Rofo 2012; 184(10): 867
DOI: 10.1055/s-0032-1318933
Brennpunkt
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

C-Bogen-CT – Interventionelle 4-dimensionale Darstellung der Hirnperfusion

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Publication Date:
24 October 2012 (online)

Hintergrund ischämischer Schlaganfall

Der ischämische Schlaganfall (IS) ist derzeit in Europa die dritthäufigste Todesursache. Darüber hinaus stellt er eine der häufigsten Ursachen für Morbidität und langfristige Behinderungen dar. Primäres Ziel ist daher nach dem Insult, so bald wie möglich die Zirkulation wieder herzustellen, ähnlich wie nach einem Myokardinfarkt. Beim IS erfolgt dies im Allgemeinen über eine intraarterielle Lyse mit rekombinantem Gewebe-Plasminogenaktivator (rt-PA, Alteplase). Dabei muss die Lyse so bald wie möglich nach Einsetzen der neurologischen Symptomatik begonnen werden, um lebensfähiges Gehirngewebe zu retten und bleibende Behinderungen des Patienten zu minimieren: Optimal sind maximal 3 h, aktuelle Daten deuten daraufhin, dass auch nach bis zu 6 h noch ein Erfolg erreicht werden kann. Vor Beginn der Lyse muss zunächst eine Blutung unbedingt ausgeschlossen werden, danach wird von interventionellen Radiologen und / oder Kardiologen eingeschätzt, inwieweit überlebensfähiges Hirngewebe vorhanden ist. Fällt die Entscheidung für eine Reperfusionstherapie, kann diese mehrere Stunden in Anspruch nehmen, und während dieser Zeit kann es zu Veränderungen der zerebralen Perfusion kommen, die möglicherweise Einfluss auf die therapeutischen Strategien haben könnte. Bisher kann dies im Interventionsraum jedoch nicht beurteilt werden, da hier die passenden Bildgebungsmodalitäten (CT-Angiografie, MR-Angiografie) fehlen. Eine Perfusionsdiagnostik direkt während der Intervention wäre eine wesentliche Verbesserung. Eine US-amerikanisch-deutsche Arbeitsgruppe hat versucht, dafür eine Lösung zu finden.

Die C-Bogen-CT hat seit ihrer Einführung im Jahr 2004 die Durchführung bildgesteuerter Interventionen erleichtert. Mit dem rotierenden C-Bogen werden Volumendatensätze generiert, aus denen anschließend für alle Ebenen Schnittbilder mit hoher Ortsauflösung, ähnlich dem CT, rekonstruiert werden können. Eine Arbeitsgruppe um den Ingenieur Andreas Fieselmann ist nun noch einen Schritt weiter gegangen und versucht, auch die zeitliche Auflösung zu verbessern.

IEEE Trans Med Imaging 2012; 31: 892–906*

Eine neu entwickelte Kombination von Bildgewinnung und -rekonstruktion erlaubt es, direkt im Interventionsraum zuverlässig die Hirngewebeperfusion zu messen. Dafür haben Fieselmann et al. einen Rechenalgorithmus entwickelt und ihn zunächst anhand von Simulationen und anschließend in vivo im Tiermodell überprüft.

Mithilfe einer konventionellen C-Bogen-Angiografie kann etwa alle 4–6 s ein Volumen rekonstruiert werden, das genaue Geschehen nach Injektion eines Kontrastmittelbolus ist demnach schwer nachzuvollziehen. Mithilfe eines Protokolls, bei dem mehrere, ineinander verschachtelte Aufnahmesequenzen zur Bildgewinnung herangezogen werden, kann die zeitliche Erfassung der dynamischen Perfusionssignale verbessert werden. Die Datenverarbeitung wird dabei durch einen spezialisierten, 4-dimensionalen Ansatz auf Grundlage einer partiellen Rekonstruktionsinterpolation optimiert.

Die Wissenschaftler haben ihren Ansatz zunächst mit Simulationen von gesundem bzw. geschädigtem, ischämischem Hirngewebe überprüft. Dabei wurden Blutflusswerte von 60 ml / 100 g / min für das gesunde und von 20 ml / 100 g / min für das ischämische Gewebe gewählt und daraus Kurven für den zeitlichen Verlauf der Kontrastmittelanreicherung im Gewebe generiert. Das Ergebnis der Simulation ergab dabei Standardabweichungen (SD) von 14,3 bzw. 2,9 ml / 100 g / min für gesundes bzw. geschädigtes Gewebe, wenn 1 Scan-Sequenz zur Berechnung herangezogen wurde. Wurden 2 Sequenzen verwendet, sank die SD deutlich auf 2,9 bzw. 1,5 ml / 100 g / min, entsprechend einer höheren Zuverlässigkeit der Werte. In vivo wurde das Verfahren an 5 gesunden Schweinen untersucht und mit den Ergebnissen einer konventionellen Perfusions-CT verglichen. Die erhaltenen Pearson-Korrelationskoeffizienten von 0,63 für das zerebrale Blutvolumen und von 0,94 für die zerebrale Perfusion schienen dabei vielversprechend.

Fazit

Aus zeitversetzten, überlappenden Aufnahmesequenzen der C-Bogen-CT können mit einem spezialisierten Rechenalgorithmus quasi Echtzeit-Aufnahmen der Hirndurchblutung erstellt werden, so die Autoren. Die damit erhaltenen Daten zeigen eine gute Übereinstimmung zu denen aus der konventionellen CT, sodass der klinische Einsatz, etwa bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall, möglich scheint.

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen

*Für diese 2 Studien erhielt Dr. Andreas Fieselmann den Promotionspreis im Rahmen des 93. Deutschen Röntgenkongresses.