Rofo 2012; 184(8): 690-691
DOI: 10.1055/s-0032-1318838
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Beckenbodenanatomie – Wie häufig sind Anomalien des M. levator ani?

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Publication Date:
14 August 2012 (online)

Verletzungen der Beckenbodenmuskulatur nach Geburten erhöhen das Prolapsrisiko. Ob auch anatomische Varianten dazu prädisponieren, ist unklar. Wie häufig diese bei Nullipara vorkommen, untersuchten Loubeyre et al. in ihrer retrospektiven MRT-Studie.

Radiology 2012; 262: 538–543

Der M. levator ani mit seinen Anteilen M. iliococcygeus und M. pubococcygeus ist der Hauptmuskel des Beckenbodens. Die Faserzüge wurden in der vorliegenden Studie auf koronaren Schnittbildern einer Dünnschicht-MRT retrospektiv untersucht. Diese MRT bekamen 123 Nullipara (Durchschnittsalter: 32,13 Jahre) wegen des Verdachts auf eine Endometriose. Für eine bessere Darstellung der muskulären Morphologie erfolgte eine rektale (150 ml) und vaginale (50 ml) Applikation von Ultraschallgel. Referenzabschnitte waren für die pubococcygealen Anteile die mittlere Vagina, das Perineum und der Analkanal. Die puborektale Muskulatur wurde am Perineum und der M. iliococcygeus im Rektumbereich untersucht. Das wesentliche morphologische Kriterium war die Muskeldicke bzw. eine uni- oder bilaterale Verschmälerung.

69 von 123 Frauen (56%) hatten mindestens 1 Auffälligkeit. Isolierte Varianten der Mm. puborectales und iliococcygei kamen nicht vor. Sie wurden in Kombinationen bei 6 und 13% der Patientinnen gefunden. Morphologische Varianten des M. pubococcygealis waren mit 32% häufiger. Sie waren jeweils zur Hälfte im Bereich des Perineums und des Analkanals lokalisiert. Bezogen auf die Schnittbereiche hatten auf vaginalem Niveau 82% der Fälle eine Muskelverschmälerung, 15% eine Aplasie und 3% beides. Für den Bereich des Damms ergaben sich Häufigkeiten von 85, 8 und 7%. Im 3. Vergleichsabschnitt, dem Analkanal, war eine Verschmälerung der Muskulatur besonders häufig (95%; Aplasie: 2,5%; Verschmälerung und Aplasie: 2,5%). Dabei waren die Seiten unterschiedlich häufig betroffen. Meistens wurden die Veränderungen linksseitig gefunden (77%), gefolgt von beidseitigen Befunden (20%). Bei der Bildanalyse fiel zusätzlich auf, dass bei 43 von 123 Frauen der M. transversus perinei profundus nicht sichtbar war. Dies war laut den Autoren eine vorher nicht beschriebene Beobachtung. Sie weisen auf die mögliche Gefahr der Datenverzerrung hin, weil ausschließlich Nullipara mit dem Verdacht auf eine Endometriose teilgenommen hätten. Diese könne zu Muskelverzerrungen beigetragen haben. Andererseits erkläre dies nicht die eindeutige Seitendifferenz.

Fazit

Die MRT der Beckenbodenmuskulatur mit Opazifikation zeigte bei Nullipara verschiedene Varianten der Faserzüge auf. Die Auffälligkeiten des M. levator ani betrafen dabei oft die linke Seite. Bei einem Drittel der Frauen war der tiefe Quermuskel nicht sichtbar. Die klinische Relevanz der Untersuchungsergebnisse sei laut den Autoren unklar und müsse in weiteren Studien geprüft werden.

Dr. Susanne Krome, Melle