physioscience 2013; 9(2): 47-49
DOI: 10.1055/s-0033-1335485
Gasteditorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Registrierung Klinischer Studien[1]

Empfehlungen der Internationalen Gesellschaft der Herausgeber von Physiotherapie-Zeitschriften
L. O.P. Costa
1   International Society of Physiotherapy Journal Editors
,
C. W.C. Lin
1   International Society of Physiotherapy Journal Editors
,
D. B. Grossi
2   Brazilian Journal of Physical Therapy/Revista Brasileira de Fisioterapia
,
M. C. Mancini
2   Brazilian Journal of Physical Therapy/Revista Brasileira de Fisioterapia
,
A. K. Swisher
3   Cardiopulmonary Physical Therapy Journal
,
C. E. Cook
4   Journal of Manual and Manipulative Therapy
,
D. W. Vaughn
4   Journal of Manual and Manipulative Therapy
,
M. R. Elkins
5   Journal of Physiotherapy
,
U. Sheikh
6   Journal of Physiotherapy & Sports Medicine
,
A. Moore
7   Manual Therapy
,
G. A. Jull
7   Manual Therapy
,
R. L. Craik
8   Physical Therapy
,
C. G. Maher
8   Physical Therapy
,
R. R. de Jesus Guirro
9   Physical Therapy & Research/Fisioterapia e Pesquisa
,
A. P. Marques
9   Physical Therapy & Research/Fisioterapia e Pesquisa
,
M. Harms
10   Physiotherapy
,
D. Brooks
11   Physiotherapy Canada
,
G. G. Simoneau
12   Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy
,
J. H. Strupstad
13   Tidsskriftet Fysioterapeuten/Norwegian Journal of Physiotherapy
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 May 2013 (online)

Die Registrierung klinischer Studien bedeutet, dass deren Studienprotokolle in einer gebührenfreien, öffentlich zugänglichen und elektronisch durchsuchbaren Datenbank, einem Register, gelistet werden (im Englischen wird zwischen der eigentlichen Datenbank bzw. dem eigentlichen Register [register] und der Einrichtung, die dieses trägt [registry] unterschieden; für Beides wird hier der Ausdruck „Register“ benutzt; Anm. d. Übers.). Die Registrierung wird als prospektiv betrachtet, wenn das Studienprotokoll gelistet wurde, bevor die Studie begann (d.h. bevor der erste Proband in die Studie aufgenommen wurde). Prospektive Registrierung hat mehrere potenzielle Vorteile. Sie könnte unnötige Duplizierung von Studien vermeiden, und sie könnte Menschen mit Gesundheitsproblemen ermöglichen, Studien zu finden, in denen sie als Probanden teilnehmen könnten. Aber vielleicht ist es noch wichtiger, dass prospektive Registrierung zwei Probleme der klinischen Forschung angeht: Selektive Berichterstattung und Publikationsbias.

Selektive Berichterstattung meint, dass Forscher nur die „günstig ausgefallenen“ Ergebnisse anstatt die Resultate aller gemessenen Outcomes berichten, wenn sie ihre Studie veröffentlichen. Wenn aber nur die günstig ausgefallenen Ergebnisse berichtet werden, so kann das zu einem irreführenden Eindruck hinsichtlich der Effekte einer Therapie in der veröffentlichten Literatur führen. Stellen wir uns zum Beispiel vor, eine völlig ineffektive Intervention würde in verschiedenen Studien getestet, und jede Studie würde eine Reihe von Outcomes messen. Dann würde sich auf den meisten Outcomes kein Effekt dieser Intervention abbilden. Aber gelegentlich würde sich doch aus Zufall auf einem Outcome ein signifikanter Effekt oder eine signifikante Schädigung abzeichnen. Wenn nun die Forscher die positiven Outcomes veröffentlichen, aber nicht alle nicht-signifikanten oder negativen Outcomes, könnten die Leser den falschen Eindruck gewinnen, dass die Intervention nützlich sei. Ein ähnliches Problem kann auftreten, wenn Outcomes zu multiplen Messzeitpunkten gemessen werden. Dann kann es auftreten, dass Forscher veröffentlichen, dass eine bestimmte Intervention die Gehgeschwindigkeit nach sechs Monaten erhöht hat, aber nicht erwähnen, dass die Gehgeschwindigkeit nach 1, 2, 3, 9, 12 und 24 Monaten nicht verbessert war. Die prospektive Registrierung klinischer Studien bekämpft dieses Problem auf verschiedene Weisen. So können Herausgeber von Fachzeitschriften und Reviewer vergleichen, ob über die Outcomes, die im registrierten Studienprotokoll aufgeführt sind, auch in der Veröffentlichung berichtet wird, und ggf. auf Auflösung von Diskrepanzen hinwirken. Und auch Leser können die im Register klinischer Studien aufgeführten Outcomes vergleichen mit denen, über die in der Veröffentlichung Ergebnisse berichtet werden, und mehr Vertrauen den Studien schenken, die sich hierbei als in sich konsistent erweisen.

Publikationsbias entsteht, wenn Studien mit positiven Ergebnissen eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, veröffentlicht zu werden als solche mit nicht-signifikanten Ergebnissen. Wie selektive Berichterstattung kann dies den Effekt, wie er sich durch die veröffentlichten Daten darstellt, künstlich aufblähen. So kann zum Beispiel eine Studie, in der die Intervention effektiv erschien, veröffentlicht werden, während drei weitere, in denen die gleiche Intervention ineffektiv oder schädigend erschien, in den Aktenordnern der Forscher vergilben. Wenn eine Studie registriert wurde, aber niemals veröffentlicht wurde, dann können die Autoren eines systematischen Reviews sie immer noch im Register finden, können Kontakt zu den Autoren aufnehmen, um die unpublizierten Daten im Review mit zu berücksichtigen. Auf diese Weise kann prospektive Registrierung mit dazu beitragen, den im Fundus der in den veröffentlichten physiotherapeutischen Studien verfügbaren Evidenz anzunehmenden Bias zu begrenzen.

Prospektive klinische Registrierung von Studien fördert Transparenz [8] und kann es außerdem betrügerischen Autoren erschweren, Daten zu fälschen. Zum Beispiel fordern mittlerweile manche Zeitschriften routinemäßig individuelle Patientendaten zur Überprüfung an [5] oder überprüfen Daten bei Betrugsverdacht [9]. Die Messungen sollten tatsächlich in dem Zeitraum durchgeführt worden sein, der als Datenerhebungszeitraum im registrierten Studienprotokoll ausgewiesen ist. Da viele Outcomes elektronisch gemessen und gespeichert und dabei mit einem elektronischen Datumsstempel versehen werden, vermehrt und verkompliziert dies den Aufwand, der mit Datenmanipulationen verbunden ist; vor allem, wenn die manipulierten Daten der Prüfung durch ein Audit standhalten sollen. Ebenso kann es sein, dass Forscher, denen unliebsame Ergebnisse von einer bestimmten Subgruppe vorliegen, versucht sind, diese zu eliminieren, indem im Nachhinein ein zusätzliches Ausschlusskriterium eingeführt wird. Wenn das Studienprotokoll prospektiv registriert wurde, dann würde dies aber öffentlich evident für jeden, der das registrierte Studienprotokoll mit dem Bericht von der Studie vergleicht.

1 Erstveröffentlichung: Costa LOP, Lin CWC, Grossi DB et al. Clinical Trial Registration in Physiotherapy Journals: Recommendations from the International Society of Physiotherapy Journal Editors. Journal of Physiotherapy 2012; 58: 211 – 213)


 
  • Literatur

  • 1 Askie L, Ghersi D, Simes J. Prospective registration of clinical trials. Editorial. Aust J Physiother 2006; 52: 237-239
  • 2 Costa LO, Maher CG, Moseley AM et al. Endorsement of trial registration and the CONSORT statement by the Revista Brasileira de Fisioterapia. Editorial. Rev Bras Fisioter 2010; 14: v-vi
  • 3 De Angelis C, Drazen JM, Frizelle FA. International Committee of Medical Journal Editors. et al. Clinical trial registration: a statement from the International Committee of Medical Journal Editors. Editorial. N Engl J Med 2004; 351: 1250-1251
  • 4 Harms M. Clinical trial registration. Physiotherapy 2011; 97: 181
  • 5 Herbert RD. Researchers should make data freely available. Editorial. Aust J Physiother 2008; 54: 3
  • 6 Laine C, Horton R, De Angelis CD et al. Clinical trial registration – looking back and moving ahead. Editorial. N Engl J Med 2007; 356: 2734-2736
  • 7 Pinto RZ, Elkins MR, Moseley AM et al. Comparison of registry entries and published reports of randomised trials: an audit of 200 published trials. Fisioter Pesqui 2012; 19: 299-302
  • 8 Sim I, Chan AW, Gülmezoglu AM et al. Clinical trial registration: transparency is the watchword. Lancet 2006; 367: 1631-1633
  • 9 Smith J, Godlee F. Investigating allegations of scientific misconduct. BMJ 2005; 331: 245-246
  • 10 World Health Organization. International Clinical Trials Registry Platform (ICTRP). www.who.int/ictrp/en
  • 11 World Medical Association. Declaration of Helsinki – Ethical Principles for Medical Research Involving Human Subjects. Ferney-Voltaire: World Medical Association. www.wma.net/en/30publications/10policies/b3