Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2013; 48(3): 170-179
DOI: 10.1055/s-0033-1342903
Fachwissen
Anästhesiologie Topthema: Ambulante Anästhesie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ambulante Anästhesie – Der niedergelassene Anästhesist

Outpatient anesthesia – the office-based anesthetist
Guntram Fischer
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Publication Date:
15 April 2013 (online)

Zusammenfassung

Ziel des vorliegenden Artikels ist es, das Tätigkeitsfeld und die Rahmenbedingungen des niedergelassenen Anästhesisten in Deutschland zu beschreiben. Von der Entstehung des ambulanten Operierens über aktuelle Zahlen, Daten und Fakten werden das Anforderungsprofil und die Formen der verschiedenen Tätigkeitsmöglichkeiten und Praxiskonstellationen dargestellt. Besonderes Augenmerk liegt auf den Vorgaben für die räumliche und technische Ausstattung, den Kriterien zur Patientenauswahl und der Struktur- und Prozessqualität inkl. der Qualitätssicherung und dem Qualitätsmanagement bei ambulanten Narkosen. Mit aktuellem Zahlenmaterial werden die im ambulanten Bereich durchgeführten Narkoseverfahren und die Entwicklungsmöglichkeiten bis hin zu kontinuierlichen Regionalanästhesieverfahren mittels Kathetertechnik aufgezeigt. Über die Darstellung der finanziellen Rahmenbedingungen und der gesundheitsökonomischen Bedeutung wird mit einer Darstellung der aktuellen Versorgungsqualität ambulanter Anästhesien und der Möglichkeiten zur Teilnahme an Fehlermeldesystemen der Bogen geschlossen.

Abstract

The aim of the present article is to describe the field of activity and prevailing conditions for office-based anesthetists in Germany. From the introduction of outpatient operations on the basis of actual numbers, data and facts, we present the project profile and the structures of the different fields of activity and practice constellations for office-based anesthesiology. Particular emphasis is placed on the requirements for room space and technical facilities, the criteria for patient selection, and the structural and procedural quality as well as quality management of outpatient anesthesia. With the aid of current numerical data the anesthetic procedures performed in the outpatient field through to the possibilities for development of continuous regional anesthetic procedures in catheter technique are illustrated. In conclusion, we discuss the economic conditions and the health-care economic significance together with a description of the current health-care quality of ambulant anesthesiology and the possibilities for participation in an error-reporting system.

Kernaussagen

  • Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Operateur und Anästhesist ist das entscheidende Kriterium für den Erfolg in der Tageschirurgie.

  • In den letzten Jahren ist eine Veränderung der Patientenstruktur in Richtung zu mehr Multimorbidität zu beobachten.

  • Der Facharzt für Anästhesie wird zum „Vertragsarzt“ in eigener Niederlassung, wenn ein unabhängiger Zulassungsausschuss den Arzt zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen hat. Erst bei Vorliegen dieser Zulassung können anästhesiologische Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) über die Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet werden

  • Die berufliche Selbständigkeit gilt auch in betriebswirtschaftlichen und Kassenarzt-rechtlichen Belangen, wie Abrechnung, Haftung etc.

  • Formen der Berufsausübung als Vertragsanästhesist sind: mobile Anästhesie, Zentrumsanästhesie oder Mischformen. Die Niederlassung kann in Einzel- oder Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft erfolgen. Es sind auch Kombinationen zwischen freiberuflich-selbständiger und angestellter Tätigkeit möglich.

  • Laut den „Vereinbarungen zur Qualitätssicherung ambulante Anästhesie“ zwischen BDA, DGAI und BDC werden an praxis- und klinikambulant durchgeführte Anästhesieverfahren die gleichen Qualitätsmaßstäbe angelegt werden wie an stationäre.

  • Der niedergelassene Anästhesist trägt die Verantwortung für den gesamten Bereich der ambulanten anästhesiologischen Leistungserbringung, von der Voruntersuchung und Patientenauswahl über die postoperative Betreuung im Aufwachraum bis zum Eintritt der Entlassfähigkeit („home-readyness“).

  • Die gesetzliche Regelungsdichte für den niedergelassenen Anästhesisten nimmt seit Jahren kontinuierlich zu und in der täglichen Praxis ist es sehr schwierig, neben einer anästhesiologischen Tätigkeit alle Veränderungen aus den Bereichen KV-Recht, Abrechnungssystematik, Hygienevorgaben und Qualitätsmanagement zeitnah umzusetzen.

  • Ambulant operierte Patienten zeigen insbesondere dann hohe Zufriedenheit, wenn der Behandlungablauf (z. B. wahrgenommen über die erlebte Wartezeit) sowie der Service der häuslichen Nachsorge organisiert erscheinen und den Patienten Mitsprache- bzw. Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt werden.

Ergänzendes Material

 
  • Literatur

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