Dialyse aktuell 2013; 17(2): 78
DOI: 10.1055/s-0033-1343389
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das hepatorenale Syndrom

Edouard Matevossian
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Publication Date:
22 March 2013 (online)

Das hepatorenale Syndrom (HRS) ist eine funktionelle, progrediente und irreversible Abnahme der Nierenfunktion mit der Folge eines oligurischen Nierenversagens bei Patienten mit Lebererkrankungen, wie Leberzirrhose oder fulminanter Hepatitis, bei fehlenden Hinweisen auf andere Ursachen einer Niereninsuffizienz. Der Zusammenhang zwischen Nierenversagen und Leberzirrhose wurde 1861 durch Freirichs und 1863 durch Flint das erste Mal beschrieben.

Die Pathogenese des HRS ist derzeit immer noch nicht vollständig aufgeklärt. Festzustellen ist, dass beim Vorliegen eines HRS fast immer ein Aszites besteht. Eine radikale Therapie des Aszites, beispielsweise durch die Gabe von Diuretika oder durch eine analytisch bilanzierte Aszitespunktion, kann Auslöser des hepatorenalen Syndroms sein. Als ein weiterer relevanter Pathomechanismus wird eine Vasokonstriktion der Nierengefäße betrachtet, die zu einer Abnahme der glomerulären Filtration führt, ohne die Funktion des Tubulussystems wesentlich zu beeinträchtigen. Ferner ist im Zuge des hepatorenalen Syndroms die Plasmareninaktivität erhöht. Störungen im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System oder im Prostaglandinsystem stehen offensichtlich im kausalen Zusammenhang mit der Vasokontriktion der Nierengefäße.

Die Klinik äußert sich vor allem durch Zeichen der dekompensierten Leberzirrhose. Dazu gehören Aszites, Ödeme, Ikterus und hepatische Enzephalopathie.

Therapeutisch müssen die auslösenden Faktoren beseitigt werden. Unter Umständen kommt der Einsatz von Nierenersatzverfahren infrage bis zur Lebertransplantation, die bei gegebener Indikation eine definitive Therapieoption ist. Die kurze Überlebenszeit beim HRS Typ 1 macht jedoch die Lebertransplantation bei den meisten chronischen Hepatopathien unwahrscheinlich. Falls die oben genannten Möglichkeiten nicht durchführbar oder ausreichend sind, kommen als weitere Optionen TIPSS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt) und, bei Patienten in schlechtem Allgemeinzustand oder mit Kontraindikation für einen TIPSS, die pharmakologische Behandlung mittels Vasopressinanaloga (z. B. Terlipressin) oder alphaadrenerger Substanzen in Kombination mit Albumin infrage.

Die Prognose des HRS ist reletiv schlecht. Die Überlebenszeit beim Typ 1 beträgt ohne Therapie in der Regel unter einem Monat, bei Typ 2 liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit bei etwa 20 % nach 2 Jahren. Rund die Hälfte der Patienten mit dem schnell fortschreitenden Typ I können durch eine adäquate Therapie mit einem Vasopressinanalogon in Kombination mit Albumin rund 3 Monate überleben. Es besteht deswegen ein dringender Bedarf, klinisch evidente konservative therapeutische Optionen oder auch invasive Verfahren zur Überbrückung bis zur Lebertransplantation beim HRS zu etablieren sowie die bestehenden multimodalen therapeutischen Konzepte zu reevaluieren.