormonellen Regelmechanismen. 

Unter Ruhebedingungen wird der Energiebedarf der Skelettmuskulatur fast vollständig durch die Oxidation freier Fettsäuren gedeckt. Mit einset­zender Muskelarbeit steigt der Energiebedarf akut an und kann unter Umständen das 8- bis 10-fache des Ruhebedarfs erreichen. Zur Deckung dieses Energiebedarfs greift die Muskulatur anfangs vorrangig auf Glukose und erst bei länger als einer Stunde andauernder Muskelarbeit auf eine Mischung aus freien Fettsäuren und Glukose zurück. Dabei überwiegt der Anteil der Fett­säureoxidation und variiert in Abhängigkeit vom Trainingszustand zwischen 60 und 75 % der VO2 max. 

Der Glukoseverbrauch wird initial aus den eigenen muskulären Glykogenreserven gedeckt. Überlappend wird wenige Minuten nach Beginn der Muskelarbeit die Glukoseaufnahme aus dem Blut durch die Eigenkontraktion der Muskulatur in Anwesenheit von Insulin erheblich gesteigert. Die Steigerung des Glukosetransports aus dem Blut in die Muskelzelle erfolgt durch die Trans­lokation der Glukosetransporter (GLUT-4) vom endoplasmatischen Retikulum in die Muskelzellmembran. Diese Translokation wird durch die Eigen­kontraktion der Muskulatur induziert und entspricht der physiologischen Wirkung des Insulins. 

Ein Abfall des Blutzuckerspiegels unter Muskel­arbeit wird durch eine präzise und adäquate Steigerung der hepatischen Glukosefreisetzung (HGP) ausgeglichen, wenn keine gleichzeitige Glukoseresorption aus der Nahrung zur Verfügung steht. Die Steigerung der HGP wird im Wesentlichen durch eine Hemmung der pankreatischen Insulinsekretion und dem daraus resultierenden Abfall des Insulinspiegels im Pfortaderblut bewirkt. Unterstützend und modulierend wirken dabei die kontrainsulinären Hormone (Katecholamine, Glukagon, Cortisol und Wachstumshormon). 

Diese Anpassungsvorgänge der Glukosebereitstellung führen je nach Dauer und Intensität der Muskelarbeit zur teilweisen bis vollständigen Entleerung der muskulären und hepatischen Glukosespeicher. Diese werden nach Beendigung der Muskelarbeit wieder aufgefüllt. In Abhängigkeit vom Entleerungsgrad kann die Glukoseaufnahme in die Muskulatur noch bis zu 48 Stunden nach Ende der Muskelarbeit erhöht sein. 

Prof. Dr. med. F. W. Kemmer

Flottbeker Weg 2

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