Gesundheitswesen 2014; 76(12): 827-835
DOI: 10.1055/s-0033-1361152
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der „ideale Behandlungsprozess“: Erprobung eines neuen Ansatzes zur Prüfung der Prozessqualität in Mutter-/Vater-Kind-Einrichtungen

The ‘Ideal Therapy Process’: Testing a New Approach for Assessing Process Quality in Inpatient Parent-Child Facilities
G. Musekamp
1   Abteilung für Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Universität ­Würzburg, Würzburg
,
M. Lukasczik
1   Abteilung für Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Universität ­Würzburg, Würzburg
,
C. Gerlich
1   Abteilung für Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Universität ­Würzburg, Würzburg
,
M. Saupe-Heide
2   Lehrstuhl Arbeit und Berufliche Rehabilitation, Universität zu Köln, Köln
,
R. Löbmann
3   Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, Würzburg
,
H. Vogel
1   Abteilung für Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Universität ­Würzburg, Würzburg
,
S. Neuderth
1   Abteilung für Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Universität ­Würzburg, Würzburg
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Publication History

Publication Date:
09 January 2014 (online)

Zusammenfassung

Im Rahmen zweier Projekte wurden Instrumente zur externen Qualitätssicherung in stationären Einrichtungen der Vorsorge und Rehabilitation für Mütter und Väter entwickelt. Für den Bereich der Prozessqualität sollte dabei als Alternative zum Peer-Review-Verfahren ein Ansatz erprobt werden, bei dem die Patientinnenperspektive im Vordergrund steht. Ziel war es, einen „idealen Prozess“ als Standard zu definieren, messbare Kriterien zu entwickeln und eine multimethodale Erfassung unter Einbezug verschiedener Ebenen zu erproben. Auf der Grundlage verschiedener Quellen wurden im Rahmen eines Konsensprozesses mit einer projektbegleitenden Expertengruppe der „ideale Prozess“ für Mutter-Vater-Kind-Reha/Vorsorge und die zugehörigen Kriterien definiert. Die Kriterien wurden dann über verschiedene Ebenen erfasst – auf Klinikebene über eine Strukturerhebung prozessrelevanter Strukturmerkmale, auf Patientinnenebene einerseits über einen vom Klinikpersonal auszufüllenden Dokumentationsbogen und andererseits über eine ereignisorientierte Patientinnenbefragung. Die Daten wurden in Zusammenarbeit mit 37 Piloteinrichtungen erhoben (davon 19 Vorsorge-einrichtungen, 11 Rehabilitationseinrichtungen und 7 Einrichtungen mit beiden Zulassungen). Die Auswertung der patientenbezogenen prozessrelevanten Daten bezieht sich auf eine Stichprobe von 1 513 Patientinnen in der Vorsorge und 286 Patientinnen in der Rehabilitation. Der resultierende „ideale Prozess“ umfasst die Phasen „Vorbereitung der Maßnahme“, „Anreisesituation“, „Planung der Behandlung“, „Durchführung der Behandlung“, „Abschluss der Behandlung“ und „Organisation der Behandlung“, welche jeweils spezifische Kriterien beinhalten. Beispielhaft werden die Ergebnisse der Phasen „Planung der Behandlung“ und „Durchführung der Behandlung“ dargestellt. Es zeigt sich eine Variabilität im Erfüllungsgrad sowohl zwischen verschiedenen Merkmalen als auch zwischen den Einrichtungen. Die Mehrheit der Patientinnen sieht die Kriterien als erfüllt an, aus der Dokumentation der Einrichtungen ergeben sich mittlere bis hohe Erfüllungsgrade, die in der Strukturerhebung erfassten Kriterien werden nach Klinikangaben zumeist erfüllt. Übereinstimmungen zwischen den 3 Datenebenen können beobachtet werden. Auf der Grundlage des definierten „idealen Prozesses“ scheint die erprobte Methode geeignet, prozessrelevante Merkmale aus verschiedenen Perspektiven abzubilden, wobei das Gesamtbild über die verschiedenen Ebenen und Methoden betrachtet werden muss. Die exemplarisch erfasste Prozessqualität der Piloteinrichtungen kann als überwiegend gut beurteilt werden, einzelne Defizite der Prozessqualität sowie Limitationen des gewählten Vorgehens werden diskutiert.

Abstract

Instruments for external quality assurance in inpatient parent-child rehabilitation and prevention facilities were developed in 2 projects. For the assessment of process quality, we sought an alternative test to the peer review procedure which also places a stronger emphasis on pa­tient perspectives. The aim was to define an “ideal process” as a standard, to develop quantifiable criteria, and to test a multimethod approach which involves different data levels. On the basis of different sources, the “ideal process” for parent-child rehabilitation and prevention and associated criteria were defined by involving an accompanying expert group during a consensus process. Criteria were assessed on different levels: on the rehabilitation/prevention centre level, a questionnaire of process-relevant structural features was used; on the patient level, a case-related routine documentation filled in by clinic staff and an incident-related patient questionnaire were applied. Data were collected in 37 centres (prevention: 19; rehabilitation: 11; 7 offering both types of programmes). Analysis of patient-related data is based on a sample of 1 513 prevention patients and 286 rehabilitation patients. The resulting “ideal process” consists of the stages “preparation”, “arrival”, “treatment planning”, “treatment”, “completion of treatment”, and “organisation”, each containing specific criteria. Exemplarily, the outcomes for the stages “treatment planning” and “treatment” are presented. There is variability both between features and between clinics. The majority of the patients report that the criteria are fulfilled while there are medium to high levels of fulfillment regarding the routine documentation. The criteria of the questionnaire of process-relevant structural features are mostly fulfilled according to the clinics. Agreement between the 3 data levels can be observed. On the basis of the defined “ideal process”, the methods that were tested seem to be appropriate to illustrate process-relevant features from different perspectives. The exemplary measured process quality of the pilot clinics can be judged as predominantly good. Individual deficits of process quality and limitations of the chosen methods are discussed.