Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9(2): 88
DOI: 10.1055/s-0033-1362516
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Referat – Restfunktion der Betazellen vermindert Hypoglykämierisiko

Thomas Danne
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Publication Date:
23 May 2014 (online)

Hintergrund: Ein Diabetes Typ 1 entsteht, wenn die Betazellen in den Langerhans-Inseln des Pankreas durch eine immunvermittelte Rektion zunehmend zerstört werden. Dabei kann es, nachdem eine gewisse Zeit mit Insulin behandelt wurde, zu einer vorübergehenden Besserung der Stoffwechsellage kommen, wenn die endogene Insulinproduktion kurzzeitig wieder aufgenommen wird. Die meisten Untersuchungen dazu haben sich allerdings auf das erste Jahr nach der Diagnose konzentriert, eine dänische Arbeit liefert nun Daten zum Langzeitverlauf.

Methoden: Eine Restfunktion der Betazellen kann bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 bis zu 6 Jahre nach der Diagnose zu einer besseren Stoffwechselregulation führen und den Insulinbedarf senken. Dieses Ergebnis haben Jesper Sørensen und seine Kollegen bei der Untersuchung von insgesamt 342 Kindern im Alter zwischen 4,8 und 18,9 Jahren erhalten, bei denen die Diagnose des Diabetes 3 bis 6 Jahre zurücklag (im Median 4,2 Jahre). Bei den Patienten wurde postprandial die Konzentration des C-Peptids als Indikator für eine endogene Insulinproduktion bestimmt und dann zu der Güte der Stoffwechseleinstellung (anhand der HbA1c-Konzentration), zum Insulinbedarf und zur Inzidenz schwerer Hypoglykämien in Beziehung gesetzt.

Zur Auswertung wurden die Kinder anhand der Konzentration in 3 Gruppen eingeteilt:

  • deutliche Restfunktion der Betazellen (RBF) mit einer stimulierten C-Peptid-Konzentration > 0,2 nmol / l (n = 27)

  • geringe RBF (C-Peptid-Konzentration zwischen 0,04 und 0,2 nmol / l; n = 65)

  • keine (bzw. minimale) RBF nachweisbar (C-Peptid-Konzentration < 0,04 nmol / l; n = 250)

Ergebnisse: Bei Kindern ohne RBF waren im Verlauf des vergangenen Jahres signifikant häufiger schwere Hypoglykämien aufgetreten, definiert als Hypoglykämie mit Bewusstseinsverlust und / oder Krampfanfall: 17,6 Episoden pro 100 Teilnehmer gegenüber 7,6 pro 100 Teilnehmern in den beiden Gruppen mit zumindest geringer RBF (Odds Ratio [OR] 2,59 nach Adjustierung für Diabetes-Dauer, Geschlecht, HbA1c-Konzentration und täglichen Insulinbedarf). Die HbA1c-Konzentration lag in der Gruppe ohne RBF signifikant höher als in der Gruppe mit deutlicher RBF (im Mittel 8,49 % vs. 7,92 %; p < 0,01), und die Wahrscheinlichkeit für einen HbA1c-Wert < 7,5 % war mehr als 5-mal so hoch in der Gruppe mit deutlicher RBF und mehr als doppelt so hoch in der Gruppe mit geringer RBF im Vergleich zu den Kindern ohne RBF (OR 5,29 bzw. 2,03). Ebenso war der tägliche Insulinbedarf bei den Kindern mit deutlicher RBF geringer und betrug im Mittel 0,93 IU / kg; bei den Kindern der beiden andern Gruppen waren es 1,07 bzw. 1,08 IU / kg, ohne statistische Unterschiede zwischen geringer und fehlender RBF.

Folgerung: Besteht bei Kindern mit Diabetes Typ 1 eine Restfunktion der Betazellen und damit eine Art „endogene Reserve“ im Hinblick auf die Insulinproduktion, kann das den Glukosestoffwechsel auch noch mehrere Jahre nach der Diagnose günstig beeinflussen, fassen die Wissenschaftler zusammen. Zukünftige Bemühungen sollten darauf gerichtet sein, die Grundlagen dieser RBF weiter zu untersuchen und sie so lange wie möglich zu erhalten.

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen

 
  • Literatur

  • 1 Mortensen et al. New Definition for the Partial Remission Period in Children and Adolescents With Type 1 Diabetes. Diab Care 2009; 32: 1384-1390