Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2012; 9(3): 142
DOI: 10.1055/s-0032-1318908
Für Sie referiert und kommentiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diagnostik – Erhöhtes Brustkrebsrisiko: Ergänzung des Screenings durch Ultraschall und MRT?

Further Information

Publication History

Publication Date:
31 October 2012 (online)

Frühere Studien haben gezeigt, dass bei dichtem Mammagewebe eine Ultraschalluntersuchung der Brust als Ergänzung der Mammografie den Nachweis von invasiven Mammakarzinomen ohne Lymphknotenbefall verbessern kann; die Zahlen liegen zwischen 3,5 und 4,4 zusätzlichen Diagnosen pro 1000 untersuchten Frauen. Auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) kann vor allem bei Hochrisikopatientinnen die Diagnostik von invasiven Frühkarzinomen verbessern, und zwar zusätzlich zu Ultraschall und Mammografie. Sollten also routinemäßig ergänzende MRT- und Ultraschalluntersuchungen als Screening-Maßnahmen für Mammakarzinome eingeführt werden? US-amerikanische Wissenschaftler haben die Frage systematisch untersucht.

JAMA 2012; 307; 1394–1404

Die multizentrische Studie nahm von April 2004 bis Februar 2006 in 21 Zentren insgesamt 2809 Frauen ab dem 25. Lebensjahr auf (medianes Alter 55 Jahre); bei ihnen war in früheren Mammografien das Brustgewebe als sehr dicht oder von heterogener Dichte diagnostiziert worden. Darüber hinaus wiesen sie mindestens einen weiteren Risikofaktor für das Auftreten eines Mammakarzinoms auf, etwa eine BRCA-Mutation, positive Familienanamnese oder frühere Mantelfeld-Bestrahlung.

Jede Frau wurde in den Monaten 0 (1. Screening-Untersuchung), 12 (2. Screening) und 24 (3. Screening) in randomisierter Reihenfolge mit Mammografie und Ultraschall untersucht, wobei der auswertende Radiologe verblindet war gegenüber den Ergebnissen der jeweils anderen Untersuchung. In die MRT-Subgruppe wurden 612 Freiwillige nach Abschluss des 3. Screenings aufgenommen; bei ihnen wurde innerhalb von 8 Monaten nach dem letzten Screening ein Kontrastmittel-MRT durchgeführt. Haupt-Endpunkte waren u. a. die Karzinomnachweisrate, Sensitivität und Spezifität der Untersuchungen bzw. Kombinationen; als Referenz galt die histologische Aufarbeitung einer Biopsie.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 111 primäre Mammakarzinome gefunden, 80% davon zeigten ein invasives Wachstum. Von den 111 Malignomen wurden 33 (30%) alleine mittels Mammografie, 32 (29%) alleine mittels Ultraschall, 9 (8%) alleine mittels MRT diagnostiziert. 11 Karzinome (10%) wurden mit keinem der bildgebenden Verfahren aufgedeckt.

Nach Auswertung der Daten fand demnach der Ergänzungs-Ultraschall zusätzliche 3,7 Karzinome pro 1000 Untersuchungen, die Ergänzungs-MRT 14,7 pro 1000 Untersuchungen. Die Anzahl von Untersuchungen, die zum Nachweis eines Karzinoms notwendig waren, betrug 127 für die Mammografie, 234 für den Ergänzungs-Ultraschall und 68 für die MRT, wenn sowohl Mammografie als auch Ultraschall negativ gewesen waren.

Die Sensitivität für die Kombination aller 3 Verfahren betrug 1,00; die Spezifität lag bei 0,65. Für Mammografie plus Ultraschall betrug die Sensitivität 0,44, die Spezifität 0,84.

Fazit

Die zusätzliche MRT kann bei Hochrisikopatientinnen durchaus zusätzliche Mammakarzinome nachweisen, so die Autoren. Allerdings litt darunter die Spezifität, die Rate falsch-positiver Befunde – mit dementsprechend unnötigen Biopsien und psychischer Belastung der Patientin. Auch der Ultraschall führt zu solchen falsch-positiven Befunde, bei etwa 5% der Frauen beim 1. Screening. Dabei ist die Gefahr derartiger Befunde bei Frauen mit positiver Brustkrebs-Anamnese geringer als bei andern Patientinnen. Insgesamt scheint es nicht sinnvoll, routinemäßige MRT-Untersuchungen in das Mammakarzinom-Screening einzuführen, Ultraschall-Untersuchungen dagegen sind bei Hochrisikopatientinnen erst recht, wenn ein dichter Drüsenkörper vorliegt, durchaus empfehlenswert, wobei die Qualifikation des Untersuchers eine entscheidende Rolle spielt.

Kommentar

JAMA 2012; 307;1379–1380

Katz und Morrow betonen in ihrem Kommentar die Bedeutung eines maßgeschneiderten Vorgehens beim Mammakarzinom, zu dem eben auch schon eine Diagnostik gehört, die den individuellen Risikofaktoren der Frau angepasst ist. Denn Überdiagnostik führt zu Übertherapie. Dabei spielt aber auch die Furcht der Patientinnen eine Rolle, etwas zu „versäumen“ – das Risiko, ein Karzinom zu übersehen, hat für sie einen höheren Stellenwert als ein möglicher falsch-positiver Befund. Hier müssten nach Ansicht der Kommentatoren Ärzte mit Kenntnis des zusätzlich vorhandenen oder eben fehlenden Nutzens eines weiteren Verfahrens – etwa der MRT – stärker beratend eingreifen. In diesem Zusammenhang sind möglicherweise weitere Fortschritte bei der Aufklärung der Biologie des Mammakarzinoms von Vorteil, sodass anhand von spezifischen Tumormarkern im Blut Aussagen über das Vorliegen eines invasiven Mammakarzinoms getroffen werden könnten, zusätzlich zu einem bildgebenden Verfahren. Derartige Messungen könnten darüber hinaus eindeutiger reproduzierbar sein als etwa Ergebnisse des Ultraschalls, die von Untersucher zu Untersucher stark schwanken können.

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen